Forschung:LMU eröffnet Zentrum für Molekulare Biosysteme

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Einweihung des Forschungszentrums für Molekulare Biosysteme in Großhadern München (Foto: Natalie Neomi Isser)
  • Knapp 30 Millionen Euro hat der Bau in Großhadern gekostet und soll künftig Platz für 200 Mitarbeiter bieten.
  • Künftig will die LMU dort ihre systembiologische Forschung konzentrieren.
  • Die Idee hinter dem Komplex: Die Wissenschaftler sollen gemeinsam in spezialisierten Laboren forschen.

Von Jakob Wetzel

Die Idee des neuen Hauses erschließt sich bereits kurz hinter der Eingangstür. Ein offenes Treppenhaus führt hier von der Cafeteria nach oben, es verbindet Sitzgruppen auf allen vier Stockwerken miteinander. Jeder kommt hier vorbei, störende Brandschutztüren gibt es nicht, stattdessen eine Sprinkleranlage. Labore und Büros grenzen unmittelbar an. "Ganz verpönt" sei so ein offenes Treppenhaus ja eigentlich, wegen des Brandschutzes, sagt die Biochemikerin Ulrike Gaul; sie ist Bauleiterin und wissenschaftliche Koordinatorin des Forschungszentrums. Aber die Offenheit fülle das Haus einfach mit Leben: "Man hört sich."

An diesem Dienstag weiht die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in Großhadern ihr Forschungszentrum für Molekulare Biosysteme ein; in der Universität selbst ist knapp die Rede vom "Biosys". Die Bauplanung stammt von den Architekten "Fritsch + Tschaidse" aus München nach einem Entwurf des Staatlichen Bauamts München 2. Das neue Haus fügt sich in den bestehenden Campus aus chemischen Instituten und Genzentrum ein; die LMU will dort nun ihre systembiologische Forschung konzentrieren.

29,6 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, der Bund trägt 14,3 Millionen davon, das übrige Geld hat der Freistaat bezahlt, zu großen Teilen aus dem Programm "Aufbruch Bayern". Etwa 200 Menschen sollen hier arbeiten, vier Lehrstühle forschen, dazu eine Arbeitsgruppe von Mikroskopie-Spezialisten und vier unabhängige Teams von Nachwuchswissenschaftlern. Und das nicht nur neben-, sondern am besten miteinander.

Woran die Forscher künftig arbeiten werden

Die Arbeit habe sich einfach verändert, sagt Ulrike Gaul. Forscher hätten sich lange mit einzelnen Genen und Eiweißen beschäftigt. Jetzt versuchten sie immer stärker, biologische Systeme als Ganzes zu begreifen und zu verstehen. "Früher stand man in seinem Laborbereich und hat vor sich hin pipettiert", sagt sie. Heute arbeite man in spezialisierten Laboren und verarbeite viel größere Datenmengen.

Dazu brauche es nicht nur neue Technik - im Biosys kosteten alleine die Großgeräte wie Mikroskope und robotergestützte Analyse-Apparate 2,3 Millionen Euro; insgesamt summiert sich die Erstausstattung auf 5,1 Millionen Euro - sondern auch mehr Zusammenarbeit. Man müsse interdisziplinär miteinander experimentieren und diskutieren, findet Gaul. Und zwar über alle Stockwerksgrenzen hinweg.

Gaul selbst und die 26 Wissenschaftler ihrer Arbeitsgruppe haben ihre Räume im zweiten Obergeschoss. Sie forschen daran, wie sich das Erbgut in der Zelle festlegt, wann und wie intensiv einzelne Gene ausgelesen werden und wie sich auf dieser Grundlage ein Organismus entwickelt. Ein Stockwerk darüber werden sich der Chemiker Dirk Trauner und sein Team damit beschäftigen, wie sich biologische Prozesse mithilfe von künstlichen Photoschaltern durch Lichtsignale steuern lassen; da gebe es vielversprechende Perspektiven etwa für die Behandlung von Krebskranken oder auch in der Schmerztherapie, sagt Gaul.

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(Foto: Natalie Neomi Isser)

Einblicke in das neue Forschungszentrum für Molekulare Biosysteme: der Laborbereich.

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(Foto: Natalie Neomi Isser)

Ein Konfokal-Mikroskop; die schwarz gestrichenen Wände sollen Licht schlucken.

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(Foto: Natalie Neomi Isser)

Die Lamellen vor den Außenfenstern bewegen sich mit dem Sonnenstand, um die Temperatur zu regulieren.

Ein Stockwerk unter ihrer Gruppe wiederum wird die Arbeitsgruppe des Biochemikers Veit Hornung dem angeborenen Immunsystem des Menschen auf den Grund gehen. Im Untergeschoss wird das Team des Fluoreszenz-Mikroskopie-Experten Don Lamb arbeiten. Im Erdgeschoss schließlich sind Räume für eine noch zu besetzende Professur für computergestützte Biochemie vorgesehen; sie soll nicht zuletzt die Forscher im ganzen Haus beim Verstehen ihrer Daten und bei der Zusammenarbeit unterstützen. Und auch eine Graduiertenschule für Quantitative Biowissenschaften, die mit Geld der Exzellenzinitiative gefördert wird, hat Platz im neuen Forschungszentrum.

Synergien will die LMU aber auch außerhalb des neuen Zentrums nutzen. Das Biosys soll der Kern des "Biosysnet" werden, eines bayerischen Forschungsnetzwerkes, das der Freistaat an mehreren Standorten fördert. Und ganz konkret sollen die Großhaderner Forscher mit dem benachbarten Gen-Zentrum und dem Biomedizinischen Zentrum der LMU sowie den Max-Planck-Instituten in Martinsried zusammenarbeiten.

Die Kollegen im Gen-Zentrum zum Beispiel würden von konkreten, molekular-mechanischen Prozessen in Zellen ausgehen und sich so die größeren Zusammenhänge erarbeiten, sagt Gaul. Die Wissenschaftler im Biosys wollten nun den umgekehrten Weg gehen: mit dem System beginnen und von dort die einzelnen Bestandteile verstehen. "Da kann man sich gut in der Mitte treffen."

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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