Flughafen München:Söder verspricht: Keine Startbahn-Tricks

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  • Der Flughafen werde nicht gegen den Willen der Münchner ausgebaut, beteuert Bayerns Finanzminister. Der Freistaat wolle den Streit "politisch lösen, aber nicht juristisch".
  • Sollte es doch noch zu einer Einigung kommen, werde man sich Anwohnern gegenüber aber "deutlich großzügiger zeigen".
  • Startbahn-Gegner misstrauen Oberbürgermeister Reiter.

Von Marco Völklein, München

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hat ausgeschlossen, die geplante dritte Start- und Landebahn am Flughafen mit juristischen Tricks und gegen den Willen der Landeshauptstadt durchzusetzen. Grundsätzlich gebe es zwar die Möglichkeit, die Betreibergesellschaft FMG - auch gegen die Stimmen Münchens - in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und so das Veto der Stadt gegen die dritte Piste auszuhebeln. "Diesen Weg werden wir aber nicht gehen", versicherte Söder im Landtag. Vielmehr wolle die Staatsregierung das Thema "politisch lösen, nicht juristisch", betonte der Minister. "Darauf können Sie sich alle verlassen."

Anlass für die Debatte waren Überlegungen gewesen, die unter anderem im Bundesverkehrsministerium angestellt worden waren. Demnach könnten Freistaat und Bund die FMG-GmbH aufgrund einer komplizierten vertraglichen Konstruktion auch gegen den Willen der Stadt in eine Aktiengesellschaft, kurz AG, umwandeln. Der Vorteil: In einer AG könnten Freistaat und Bund den kleineren Gesellschafter, also die Stadt, überstimmen.

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Enttäuschung für die Gegner einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Beschwerden von umliegenden Kommunen gegen das Projekt abgewiesen.

Für die GmbH haben die drei Gesellschafter dagegen vereinbart, dass wichtige Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden. Da sich die Stadtspitze nach wie vor an das Bürgervotum aus dem Sommer 2012 gebunden fühlt, hängt das Startbahn-Projekt seither in der Luft. Damals hatten 54 Prozent der Wähler gegen den Airport-Ausbau votiert.

Söder will auf eine politische Lösung setzen

Nun also strebt Söder, der auch den Vorsitz im FMG-Aufsichtsrat führt, eine "politische Lösung" an - und sendet erste Kompromisssignale in die Flughafenregion: So könnte die Deutsche Flugsicherung (DFS) durch eine Verlegung der Flugrouten "die Bürger entlasten", erklärte der Minister im Landtag. Bislang aber hat die DFS noch keine konkreten Flugrouten vorgelegt - obwohl Söder schon im Frühjahr 2012 versprochen hatte, zumindest "erste Vorschläge" dazu erarbeitet zu lassen.

Außerdem kündigte er am Donnerstag an, bei den geplanten Entschädigungen etwa im stark betroffenen Freisinger Stadtteil Attaching "einen größeren Wurf zu machen und Gemeinden nicht zu teilen". Geplant ist bislang, dass nur ein Teil der Attachinger vom Airport eine Entschädigung für Immobilien erhalten, wenn sie diese verlassen müssten. Direkte Nachbarn aber, die außerhalb der Entschädigungszone wohnen, erhalten nichts. Letztlich würde beim Bau der dritten Piste eine Schneise durch den Ort geschlagen. Söder sagte nun, die FMG könnte sich hier "deutlich großzügiger zeigen" und den gesamten Ort entschädigen.

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82 000 Menschen haben eine Petition gegen den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen unterzeichnet. Mit 88:71 Stimmen für die neue Flugpiste setzte sich die CSU im Landtag nun aber durch. Der Airport sei kein "Provinzflughafen", findet Markus Söder.

Gleichwohl ließen Söder und weitere CSU-Redner keinen Zweifel daran, dass sie für den Bau der dritten Startbahn kämpfen werden. Laut Söder will die Staatsregierung noch heuer eine "Grundsatzentscheidung" fällen. "Es bringt nichts, das noch länger hinauszuziehen", sagte der Minister vor Journalisten. Dazu soll zunächst das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig abgewartet werden. Dort liegen Klagen betroffener Bürger und des Bund Naturschutz gegen das Projekt vor. Sollte das Gericht die Baugenehmigung, den sogenannten Planfeststellungsbeschluss, bestätigen, werde man einen "intensiven, erfolgsorientierten Dialog" führen, kündigte Söder an, mit Bürgern, Abgeordneten, Vertretern der Wirtschaft - und den anderen FMG-Gesellschaftern, gemeint ist vor allem die Stadt.

Wie die SPD und Dieter Reiter zur Stratbahn stehen

Damit könnte es am Ende auf eine Konfrontation Staatsregierung gegen Stadtspitze hinauslaufen - ähnlich wie vor Jahren bei der zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Da beharkten sich CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer und der damalige SPD-OB Christian Ude wochenlang. Im Landtag jedenfalls forderte der CSU-Wirtschaftspolitiker Markus Blume Udes Nachfolger Dieter Reiter (SPD) schon mal vorsorglich auf, "über seine Rolle als Flughafengesellschafter nachzudenken". "Immer nur Nein zu sagen", so Blume, "genügt nicht." Die SPD-Fraktionen im Landtag wie im Stadtrat bekräftigten indes ihre Zusage, in den FMG-Gremien gegen die Startbahn zu stimmen. Auch Grüne und Freie Wähler erneuerten ihre Ablehnung.

Wie die Staatsregierung mit dem Veto der Stadt München umgehen will, ließ Söder offen. Auf Nachfrage erklärte er: "Die Verhandlungen dazu führt der Ministerpräsident." Beobachtern zufolge dürfte sich die Stadtspitze aber kaum umstimmen lassen, nur weil die FMG in Attaching mehr Geld bietet oder die DFS neue Flugrouten austüftelt (was ohnehin schwierig werden dürfte).

Der Freisinger Abgeordnete Benno Zierer (Freie Wähler) befürchtet bereits, Seehofer und Reiter könnten sich am Ende auf ein Koppelgeschäft einigen - etwa dergestalt, dass sich die Stadt ihr Veto abkaufen lässt, um zum Beispiel eine Lösung bei Dauerstreitthemen wie Konzertsaal oder zweiter S-Bahn-Stammstrecke zu finden. "Bei der Startbahn", sagt Zierer mit Blick auf die AG-Pläne für die FMG, "ist mittlerweile alles denkbar." OB Reiter allerdings machte sofort klar: "Solche Spekulationen sind vollkommen absurd."

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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