Olympiapark:Inventur im Aquarium

Lesezeit: 3 min

Einmal alle sechs Monate werden im Sea Life Centre die Fische gezählt. (Foto: Florian Peljak)

Zweimal im Jahr werden im Sea Life Centre die Fische gezählt. Warum die Biologen auf die Hilfe von Kindern setzen und wieso manche Becken fotografiert werden.

Von Helen Geyer

Sechs Mädchen drängen sich eng vor der Glasscheibe eines Terrariums. Je zwei halten ein Klemmbrett mit einem Kugelschreiber in der Hand, die anderen vier blicken suchend in das Terrarium. "Neun habe ich", sagt Leni. Lena notiert die Zahl in einer Liste. "Also ich habe acht", sagt die achtjährige Lana. Auch sie hält ihr Gesicht nahe an das Terrarium und schaut suchend umher. "Da hinten ist auch noch einer!", ruft sie auf einmal. "Die sind gar nicht so leicht zu finden, oder?", fragt Serdar Karagöz.

Die sechs Mädchen sind auf der Suche nach den perfekt getarnten Stabschrecken, einem Insekt, dessen Körper einem dünnen Stab ähnelt. Als "junge Umweltschützer" treffen sich die jungen Kinder an diesem Tag zum vierten Mal innerhalb eines Jahres. Eine Fischinventur steht im Großaquarium Sea Life im Olympiapark auf dem Programm. Serdar Karagöz ist dort Aquariumsleiter und Kurator. Er führt die Kinder zu den einzelnen Becken und bringt ihnen bei, mit welcher Methode sie am effektivsten zählen.

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Nachdem sie alle Insekten gefunden haben, gehen die Mädchen vor dem nächsten Fenster in die Hocke. Dort sollen sie die Achatschnecken zählen. "Die sind ja ekelig!", ruft Lana und weicht vor der Scheibe zurück. Ihr gefällt die Grüne Wasseragame, eine Echsenart, in einem Terrarium einen Meter weiter deutlich besser. Das Agamenmännchen versteckt sich unter einigen Pflanzen und Ästen. Lana findet es trotzdem, zeigt mit ihrem Zeigefinger darauf und sagt: "Da oben."

Das Mädchen macht auch das Weibchen schnell ausfindig und schreibt eine "Zwei" in eine der Listen auf dem Klemmbrett. "Wir müssen die Agame noch wiegen", sagt Karagöz und sperrt das Gehege auf. Als er die Echse in der Hand hält, drängen sich die Kinder eng um ihn herum. Der Kurator legt das Tier auf eine Waage und liest ab: "Fast 490 Gramm."

Kurator Serdar Karagöz (links) teilt Unterlagen zum Fischezählen aus. (Foto: Florian Peljak)
Nicht für jedermann ein schöner Anblick: die Achatschnecke im Schneckenhaus. (Foto: Florian Peljak)

Alle sechs Monate führt der Aquariumsleiter mit seinem Team eine Fischinventur durch. "Das dauert mehrere Tage, weil wir es vor und nach den Schließzeiten machen", sagt Karagöz. Eine große Überraschung erwartet er nach der aktuellen Zählung allerdings nicht: "Manchmal trennen wir die Geschlechter, sodass sich die Tiere nicht unkontrolliert vermehren."

Im nächsten Raum drückt Serdar Karagöz den sechs Mädchen zwei laminierte Blätter in die Hand, abgebildet ist ein Schwarm Fische. "Diese Becken fotografieren wir, weil sich die Tiere so schnell bewegen", erklärt der Aquariumsleiter. "Das ist ein guter Trick", antwortet Nele und beginnt mit dem Zählen. Ihre Schwester Leni streicht mit einem Folienstift die Fische durch, die sie schon abgezählt hat. Lina hält ein Handy in der Hand und leuchtet damit auf das Blatt. "75, 76, 77, 78, ..." zählen die drei jungen Mädchen im Chor. Als sie fertig sind, fragt Karagöz: "Sicher, dass ihr alle habt?" "Vielleicht sind es auch mehr oder weniger", sagt Nele und lächelt verlegen.

Kinder lernen zwei Jahre lang Wissenswertes über das Leben unter Wasser

Über einen Social-Media-Aufruf konnten sich Eltern mit ihren Kindern im Grundschulalter für eine Dauer von knapp zwei Jahren als "junge Umweltschützer" bei Sea Life bewerben. "Meine Tochter hat dafür etwas gemalt und geschrieben", erzählt Claudia Langanke. Ihre Tochter Lea habe eine große Begeisterung für Fische. Während des Programms erhält jedes Kind eine Jahreskarte für das Aquarium. "Wir nutzen sie nicht so oft wie wir sollten", sagt Langanke.

Auch als Engelsgesicht bekannt: die Unterseite eines Nagelrochens. (Foto: Florian Peljak)

Während die Mutter erzählt, sitzt Lea vor einem großen, runden Becken. Dicht vor ihrem Gesicht schwimmt ein Rochen vorbei. Am Boden des Aquariums wirken zwei Katzenhaie, als ob sie auf der Stelle stünden. Neben Lea sitzt das Trio mit Leni, Nele und Lina auf einer Stufe vor dem Becken. Als wieder ein Rochen, mit seiner Unterseite zu den Kindern gedreht, vorbeischwimmt, erklärt Serder Karagöz: "Wusstet ihr, dass man das auch Engelsgesicht nennt?"

Die drei Mädchen drehen sich um. "Wir waren schon mal am Mittelmeer. Ich hätte nicht gedacht, dass da so viele Tiere sein können", erzählt Nele und ihre neunjährige Schwester nickt. Beide sind große Tierfreunde, nicht von ungefähr sind sie bei den jungen Umweltschützerinnen dabei. Lina ergänzt: "Man hört immer, dass man die Meere schützen muss, aber ich wusste nie, was man da schützt. Jetzt weiß ich, worauf ich aufpassen soll."

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