Expansion im Erdinger Moos:Der Münchner Flughafen will sein eigenes Silicon Valley bauen

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Das erste Quartier soll 400 Millionen Euro kosten, 5000 Arbeitsplätze sollen entstehen. (Foto: Flughafen München)
  • Am Flughafen München soll auf einer riesigen Fläche von 500 000 Quadratmetern die "Stadt der Zukunft" entstehen.
  • Wenn alle vier Quartiere einmal gebaut sind, könnte sich für München viel verändern, auch für Bayern. Die Umsetzung birgt jedoch immense Herausforderungen.
  • Das erste Quartier soll 400 Millionen Euro kosten, 5000 Arbeitsplätze sollen entstehen.

Von Pia Ratzesberger, München

Der Münchner Flughafen hat an diesem Donnerstag in eine seiner Frachthallen geladen, aber es wird kaum ums Fliegen gehen. Auf der Bühne steht Thomas Weyer, Geschäftsführer für Finanzen, er erzählt von der neuen Stadt, die hier entstehen soll. Er spricht von vier neuen Quartieren, auf 500 000 Quadratmetern, einer Fläche von um die 70 Fußballfeldern. Von einem Boulevard, auf dem Segways und autonome Busse fahren werden. Thomas Weyer nennt das: die Stadt der Zukunft.

Im Nordwesten des Flughafens wollen er und sein Team ein eigenes Geschäftsviertel bauen, sie träumen von einem kleinen Silicon Valley. Nur eben im Erdinger Moos. Das erste Quartier mit 120 000 Quadratmetern soll in zweieinhalb Jahren fertig sein, um die 400 Millionen Euro wird alleine das kosten, 5000 Arbeitsplätze sollen dort entstehen.

Wenn alle vier Quartiere einmal gebaut sind, könnte sich für München viel verändern, auch für Bayern - dann nämlich werden manche Geschäftsleute vielleicht nicht mehr in die Bahn steigen, sondern am Flughafen bleiben. Zumindest stellt sich Weyer das so vor: "Wer will nach einem Flug schon zwei Stunden in die Walachei fahren, wenn er den Kunden auch direkt bei uns treffen kann." Am Flughafen seien doch schon jetzt jeden Tag mehr als 150 000 Menschen unterwegs.

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Auf die zweite Stammstrecke wollen sie nicht warten

Es ist bei weitem keine neue Idee, dass man junge Start-ups und große Unternehmen an einem Ort zusammenbringt, es gibt solche Projekte in jeder Großstadt, viele auch in München. Neu ist aber, dass dieses Viertel direkt am Flughafen entstehen wird. Die Verbindung in die Münchner Innenstadt solle deshalb auch besser werden, sagt Weyer, sein Unternehmen plane "eigenverantwortlich" eine Expressverbindung, behauptet er. Mit der solle die Bahn den Weg vom und zum Flughafen schneller als bisher schaffen, er wünsche sich eine zusätzliche Verbindung auf einer bestehenden Trasse. Wie er die realisieren will und vor allem bis wann, sagt er nicht. Nur, dass er nicht auf die zweite Stammstrecke warten wolle.

Thomas Weyer erzählt natürlich von den Vorteilen, die das Viertel mit sich bringe, Gründer und Forscher und Investoren sollen dort einziehen. Siemens hat zugesagt, unter anderem auch das Fraunhofer Institut und das Zentrum für Innovation und Gründung der TU München, die UnternehmerTUM. Mit Siemens zum Beispiel wolle man an autonomen Bussen forschen, die später zwischen den Quartieren hin und her fahren sollen.

Thomas Weyer vom Flughafen München stellt das Projekt vor. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Campus solle "ein bisschen schräg" sein

Es geht dem Flughafen aber nicht nur um Innovation. Sondern vor allem auch ums Geld. Mit dem klassischen Flugverkehr, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Michael Kerkloh, verdiene das Unternehmen lange nicht mehr so viel wie früher. Das liege an den niedrigen Preisen, an der immer härteren Konkurrenz. Das Unternehmen setzt deshalb stärker auf das "Non Aviation Business", alles abseits des Fliegens also, von der Gastronomie über den Einzelhandel bis zur Beratung. Jetzt soll ein ganzes Viertel dazukommen. Finanzieren werde man das aus eigener Kraft. Zuletzt machte das Unternehmen, dessen Gesellschafter der Freistaat Bayern mit 51 Prozent, die Bundesrepublik mit 26 Prozent und die Landeshauptstadt München mit 23 Prozent sind, Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe.

Schon vor zwei Jahren sprach man beim Flughafen über das neue Viertel im Nordwesten, damals hieß es allerdings noch Airsite West und es war vor allem von Büros und Geschäften die Rede. Zwei Jahre später steht man wieder am Anfang - hat dem Projekt aber den neuen Namen "LapCampus" gegeben. Es ist deshalb auch nicht mehr viel von Büros zu hören, sondern vor allem von "neuen Arbeitswelten". Der Campus solle "ein bisschen schräg" sein, sagt Weyer. Was er dann aufzählt, sind allerdings keine neuen Dinge, schon gar keine schrägen: Es wird Räume für gemeinsames Arbeiten geben, Experimentierflächen für Produkttests und Unterkünfte, aber auf keinen Fall "klassische Hotels".

Auch abends soll viel los sein, er stelle sich Live-Musik und Erlebnisse in virtueller Realität vor, sagt Weyer, ein Partner des Flughafens sei deshalb Sony Music. Im Viertel soll sich zum Beispiel "die Innovationsmanagerin wohl fühlen, die sich vegan ernährt und ihre Pausen an der Kletterwand verbringt". Ob die unbedingt im Erdinger Moos arbeiten will, ist wahrscheinlich auch mit Live-Musik fraglich. Der Flughafen konkurriert um die jungen Leute mit Firmen wie Google oder Microsoft. Google aber hat seinen Sitz im Arnulfpark. Und Microsoft in der Parkstadt Schwabing.

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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