Plakate und Flyer der rechtsextremen NPD mit der Parole "Migration tötet" dürfen in den letzten Tagen des Europawahlkampfs nicht mehr im Münchner Straßenbild oder an Ständen der Partei zu sehen sein. Die Münchner Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des Anfangsverdachts der Volksverhetzung. Das städtische Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat Plakate mit dieser Aufschrift abhängen lassen und wird den Rechtsextremen die Verwendung von Flyern und Transparenten mit dieser Parole an Wahlkampfständen verbieten, die am Mittwoch in der Schützenstraße und am Samstag in der Fußgängerzone geplant sind.
Vergangene Woche hatten erste Landkreise in Norddeutschland das Abhängen der Plakate verfügt. In der Münchner Innenstadt jedoch waren sie, befestigt an Lichtmasten, noch an vielen Stellen zu sehen - die NPD hatte sie auch in der Nähe des Polizeipräsidiums und beispielsweise am Oberanger aufgehängt, nach Informationen eines SZ-Lesers sogar noch am Samstag. Die Wahlplakate tragen die Aufschrift: "Stoppt die Invasion, Migration tötet! NPD. Widerstand Jetzt!". Damit folgte die NPD einer Methode rechtsradikaler Gruppierungen wie "Der dritte Weg" oder "Die Rechte", mit Wahlplakaten bewusst zu provozieren. Dagegen gab es seit Wochen immer wieder Proteste in München, unter anderem seitens der Informationsstelle Aida-Archiv. Anzeigen wegen der NPD-Plakate seien jedoch nicht eingegangen, heißt es aus dem Polizeipräsidium.
Am Freitag teilte die Staatsanwaltschaft München I dem KVR dann nach längerer Prüfung mit, dass durch die Aufmachung der Plakate in der konkreten Ausgestaltung der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sei. "Die entsprechenden Plakate wurden sichergestellt und zur Anzeige gebracht", sagte KVR-Sprecher Johannes Mayer. Auch ein am 2. Mai an einem Informationsstand der NPD ausgelegter Flyer "Migration tötet" mit Aufdruck von Namen von Opfern und Tätern erfülle nach Einzelfallprüfung den Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches. Für Volksverhetzung sieht das Gesetz Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor.
Miriam Heigl von der städtischen Fachstelle gegen Rechtsextremismus sagte, es sei zu begrüßen, wenn volksverhetzende Positionen so aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. "Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft erlaubt es nun auch den Vollzugsbehörden, diese Parole im öffentlichen Raum konsequent strafrechtlich zu verfolgen." Beobachter von NPD-Infoständen hatten kritisiert, dass die Polizei in den vergangenen Wochen gegen das Verwenden der Parole nicht eingeschritten sei und auch die Flyer als mögliche Beweismittel nicht sichergestellt habe.
Kürzlich hatten Polizei, Stadt und Staatsanwaltschaft eine Initiative vorgestellt mit dem Ziel, verstärkt gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Straftaten vorzugehen. Das Polizeipräsidium München stehe, versicherte ein Sprecher am Montag, "unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz im oben genannten Einzelfall, selbstverständlich weiterhin im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden hinsichtlich der Verfolgung von extremistischen Straftaten".