Tierheim:Katzendorf für 250 Tiere wird eröffnet

Lesezeit: 3 min

Komfortable Bude: Im Katzenhaus gibt es sogar Einzelzimmer mit Balkon. (Foto: Natalie Neomi Isser)
  • Am Sonntag wird das Katzendorf des Tierheims an der Riemer Straße eröffnet.
  • Rund 250 Tiere haben auf mehr als 2000 Quadratmetern Fläche Platz.
  • Die neue Unterkunft hat rund drei Millionen Euro gekostet.

Von Susi Wimmer

Die beiden Schwäne im künstlichen Tümpel recken kampfeslustig ihre Hälse. Eine Gassigeherin führt einen Mischlingshund nach draußen, Arbeiter schleppen gepackte Kartons durch die Flure und Jagdhund Sam, dem sein früherer Besitzer ein Beil in die Stirn geschlagen hatte, kläfft munter vor sich hin.

Die Umzugshektik im Tierheim an der Riemer Straße scheint hier wirklich alles anzustecken, was laufen, kriechen oder fliegen kann. Nur Fundkatze Bonsai räkelt sich faul und genüsslich auf dem nagelneuen Noppenteppich im Regal an der Wand. Von dort oben schweift ihr Blick über das frisch gestrichene Zimmer mit dem flauschigen Teppich, der Spielzeugmaus, dem Etagen-Kratzbaum und dem Bettchen mit Decke.

Katzen-Komfort auf sieben Quadratmetern. Am Sonntag, 10. April, wird in Riem das neue Katzendorf eröffnet, ein über 2000 Quadratmeter großer Neubau auf dem Gelände des Tierheims, in dem bis zu 250 Katzen residieren können. Kostenpunkt: rund drei Millionen Euro, alles nur für die Katz'.

"Die Katzen waren bislang teilweise im Keller untergebracht und es wurde immer schwieriger, die Hygienevorschriften einzuhalten", sagt Judith Brettmeister, Sprecherin des Tierschutzvereins. Gerade die Quarantänestation habe sich zum Dreh- und Angelpunkt im Tierheim gemausert: Katzenbabys werden von Händlern aus Südosteuropa aus dem Kofferraum heraus verkauft, meist sind sie zu jung, zu labil und kränklich.

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Wegen akuter Platzprobleme war ein Neubau geplant. Man hatte fest mit Fördergeldern gerechnet - doch davon will das Ministerium nichts wissen.

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Die seit Monaten verstärkten Grenzkontrollen hatten zudem den Nebeneffekt, dass viele Tierhändler aufgegriffen wurden - und die Viecherl dann sichergestellt und ins Tierheim verfrachtet wurden. Und jede Katze, die dort landet, muss erst einmal für zwei Wochen in die Quarantänestation zum Gesundheits-Check-up.

Die 60 auf 60 Zentimeter großen Quarantäne-Boxen sind nun fugenlos, leicht zu reinigen für die Pfleger. Und es gibt sogar eine Schleuse für Katzenpfleger, die mit einem vermeintlich kranken Tier ankommen. Dort können sie sich komplett entkleiden und duschen, "wir wollen keinesfalls die Tollwut hier einschleppen", sagt Judith Brettmeister.

Auch die Zimmer zu sieben, elf und 14 Quadratmeter sind mit einer speziellen Wandbeschichtung versehen, die jedem Dampfstrahler standhält. Unzugängliche Ecken und Kanten sind passé, zumal sogar die Bodenleisten abgerundet wurden. Und der Boden selbst ist monolithisch, also aus einem Guß. Ein Haus nur für Katzen zu bauen, sei schon eine Herausforderung gewesen, sagt Architekt Ralph Maurer von Ram-Architekten in Vaterstetten.

Aber der Mann ist Viechereien gewöhnt: Er hat im Riemer Tierheim schon die Hunde-WG entworfen und in Garmisch ein Tierheim geplant. Man sei durch Reinigung und Hygiene gewissen Zwängen unterworfen, sagt er, aber er habe den Titel "Katzendorf" gewählt und alles so kleinteilig wie möglich gestaltet, "wie daheim halt".

Zum Neubau steuerte die Stadt 750 000 Euro bei, mehr als zwei Millionen brachte der Verein auf. (Foto: Natalie Neomi Isser)

Nun ist ein heller und lichter Bau entstanden, in dem auch Wohnungen für Pfleger, ein Versammlungsraum, Büros und ein Bistro Platz finden. Das Gebäude wirkt innen freundlich und durchlässig, und wer sich eine Katze aussuchen will, kann durch die Glastüre ins Zimmer blicken. Im unteren Drittel soll eine Milchverglasung den Katzen etwas Ruhe verschaffen.

Von den rund 1300 Katzen, die pro Jahr im Tierheim landen, können die meisten innerhalb weniger Wochen oder Monate neu vermittelt werden. Die Stadt kommt im übrigen nur für die ersten 28 Tage Unterbringung einer Fundkatze auf. Den Rest finanziert das Tierheim mit Spenden und Erbschaften. So übrigens auch den Neubau: Die Stadt steuerte 750 000 Euro bei, mehr als zwei Millionen brachte der Verein auf.

Einzelzimmer für die Katzen

Katzen, sagt Judith Brettmeister, seien prinzipiell Einzelgänger. Deshalb sind die 80 Zimmer im neuen Haus fast alle als Einzelzimmer ausgelegt. Teilweise sogar mit Balkon, für Langzeitgäste. Sindy zum Beispiel, die rot-getigerte Schmuserin, landete im Tierheim, weil sich ihr Besitzer die Medikamente für das Tier nicht mehr leisten konnte.

Sindy hat Diabetes, muss zweimal am Tag gespritzt werden. Vielen Besitzern, meint Brettmeister, seien kranke Tiere auch einfach zu anstrengend, und dann landen sie an der Riemer Straße - oder werden einfach halb sterbend am Straßenrand zurückgelassen. Alte und kranke Tiere zu vermitteln, sei sehr schwierig.

Das Tierheim nimmt alle Tiere auf, ob es mehr als 80 Meerschweinchen sind, die kürzlich bei einem Messie in seiner Badewanne entdeckt wurden oder 200 Zebrafinken, die eine ältere Frau in ihrer Wohnung in der Münchner Innenstadt hielt.

Wer sich informieren will, kann dies am Sonntag bei der Katzendorf-Eröffnung und dem Frühlingsfest tun (Einzelheiten zum Programm finden Sie hier). Schauspieler Wolfgang Fierek wird Vermittlungskatzen präsentieren, Schlagersänger Tommy Steiner tritt auf, Beginn ist um 11 Uhr, letzte Führung durch das Katzenhaus um 15.15 Uhr.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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