Eröffnung:Am Flughafen München fliegt man vor allem auf sich selbst

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  • Der Flughafen München hat sein neues Satellitenterminal eröffnet.
  • Zahlreiche Redner - vor allem Finanzminister Söder - loben die Partnerschaft zwischen dem Flughafen und der Lufthansa.
  • Der ORH dagegen ist der Meinung, dass die öffentliche Hand dem Konzern dabei viel zu weit entgegengekommen ist.
  • OB Reiter äußert sich zur dritten Starbahn: Wenn sich die Zahl der Starts und Landungen "signifikant" über ein bis zwei Jahre erhöhe, könne man noch einmal darüber reden.

Von Kassian Stroh

Glaubt man seinem Stellvertreter, dem Staatssekretär Norbert Barthle, so wäre Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt an diesem Freitag "viel, viel lieber" im Erdinger Moos gewesen, als sich in Berlin mit Autoherstellern und ihren Abgaswerten auseinandersetzen zu müssen.

Ob das nun stimmt oder nicht - angenehmer wäre es in jedem Fall gewesen, kurzweiliger vermutlich nicht. Denn die offizielle Eröffnungsfeier im neuen Satellitenterminal des Münchner Flughafens geriet zu einem zwar technisch aufwendigen und teuren Spektakel, das aber eigenartig seelenlos blieb. Vor angeblich 2000 Gästen, zumeist Herren in dunklen Anzügen. Da blieb selbst der omnipräsente Großkoch Alfons Schuhbeck am Rande stehen, als er nach 75 Minuten eine Teilpräsenz ins Erdinger Moos verlagerte.

Ein paar biedere Videoeinspielungen und -schalten ("Und jetzt zur Bühne 'Systempartnerschaft'!"), und in den Reden das große verbale Schulterklopfen. Vor allem über die Partnerschaft zwischen dem Flughafen und der Lufthansa, was ja in der Tat ein Unikum ist, dass eine Fluglinie und ein Airport gemeinsam erst ein Terminal bauen und dann auch noch dessen Erweiterung (die freilich faktisch ein eigenes Terminal darstellt, weshalb es derer nun drei gibt). Dies sei eine "geniale Verbindung", schwärmte Finanzminister Markus Söder, zugleich Aufsichtsratschef des Flughafens. "Ohne die Lufthansa wären wir ein normaler Flughafen", mit ihr aber einer der größten Europas. Der Flughafen hält 60 Prozent der Anteile am Satelliten, die Lufthansa den Rest.

Dass die öffentliche Hand der Lufthansa zu weit entgegenkomme? Kein Thema

Dass der Oberste Rechnungshof der Meinung ist, dass die öffentliche Hand dabei der Lufthansa viel zu weit entgegengekommen sei, wie vor Kurzem bekannt wurde, das focht am Freitag niemanden an. Nur Söder ließ feine Spitzen ab gegen jene, die den Wert dieser Partnerschaft nicht angemessen würdigten. Dieses stetig wiederholte Loblied wurde nur übertroffen vom stillen oder offenen Gefeixe über die Berliner. Dort wartet ein fast fertiger Flughafen seit Jahren seiner Eröffnung entgegen, wird zum Milliardengrab. Und in München? Der Entwurf vom Architekturbüro Koch + Partner wurde pünktlich fertig, nach knapp vier Jahren Bauzeit.

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Auch die Kosten sollen mit 900 Millionen Euro im Rahmen der Schätzungen geblieben sein. Manche altgediente Flughafenvertreter freuten sich leise, dass sie schon damals in den 1990er-Jahren die Voraussetzungen für eine Erweiterung geschaffen hätten - etwa den Tunnel unter dem Rollfeld, so dass dieses nun nicht mehr aufgegraben werden musste. (Hat Berlin natürlich nicht.) Offene Häme schüttete dagegen der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende aus. "Weil da nix ist", sei Berlin ein "ZEN-Flughafen", sagte Söder. "Zuschauen, entspannen, nachdenken."

Und natürlich trieb die Anwesenden das Thema dritte Startbahn um. "In München stimmt die Infrastruktur", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr, fügte dann aber ein deutliches "noch" an samt Plädoyer für den Bau einer weiteren Piste. Auch Söder warb erneut, die Bahn sei nötig, um im internationalen Wettbewerb nicht abzufallen. Dass sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer, seit einem Jahr einen sogenannten Dialogprozess zum Thema führt, lobte Söder, zumindest vordergründig. Denn klar sei auch: "Irgendwann müssen wir entscheiden." Und auch dieser Satz ließ sich ganz gut in Richtung Seehofer verstehen, der seinen Dialog als ergebnisoffen verstanden haben will: "Wenn man einen Weg beschreitet, muss man auch wissen, wohin man will."

Was Reiter zur Dritten Startbahn zu sagen hat

Doch der Bau hängt derzeit ja weniger deshalb fest, weil Seehofer und die CSU ihre endgültige Positionierung stetig verschieben, sondern weil sich die Stadt München, die neben Bund und Freistaat die kleinste Anteilseignerin des Flughafens ist, dem Projekt verweigert seit dem negativen Bürgerentscheid von 2012. Seine Position, ohne neuerlichen Bürgerentscheid werde sich daran nichts ändern, revidierte Oberbürgermeister Dieter Reiter am Freitag nicht. Erstmals konkretisierte er aber die Bedingungen, unter denen er sich vorstellen könnte, einen solchen einzuleiten: Wenn sich die Zahl der Starts und Landungen "signifikant" und "dauerhaft" erhöhe, und unter "dauerhaft" verstehe er "ein, zwei Jahre", so sagte es Reiter der SZ am Rande der Veranstaltung.

Das wäre dann doch ein bemerkenswert kurzer Zeitraum. Denn die Flugbewegungszahlen im Erdinger Moos liegen noch immer deutlich unter denen Ende des vergangenen Jahrzehnts, zuletzt aber stiegen sie wieder leicht. In seiner offiziellen Rede blieb Reiter vager: Noch reichten die Kapazitäten ja, auch für das Satellitenterminal, und er hoffe, dass das auch noch ein bisschen so bleibe, sagte er. "Alles andere sehen wir dann schon."

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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