Tarifstreit im Öffentlichen Dienst:"Wenn es sein muss, legen wir den Flughafen lahm"

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Bei der Sicherheitskontrolle im Terminal 2 am Münchner Flughafen wurde erfolgreich eine neue Technik mit zwei geteilten Kontrollspuren und einem Computer-Tomografen zur Durchleuchtung getestet. Die Bezahlung der Mitarbeiter reicht kaum zum Überleben, sagt die Gewerkschaft. (Foto: Marco Einfeldt)

Mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung gehen die Verdi-Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in der Region in die Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Ihre Forderung lautet: 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro. Sie wollen leben, nicht nur überleben, sagen sie.

Von Birgit Goormann-Prugger und Antonia Haas, Erding

Es könnte ungemütlich werden in den kommenden Wochen. Eltern stehen womöglich vor verschlossenen Kitas, wer seinen Wagen im Landratsamt zulassen will oder auf die Genehmigung eines Bauantrags wartet, muss womöglich noch ein bisschen länger warten. Mit Einschränkungen bei der Postzustellung ist zu rechnen und auch am Münchner Flughafen dürfte nicht alles glatt laufen. Die Streikbereitschaft bei den Verdi-Beschäftigten ist hoch, um ihre Forderungen durchzusetzen: eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestes 500 Euro mehr, um auch die unteren Lohngruppen aufwerten zu können. 200 Euro mehr für Auszubildende und die Garantie für deren unbefristete Übernahme.

Monika Ludwig, Vorsitzende des Ortsvereins Verdi-Flughafenregion, Betriebs- und Personalräte der Sicherheitsgesellschaft am Münchner Flughafen (SGM), der Flughafen München GmbH (FMG), des Freisinger Landratsamts, der Stadt Freising, der Post und auch die Betriebsseelsorgerin und Sozialethikerin aus der Flughafenregion, Irmgard Fischer, haben am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Freising ganz deutlich gemacht, dass es ihnen diesmal sehr ernst ist. Bitterernst. "Um die Notwendigkeit, die Gehälter zu erhöhen, gibt es wohl kaum Diskussionsbedarf", sagte Ludwig. Extrem gestiegene Kosten bei der Lebenshaltung, den Mieten, den Strom- und Gaspreisen, das alles bei einer Inflationsrate von grob zehn Prozent, machten es nötig, den Mensch mehr Geld zuzugestehen, damit diese auch überleben könnten.

Mit der Inflation verschärft sich das Problem gravierend

Aus der "Armutsecke" am Flughafen, dem Abfertiger "Aeroground", berichtete der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ralf Krüger. Die Inflation fresse die vergangenen Tariferhöhungen auf. In der schon zuvor hochpreisigen Flughafenregion sei es schon lange problematisch, sich das Wohnen zu leisten. Mit der Inflation als Folge diverse Krisen verschärfe sich das Problem gravierend. Die multiplen Kostenexplosionen machten ein Leben in der Region für Niedriglohnbezieher praktisch unmöglich. Viele könnten nur mit Mühe überleben, sagte Krüger. Das Lohnniveau im Luftverkehr sei, besonders bei den Einstiegsstufen, absurd niedrig. Wer als Abfertiger anfange, dem biete Aeroground gerade mal 2400Euro Brutto in Vollzeit. In der Steuerklasse 3 blieben da gerade mal 180o Euro netto. Und das bei den hohen Mieten in der Region.

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Nicht wesentlich besser ist wohl die Lage bei der SGM, einer 100-prozentigen Tochter des Freistaats. In den vergangenen beiden Pandemie-Jahren hätte mehr als 200 Kolleginnen und Kollegen aufgrund ihres Renteneintritts und aus anderen Gründen die SGM verlassen. Der Personalmangel sei eklatant und die Arbeitsbelastung enorm, berichtete Josef Winderl, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, brauche man dringend Verstärkung. Um aber auf dem schwierigen Arbeitsmarkt geeignetes Personal zu bekommen, müsste die SGM mehr als im Öffentlichen Dienst üblich bezahlen. Deshalb sei es wichtig, in der laufenden Tarifrunde eine angemessene und dringend notwendige Lohnerhöhung zu bekommen.

"Berechtigte Forderungen von Verdi"

Die Forderungen von Verdi seien durchaus berechtigt, sagt auch Robert Buckenmeier, Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung Erding. Die deutlich gestiegenen Preise müsse man unbedingt durch entsprechende Gehaltssteigerungen zurückholen. Man brauche dringend einen Lohnausgleich. Von den Arbeitgebern wünsche er sich, dass diese einen guten Kompromiss aushandeln würden. Vor allem für diejenigen, die ein unteres Einkommen beziehen. Sie seien in seinen Augen nämlich diejenigen, die am stärksten von den Preiserhöhungen betroffen seien. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten träfen sie am härtesten, so Buckenmeier.

Auch Martina Obermaier, Personalrätin der Stadtverwaltung Dorfen, stimmt dem zu. Die unteren Entgeltgruppen lägen im Öffentlichen Dienst teilweise nur knapp über dem Mindestlohn. Genau diese müsse man besser mitnehmen und unterstützen. Sie würde sich freuen, wenn die Verhandlungspartner diese Ziele umsetzen könnten. Isabella Huber vom "Kinderhaus unterm Regenbogen" in Dorfen würde die Lohnerhöhung ebenfalls begrüßen. Gerade für Auszubildende müsse man mehr Anreize schaffen, einen sozialen Beruf auszuüben. In den sozialen Berufen verdiene man während der Ausbildung einfach zu wenig, so Huber. Darum suche jede Einrichtung auch händeringend nach neuen Mitarbeitern.

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