Landtagswahl im Landkreis Erding:Der Grantler aus Berlin

Lesezeit: 3 min

Wolfgang Kubicki war der Stargast im diesjährigen Landtagswahlkampf der Erdinger FDP. (Foto: Stephan Görlich)

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki leistete Wahlkampfunterstützung für die lokale FDP bei einem Weißwurstfrühstück im Erdinger Weißbräu. Ganz wie ein Mitglied der bayerischen Staatsregierung wettert er vor allem gegen die Grünen und die Berliner.

Von Felix Krauser, Erding

Wolfgang Kubicki beginnt seine Rede mit einem Warnhinweis. Als Seitenhieb gegen die Öffentlich-Rechtlichen gedacht, warnt der Bundestagsvizepräsident davor, dass Inhalte oder Passagen seiner Rede andere beleidigen könnten. Mit demselben Witz hat er vor wenigen Wochen seine Bierzeltoffensive beim Gillamoos gestartet. Ins Gasthaus Erdinger Weißbräu sind nur etwa 30 Interessierte gekommen, doch Kubicki ist im gleichen Modus wie in Abensberg.

Die Erdinger FDP hat in Person von Landtagskandidatin Anne Connelly sowie Bezirkstagskandidatin Rosemarie Neumaier-Korn zu einem politischen Weißwurstfrühstück geladen. Unterstützung von einem prominenten Liberalen tut gut und tut Not. Es sieht schlecht aus für die FDP in Bayern. Laut aktuellen Umfragen liegen die Freien Demokraten bei nur drei bis vier Prozentpunkten und drohen am 8. Oktober aus dem Landtag zu fliegen.

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Bevor der stellvertretende FDP-Parteivorsitzende richtig loslegen kann, äußert Erdings Zweite Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (FW) noch einen Wunsch. Der stillgelegte Erdinger Fliegerhorst solle doch bitte als Unterbringungsmöglichkeit für Geflüchtete genutzt werden. Kubicki verspricht, das Anliegen "mit nach Berlin zu nehmen".

Dann ist Kubicki dran. Zunächst spricht er über Deutschlands schwache Entwicklung, wirtschaftlich und im Sport. Als Beispiele führt er das enttäuschende Abschneiden der Deutschen Fußballerinnen und Fußballer sowie des Leichtathletikteams bei den jeweiligen Weltmeisterschaften auf. Es brauche wieder mehr Leistung und Wettbewerb im Land, sagt Kubicki. Von den Plänen, die Bewertung bei den Bundesjugendspielen abzuschaffen, hält er gar nichts.

Seitenhiebe gegen Regierungspartner? "Koalitionen sind nur Zweckbündnisse."

Dann kommt er zu seinem Lieblingsgegner, den Grünen. Er wolle sich von diesen nicht vorschreiben lassen, was er zu essen und wie er zu leben habe, sagt er. Warum nicht? Ein Drittel der Grünen-Bundestagsabgeordneten hätten keine abgeschlossene Ausbildung und seien erst 28, 29 Jahre jung. Während seines Grünen-Bashings, das man ganz genau so von Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (FW) kennt, macht er sich explizit über Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) lustig. Dessen Mitarbeiter müssten mittags außerhalb essen, weil sich für sein Ministerium kein Koch finde, der Özdemirs Ansprüchen in Sachen Ernährung gerecht werde. Dem naheliegenden Einwand gegen solche Seitenhiebe, die FDP regiere doch gemeinsam mit den Grünen, kommt Kubicki zuvor und sagt, "Koalitionen sind nur Zweckbündnisse".

Beim Thema Migration warnt er vor "französischen Verhältnissen." Im Nachbarstaat habe man schon länger mit Ghettobildung in den Vorstädten der Großstädte zu kämpfen. Integration gelinge nur in Kindergärten, Schulen und Unternehmen. Aber es brauche Sach- statt Geldleistungen. Er plädiert für Chipkarten, mit denen Asylsuchende nur in bestimmten Läden einkaufen können. Zudem würden Geflüchteten, die in Deutschland Sozialleitungen bekommen, mit diesem Geld Schlepperbanden finanzieren, behauptet Kubicki. Dennoch bleibt er zuversichtlich und bedient sich bei Angela Merkel: "Wir schaffen das!" Wie genau das alles klappen wird, lässt er allerdings offen.

Etwa 30 Interessierte waren zu Kubickis Auftritt gekommen. (Foto: Stephan Görlich)

Anne Connelly, die Erdinger FDP-Direktkandidatin, steht neben Kubicki. Die Finanzberaterin und "Finfluencerin" nickt zustimmend zu seinen Ausführungen. Aus dem Publikum, in dem auch Monika Gruber sitzt, die Kabarettistin und Mitorganisatorin der Erdinger Anti-Heizungsgesetz-Demo, kommt immer wieder ein leises "Genau!", und auch hier wird viel genickt. Kubickis Auftritt wirkt wie eine Bürgerssprechstunde mit Seelsorgecharakter. Er wird alles mögliche gefragt: wie er zur Wiedereinführung der Wehrpflicht stehe oder was er zur geplanten Reform des DFB halte, die Fußballtore abzuschaffen.

Der Grantler aus Berlin kommt schließlich auch auf die Spaltung der Gesellschaft zu sprechen. Man werde sofort in eine Ecke gestellt, wenn man sich kritisch zu etwas äußere, beklagt Kubicki. Da habe er etwas gemeinsam mit Monika Gruber. Man müsse sich wieder in der Sache streiten können, als Demokraten, sagt er. In einer Aufzählung nennt er Freie Demokraten, Sozialdemokraten und Christdemokraten, und lässt die Grünen unerwähnt.

"Das, was in Berlin passiert, ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsradikale"

In der aktuellen Situation "machen wir die AfD stark", sagt Kubicki. Dazu trage auch die inflationäre Verwendung des Wortes Nazi bei. "Das, was in Berlin passiert, ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsradikale" - sagt der Vizepräsident des Bundestages mit Sitz in Berlin. Ganz zum Schluss kritisiert er dann doch noch den bayerischen Ministerpräsidenten, wenn auch ziemlich hinten rum: "Söder ist Schuld, dass wir die Ampel haben." Ohne die interne Unionsstreitigkeiten wäre die CDU stärkste Kraft bei der vergangenen Bundestagswahl geworden.

Nach knapp anderthalb Stunden ist Schluss und Kubicki muss aufbrechen. Er muss zurück nach Berlin.

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