Da sind sie wieder, die süßen Racker mit ihren Schulranzen und Tretrollern, bestenfalls mit Tretrollern, wie man sagen muss. Tretroller mit Plastikrädern erzeugen auf Trottoirs aus Asphalt ein gleichmäßig ratterndes Geräusch, schlecht geölt kommt eine leicht quietschende Note hinzu, die sich aber recht harmonisch mit dem Gekreische der lieben Kleinen auf den letzten Metern zum Schulhof vermischt. Tretroller mit Gummibereifung hingegen erzeugen vor dem Schlafzimmerfenster lediglich ein grummelndes Crescendo, das um Viertel nach sieben klingt wie ein aufziehendes Gewitter. Der gummibereifte Tretroller ist damit die Tageslichtlampe unter den Lärmbelästigungen, er beendet den Schlaf mit sanfter Brutalität. RRRRrrrrRRRRrrrrRRRRrrr...
Wer direkt gegenüber einer Grundschule wohnt, sagen wir mal in einer Stichstraße in Daglfing, die knapp dem Schicksal einer Sackgasse entronnen ist, eng und von Anwohnern zugeparkt, wer also ein Leben im akustischen Korridor des dreistimmigen Schulgongs führt, der kann etwas erleben. Sogar die weite Welt der Literatur weht einmal wöchentlich durch die gekippte Balkontüre herein, in Form der Auspuffgase des Bücherbusses, dessen Motor immerfort läuft wie einst Goethes Tinte aufs Pergament.
Und täglich sieht man den Kampf der geplagten Großstädter um einen Platz im Bildungssystem: Wohin bloß mit dem Porsche Cayenne? Kann dieser Gehsteig ein Parkplatz sein? Und ist "Einfahrt freihalten" in Wahrheit nicht bloß ein anderes Wort für "Freies Halten"?
Ja, es ist ein Klischee, und noch mal ja, es ist ein München-Klischee, aber nein, es ist nicht erfunden. Es gibt in dieser ausgebluteten Metropole einfach zu wenig Grundschulparkplätze mit Überbreite. Nicht jedes Kind kann seinen eigenen Tretroller haben, manche Eltern sind einfach darauf angewiesen, das Kind mit dem Familien-Diesel zur Schule zu bringen - auch heute noch, wo man annehmen möchte, diese SUV-ABC-Schüler seien bloß ein alter Witz, nur weil niemand mehr lacht. Keine Pointe.