Wohnen:Zorneding führt Regel ein: Mehr bezahlbare Neubauwohnungen

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Im Herbst 2021 begann die Bebauung der Wimmerwiese in Zorneding. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wird dort neues Bauland geschaffen, hat die Gemeinde künftig Anspruch auf die Hälfte der ausgewiesenen Fläche.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Was es nicht oft gibt, ist entsprechend teuer - wer sich im Münchner Umland schon mal nach einer Immobilie erkundigt, kann ein leidvolles Lied davon singen. Auch in der Gemeinde Zorneding sind die Preise für Häuser und Wohnungen in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Was für viele Leute ein Ärgernis ist, wird für weniger vermögende Bürgerinnen und Bürger zu einem existenzbedrohenden Problem. Um allen Menschen die Chance zu bieten, in der Gemeinde eine Bleibe zu finden, hat sich Zorneding nun zu einem durchaus drastischen Schritt entschlossen: Wer am Ort neues Bauland oder Gewerbeflächen ausweisen will, muss der Gemeinde die Möglichkeit einräumen, die Hälfte der Grundstücksfläche des Plangebiets zu erwerben.

Darauf haben sich die Mitglieder des Gemeinderates im Rahmen einer Klausurtagung geeinigt und den Beschluss in der jüngsten Sitzung des Gremiums mehrheitlich verabschiedet. Die sogenannte Sozialgerechte Bodennutzung, kurz SoBon, ist in der Gemeinde nicht neu. Auch in Grafing oder in der Stadt München gibt es ähnliche Modelle. In Zorneding kommt SoBon bereits seit Ende 2017 zur Anwendung, etwa beim Neubaugebiet "Wimmerwiese", wo sich die Gemeinde das Recht zusichern ließ, 50 der insgesamt rund 200 Wohnungen selbst zu kaufen und vergünstigt an bedürftige Bürger zu vermieten. Der nun nachgebesserte Grundsatzbeschluss ist allerdings deutlich weitreichender.

Zorneding gehört zu den attraktivsten Regionen Bayerns

Nun nämlich werden der Gemeinde als Zugriffsrecht 50 Prozent der der Fläche eingeräumt. Zorneding gehöre aufgrund seiner Lage, seiner Verkehrsanbindung und der Nähe zur Landeshauptstadt München "zu den attraktiven Regionen Bayerns, in denen seit Jahren die Grundstückspreise ansteigen", heißt es dazu in dem Beschluss. Es sei damit kaum mehr möglich, geeignete Flächen für den Gemeindebedarf sowie zur Deckung des Wohnungsbedarfs von einkommensschwächeren Personen zu erwerben und damit eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende und sozialgerechte Bodennutzung zu gewährleisten. "Es ist Aufgabe der Bauleitplanung, hier durch ein Baulandentwicklungsmodell steuernd einzugreifen", so der Wortlaut in dem neuen Grundsatzpapier.

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Dieses sieht eben jene 50 Prozent vor, die der Gemeinde bei der Ausweisung von neuem Bauland zufallen sollen. Die Kommune kauft entweder die Grundstücksflächen selbst oder die entsprechenden Miteigentumsanteile demnach "zum Verkehrswert im Zeitpunkt des Erwerbs", wie es heißt. Wie hoch dieser Wert ist, soll von Fall zu Fall durch einen Gutachter geklärt werden. Bereits fest steht dagegen, dass der Grundstückseigentümer seine zum Bau vorgesehenen Flächen nicht einfach leerstehen lassen darf. Diese müssen innerhalb einer Frist von fünf Jahren ab Bekanntmachung des Bebauungsplanes beziehungsweise ab Herstellung der Erschließung bebaut werden. Damit will die Gemeinde sicherstellen, dass auch tatsächlich zügig Wohnraum geschaffen wird.

Der Gemeinderat entscheidet, was mit der Fläche passiert

Wie die von der Gemeinde erworbenen Flächen letztendlich verwendet werden, darüber soll der Gemeinderat entscheiden. Denkbar ist neben dem Bau von Wohnungen etwa auch die Errichtung von Infrastruktureinrichtungen wie Kindertagesstätten oder Sport- und Freizeitanlagen.

Viele Gemeinderäte sprachen sich in der jüngsten Sitzung klar für den neuen Grundsatzbeschluss aus. "Wir kämpfen seit Jahren darum, Grundstücke zu finden und sind jetzt gefordert, Maßnahmen zu ergreifen", sagte etwa Wilhelm Ficker (Freie Wähler). Bianka Poschenrieder (SPD) erinnerte genauso wie Helmut Obermaier (Grüne) daran, dass man als Kommune schon allein per Verfassung dazu verpflichtet sei, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. "Bauen, bauen, bauen genügt nicht. Die Gemeinden müssen auch unterstützen", sagte Obermaier.

Lediglich in Teilen der CSU-Fraktion wurde man nicht so recht warm mit der Idee, dass Bauherren künftig die Hälfte ihrer Fläche an die Gemeinde abtreten sollen. "Damit machen wir uns das Interesse an den Grundstücken kaputt", sagte Jutta Sirotek. Letztendlich aber votierte die Mehrheit des Gremiums für den Beschluss, der von sofort an greift und die Wohnraumnot in der Gemeinde möglichst zügig lindern soll.

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