Flüchtlinge im Landkreis Ebersberg:Wohnen im Hotel? Bitte nicht

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In diesem Hotel am Baldhamer Marktplatz könnte eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. (Foto: Christian Endt)

In ein leer stehendes Hotel in Baldham könnten bald Flüchtlinge einziehen - dagegen regt sich Widerstand. Die Möglichkeiten der Gemeinde, Einfluss zu nehmen, sind aber begrenzt.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten/Ebersberg

Am Baldhamer Marktplatz wurde während seines knapp 15-jährigen Bestehens bereits viel herumgekrittelt - dass dort zu viel los sei, war ausdrücklich kein Kritikpunkt. Zumindest bis jetzt, denn das seit geraumer Zeit leer stehende Hotel am Marktplatz könnte in eine Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden. Einigen in der Großgemeinde scheint dies zu missfallen - etwa der Senioren-Union, die nun in einem offenen Brief einer, so wörtlich: "Umwidmung und Zweckentfremdung von Gebäuden oder anderen ungeeigneten Immobilien aufgrund von Zuwanderungsdruck" widerspricht.

Hintergrund ist, dass die Regierung von Oberbayern dringend Unterkünfte für Flüchtlinge sucht. Kürzlich wurde bekannt, dass man in der Gemeinde Vaterstetten möglicherweise fündig geworden ist. Drei mögliche Kandidaten gibt es dort: Das Hotel Elodie am Gewerbegebiet in der Baldhamer Straße, das Hotel Cosima an der Ecke Bahnhof- und Wendelsteinstraße in Vaterstetten und eben das Hotel am Baldhamer Bahnhof.

Bei der Gemeinde liegt bislang noch kein Antrag auf Umnutzung vor

Im Landratsamt - wo man betont, die Anmietung sei Sache der Regierung, nicht der Behörde in Ebersberg - kann man nur bestätigen, dass die übergeordnete Stelle wohl besonders am Hotel am Marktplatz Baldham interessiert sei. Wie es aus dem Landratsamt weiter heißt, sei diese Immobilie bereits angemietet worden, derzeit prüfe die Regierung von Oberbayern, wie sich diese zur Flüchtlingsunterkunft umnutzen lassen könne.

Was, so zumindest der Informationsstand im Vaterstettener Rathaus, offenbar noch zu keinem Ergebnis geführt hat. Denn, wie Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) auf Nachfrage mitteilt, liegt noch kein Antrag auf Nutzungsänderung für das Hotel vor. Eine solche schreibt die Baunutzungsverordnung vor, da ein Hotel baurechtlich anders zu bewerten ist, als eine Flüchtlingsunterkunft.

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Was das Hotel in der Wendelsteinstraße angeht, auch hier wäre eine Nutzungsänderung nötig - wobei die baurechtliche Lage hier sogar noch etwas komplizierter ist. Denn der Eigentümer hat bereits vor einiger Zeit beantragt, das Hotel abzureißen und stattdessen Wohnungen zu bauen - und das war auch erfolgreich, bestätigt Spitzauer. Die Politik habe dem Antrag zugestimmt, allerdings habe es seitdem in der Sache keine Bewegung mehr gegeben. Zumindest im Falle des Hotels in der Baldhamer Straße scheint eine Umnutzung nicht geplant zu sein, laut Spitzauer soll dieses weiter als solches betrieben werden.

Bei den bestehenden Unterkünften gibt es bislang keine Nachbarschaftskonflikte

Der Bürgermeister selbst macht keinen Hehl daraus, dass er kein Freund einer möglichen Umnutzung des Hotels am Marktplatz oder eines anderen in der Gemeinde ist. Dass es in der Bevölkerung Ressentiments gebe, gegen eine Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Hotel, noch dazu in einer exponierten Lage, wie am Marktplatz, könne er auch verstehen. So gebe es etwa immer wieder Befürchtungen von Anliegern wegen eventueller Lärmbelästigung oder sonstiger Beeinträchtigungen, wie etwa Vermüllung.

Wobei, das räumt Spitzauer ebenfalls ein, es bislang in der Gemeinde keine Nachbarschaftsprobleme mit Unterkünften gegeben habe. Etwa im Zusammenhang mit der erst vor einigen Wochen bezogenen Containeranlage in der Verdistraße - dort gibt es 100 Plätze - seien keinerlei Beschwerden eingegangen. Allerdings, so der Bürgermeister weiter, man wisse eben nicht, wer in die Unterkünfte einziehe.

Einen wirklichen Entscheidungsspielraum hat die Gemeinde hier aber nicht, das bestätigt auch der Bürgermeister. Denn laut Rechtslage muss ein Antrag, sofern er dem Baugesetz nicht widerspricht, auch genehmigt werden. Allerdings könne man, ohne dass etwas konkret beantragt ist, natürlich auch nicht beurteilen, ob dies genehmigungsfähig ist oder nicht.

Eine Sonderregel im Baugesetzbuch schränkt den Einfluss der Kommunen ein

Dessen dürfte man sich auch bei der Vaterstettener Senioren-Union bewusst sein. In deren Eingabe mit dem Titel "Willenserklärung - Flüchtlings-/Asylanten-Unterkünfte in der Gemeinde Vaterstetten" ist zwar zu lesen, dass man "möglicherweise kurzfristig zu organisierende Flüchtlingsunterkünfte in Hotels" ablehnt, sowie "Entwicklungen in dieser Richtung eine klare Absage erteilen" möchte - konkrete Forderungen an die Politik sind in dem Schreiben indes nicht erhalten.

Wie schwer solche umzusetzen wären, zeigt sich derzeit gerade in der näheren Nachbarschaft Vaterstettens: In der Gemeinde Markt Schwaben. Dort gibt es Pläne, einen ehemaligen Gewerbekomplex am Bahnhof zu einer Flüchtlingsunterkunft umzubauen. Als dies im Dezember bekannt wurde, formierte sich Widerstand aus dem anliegenden Wohngebiet, auch der Marktgemeinderat sprach sich mehrheitlich gegen die Flüchtlingsunterkunft aus, mittlerweile wurde ein Bürgerbegehren dagegen gestartet.

Doch auch im Erfolgsfall - gefordert wird eine Änderung des Bebauungsplans inklusive Veränderungssperre - dürfte dies folgenlos bleiben. Hintergrund ist der Paragraf 246 des Baugesetzbuches, der unter anderem die Planungshoheit der Gemeinde einschränkt, wenn Flüchtlingsunterkünfte benötigt werden.

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