Treibhausgasbilanz 2020:Emissionen sinken langsam weiter

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Flächendeckende Versorgung mit Strom und Wärme aus Erneuerbaren Energien - noch ist der Landkreis davon weit entfernt. Hier zu sehen ist ein Modell der Energieagentur Ebersberg mit Windrad, Solar- und Biogasanlage. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Energieagentur Ebersberg hat ihre dritte Treibhausgasbilanz für den Landkreis Ebersberg erstellt. Der CO₂-Fußabdruck ist im Jahr 2020 weiter gesunken - allerdings nur leicht.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Weniger als eine Tonne CO₂-Äquivalent (CO₂e) pro Mensch und Jahr. Das ist laut Umweltbundesamt die Menge an Treibhausgasen, die global klimaverträglich wären. Der tatsächliche Ausstoß liegt in Deutschland um vielfaches höher, bei circa 11,2 Tonnen CO₂e pro Kopf und Jahr. Es ist also in den nächsten zehn bis 20 Jahren "eine Minderung in Höhe von 95 Prozent gegenüber dem heutigen Stand" nötig, um nachhaltig leben zu können.

Im Landkreis Ebersberg hat man sich mittels des sogenannten Meilensteinplans das Ziel Klimaneutralität bereits für das Jahr 2030 auf die Fahnen geschrieben. Doch wie die dritte Treibhausgasbilanz der Energieagentur Ebersberg zeigt, ist man davon noch weit entfernt. Der Bericht wird alle zwei Jahre angefertigt und gibt an, wie viele Treibhausgase im Landkreis durchschnittlich pro Person vor zwei Jahren ausgestoßen wurden und wie hoch der Anteil der erneuerbaren Energien an Strom- und Wärmeerzeugung ist. Die diesjährige Bilanz gilt also für das Jahr 2020. Grund für die Verzögerung ist, dass viele Daten, etwa von manchen Stromanbietern, erst nach zwei Jahren zur Verfügung gestellt werden.

Die Emissionen sinken trotz steigender Einwohnerzahlen

Die gute Nachricht vorweg: Die Treibhausgasemissionen sind - trotz steigender Einwohnerzahlen - weiterhin rückläufig. Betrugen die Emissionen 2018 noch 7,19 Tonnen CO₂e pro Einwohner, lagen sie 2020 bei 6,45 Tonnen. Es gab also einen Rückgang von 0,74 Tonnen oder 5,3 Prozent. 6,45 Tonnen klingt nach wenig, im Vergleich zu den 11,2 Tonnen Durchschnittsausstoß der Bundesbürger. Zu beachten ist allerdings, dass die Bilanz lediglich die CO₂e-Emissionen aus den Bereichen Verkehr und Energienutzung - von Industrie, Privathaushalten und kommunaler Infrastruktur - berücksichtigt. Laut Bericht wäre es zu aufwendig und kompliziert, Ernährung und sonstigen Konsum auf Landkreisebene zu erfassen. Diese Bereiche machen jedoch in einer Region wie München mindestens drei Tonnen des CO₂e-Fußabdrucks einer Person aus. Auch in Ebersberg liegt der gesamte Ausstoß also bei zehn bis elf Tonnen CO₂e pro Person und Jahr.

Ebenfalls positiv: Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix ist leicht gewachsen. Erneuerbarer Strom hat sich um drei Prozentpunkte erhöht, von 28 auf knapp 31 Prozent. Dieser Zuwachs ist fast gänzlich auf die vermehrte Nutzung von Photovoltaikanlagen zurückzuführen. Bei erneuerbarer Wärme gab es keine Veränderung, sie macht nach wie vor etwa ein Fünftel der verbrauchten Wärme aus.

Die Pandemie ist verantwortlich für einen Teil des Rückgangs

Die weniger gute Nachricht: Es muss noch sehr viel geschehen. Im Bericht heißt es dazu: "Will der Landkreis Ebersberg sein selbst gestecktes Ziel für 2030 erreichen und den Meilensteinplan realisieren, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien dringend forciert, die Reduzierung des CO₂-Ausstoßes drastisch vorangetrieben werden."

CO₂-Zertifikate
:Der Deal mit dem Klima

Der Landkreis Ebersberg will sich einem Klimaschutzprojekt der Münchner Nachbarn anschließen: Bei der "Aktion Zukunft Plus" können Bürger, Unternehmen und sogar ganze Kommunen ihren CO₂-Fußabdruck durch den Kauf von Zertifikaten ausgleichen. Über die Finanzierung des Vorhabens gibt es jedoch Streit.

Von Andreas Junkmann

Hinzu kommt, dass ein erheblicher Anteil des Emissionsrückgangs 2020 auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Die Produktion und damit der Energieverbrauch der Industrie sank, das Home-Office reduzierte das Verkehrsaufkommen erheblich. Allein 0,4 der 0,7 eingesparten CO₂e-Tonnen 2020 sind auf den geringeren Verkehr zurückzuführen. Der Energieverbrauch privater Haushalte änderte sich hingegen so gut wie nicht.

Die Kommunen im Landkreis sind sehr unterschiedlich aufgestellt

Ebenfalls Teil des Berichts ist eine Übersicht über den Stand des Ausbaus Erneuerbarer Energien. Wie die SZ berichtete, sind erst etwa 55 Prozent der Energie- und Klimaschutzmaßnahmen im Landkreis ausgeschöpft. Luft nach oben also. Verhältnismäßig gut aufgestellt ist der Landkreis im etwa im Bereich Photovoltaik auf Gebäuden. Etwa die Hälfte der gemäß der Meilensteinplanung notwendigen Anlagen auf Häusern gibt es bereits. Bei Windkraft Geothermie sieht es indes anders aus, hier gibt es bislang je ein umgesetztes Projekt: Das Windrad in Hamberg bei Bruck und die Erdwärmeförderung in Poing. Laut der Meilensteinplanung wären aber 26 Windräder und zehn Geothermieanlagen nötig.

Schließlich gibt die Treibhausgasbilanz nicht nur einen Überblick über den gesamten Landkreis Ebersberg. Auch für die einzelnen Kommunen lassen sich die wichtigsten Kennzahlen ablesen. Dabei offenbaren sich teils deutliche Unterschiede. Die höchsten Pro-Kopf-Emissionen im Jahr 2020 verzeichnet Anzing, mit 11,9 Tonnen, die niedrigsten Egmating, mit lediglich 3,7 Tonnen. Allerdings beinhalten Anzings 11,9 Tonnen den Verkehr der Bundesautobahn. Rechnet man diesen hinaus, sinkt die Belastung auf sechs Tonnen.

Auch der Anteil der erneuerbaren Energien am kommunalen Energieverbrauch fluktuiert stark. Mit Abstand am besten ist hier die Gemeinde Bruck aufgestellt, die 80,7 Prozent ihres Energieverbrauchs aus nachhaltigen Quellen bezieht. Schlusslicht bildetet Zorneding, dort sind es nur 6,2 Prozent.

300 Millionen Euro jährlich Einsparpotenzial

Insgesamt bleibt also noch viel zu tun, sowohl auf der Ebene des Landkreises, der Kommunen und auch privat. "Um langfristig ein lebenswertes Klima zu erhalten, müssen wir alle zusammenarbeiten und unseren Lebensstil spürbar verändern", schreibt Lisa Rütgers, Klimaschutzmanagerin des Landkreises in ihrem Vorwort. Zu einem klimafreundlicheren Leben zähle der regionale und ökologische Konsum, der größtmögliche Verzicht auf Tierprodukte und die häufigere Verwendung von Bus, Bahn und Fahrrad statt Auto und Flugzeug.

Es muss jedoch nicht immer Verzicht sein: Wie Landrat Robert Niedergesäß ausführt, kauft der Landkreis derzeit pro Jahr für 300 Millionen Euro Energie aus dem Ausland. Diese Summe könnte für Schulen, Parks und sonstige öffentliche Projekte zur Verfügung stehen, wenn die Abhängigkeit vom Ausland durch den Ausbau der erneuerbaren Energien aufgelöst würde.

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