Klimaschutz im Landkreis Ebersberg:Etwas Licht und viel Schatten

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Für die Energiewende im Landkreis Ebersberg schaut es aktuell düster aus. Ein Grund dafür ist das Stromnetz, das bisher nicht fit für die Zukunft ist. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Energieagentur hat einen Zwischenbericht darüber vorgelegt, wo der Landkreis Ebersberg in Sachen Klimaschutz steht. Einiges läuft bereits in die richtige Richtung, an vielen Stellen gibt es jedoch noch deutliches Verbesserungspotenzial.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Die Folgen des weltweiten Klimawandels sind anhand der steigenden Erderwärmung recht leicht ersichtlich. Einen Indikator dafür zu finden, wie gut die ergriffenen Gegenmaßnahmen wirken, gestaltet sich jedoch deutlich schwieriger. Der European Energy Award (eea) ist so ein Gradmesser, mit dem Kommunen überprüfen können, wie bei ihnen der Stand der Dinge in Sachen Klimaschutz ist. Seit Januar 2021 ist auch der Landkreis Ebersberg Teil dieses Programms, nun hat die Energieagentur einen Zwischenbericht vorgelegt. Daraus geht hervor, dass in der Region bisher 55 Prozent der möglichen Energie- und Klimaschutzmaßnahmen ausgeschöpft worden sind. "Es ist also noch Handlungsbedarf da", sagte Ruth Jürgensen in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses. Wo genau es Verbesserungspotenzial gibt, das hat die Mitarbeiterin der Energieagentur zusammen mit ihrer Kollegin Elisabeth Buchmann nun in einer 25 Seiten langen Analyse aufgeschlüsselt.

Der eea-Maßnahmenkatalog ist in sechs Bereiche aufgeteilt, anhand derer sich die Fortschritte beim Klimaschutz messen lassen. Dazu zählen Mobilität, kommunale Gebäude, Ver- und Entsorgung, interne Organisation, Entwicklungsplanung sowie Kommunikation/Kooperation. Besonders in den letzten beiden Kategorien schneidet der Landkreis Ebersberg recht gut ab. Bei der Kommunikation etwa ist das Potenzial bereits zu 76 Prozent ausgeschöpft. In dem Zwischenbericht wird dabei unter anderem das Beratungsangebot der Energieagentur mit zahlreichen Fachgesprächen und Bürgerdialogen hervorgehoben, aber auch das Bekenntnis zur Klimaschutzregion, die Teilnahme an der Wasserstoffmodellregion "HyBayern" oder die Aktion "Klimathon", bei der rund 1000 Landkreisbürger in 42 Tagen stolze 48 Tonnen CO₂ eingespart haben, schlagen positiv zu Buche. Verbesserungspotenzial sehen die Autorinnen dagegen in der stärkeren Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten oder dem Bestreben, gezielt nachhaltige Unternehmen in der Region anzusiedeln.

Der Landkreis Ebersberg hat deutschlandweit die höchste Dichte an Carsharing-Angeboten

Im Bereich der Entwicklungsplanung sind 60 Prozent der möglichen Maßnahmen umgesetzt, allem voran steht natürlich das vom Landkreis gesteckte Ziel, bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und endlichen Energieträgern zu sein. Ebenso positiv erwähnt werden die Mobilitätsplanung, das Teilraumkonzept Wind oder der digitale Energienutzungsplan, der auch konkrete Handlungsempfehlungen für die einzelnen Kommunen beinhaltet. Luft nach oben sehen Jürgensen und Buchmann etwa bei der Prüfung von Baugenehmigungen vor dem Hintergrund des Klimaschutzes sowie beim Abfallkonzept.

Viel ungenutztes Potenzial weist der Landkreis dagegen im Bereich der Mobilität auf, in dem bislang lediglich 39 Prozent ausgeschöpft sind. Dabei hat Ebersberg gerade hier ein echtes Ass im Ärmel, schließlich gibt es nirgends in Deutschland eine so hohe Dichte an Carsharing-Angeboten, wie hier. Den Autorinnen zufolge können über 80 Prozent der Landkreisbürger in ihren Gemeinden auf einen Leihwagen zugreifen. Auch der Beschluss des Kreistags, künftig bis zu fünf Brennstoffzellenbusse, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, in der Region einzusetzen, fällt positiv ins Gewicht. Dennoch sehen Jürgensen und Buchmann beim Umstieg auf alternative Antriebe im ÖPNV noch deutlichen Nachholbedarf. Ebenso was die Fahrradfreundlichkeit des Landkreises angeht, hier müsse vor allem die Sicherheit für Radler entlang von Straßen erhöht werden.

Das Windrad in Hamberg ist das bisher einzige im Landkreis Ebersberg. Die Energieagentur kritisiert, dass es mit dem Ausbau nicht schnell genug vorangeht. (Foto: Christian Endt)

Steigerungsbedarf besteht dem Zwischenbericht zufolge auch bei der energetischen Nutzung von Abfällen, wie dem Bereich "Ver- und Entsorgung" zu entnehmen ist, der erst zu 42 Prozent erfüllt ist. Positiv zu Buche schlägt hier neben dem gemeinsamen Kommunalunternehmen "Eberwerk" auch das Windenergieprojekt im Ebersberger Forst. Gleichzeitig kritisieren die Autorinnen aber, dass die Bemühungen um Windenergie im Landkreis noch intensiviert werden müssten. Um den Klimaschutz auch auf Verwaltungsebene voranzutreiben, fordern Jürgensen und Buchmann unter der Kategorie "Interne Organisation" mehr Fachpersonal am Landratsamt und die Etablierung eines dezentralen Klimaschutzmanagements. Positiv erwähnt werden die schrittweise Umstellung auf eine nachhaltige Beschaffung und die Klimaschutzschulungen für Mitarbeiter. Dennoch kommt auch dieser Bereich nur auf einen Erfüllungsgrad von mageren 39 Prozent.

Andere Kommunen schneiden in Sachen Klimaschutz deutlich besser ab

Etwas besser steht der Landkreis wiederum bei seinen kommunalen Gebäuden und Anlagen da. Besonders der stetige Ausbau von Photovoltaik sowie die Berücksichtigung energetischer Standards bei Neubau und Sanierung der eigenen Liegenschaften führt zu einer Potenzialausschöpfung von 47 Prozent. Kritik gibt es dagegen, weil immer noch viel Potenzial bei der Solarstromgewinnung ungenutzt ist und auch ein konkreter Sanierungsfahrplan mit dem Ziel von energetischen Verbesserungen für die kreiseigenen Gebäude fehlt.

Diese Mängelliste gilt es in den nächsten Jahren zu beheben - und das ist auch dringend notwendig. Denn im Vergleich zu anderen Landkreisen, die am eea-Programm beteiligt sind, schneidet Ebersberg bis auf die Kategorie "Kommunikation" weit unter Durchschnitt ab. Dass inzwischen genug geredet worden ist und nun endlich Taten folgen müssen, forderte auch Grünen-Kreisrat Thomas von Sarnowski, der sich bei der Finanzplanung für nächstes Jahr deutlich mehr Geld für den Klimaschutz wünschen würde. "Das Glas ist halb voll - aber es fehlt eben noch die Hälfte", sagte er über die derzeitige Potenzialausschöpfung im Landkreis.

Das Jahr 2030 rückt immer näher - auf den Landkreis wartet also noch eine Menge Arbeit

Auch Josef Oswald (CSU) sagte, es wäre schön, wenn der Landkreis mehr für den Klimaschutz tun könnte. "Aber je mehr wir machen, desto weniger machen die Kommunen", so der Glonner Bürgermeister, man müsse deshalb einen guten Mittelweg finden. Als "sehr erfreulich" bezeichnete derweil Franziska Hilger (CSU) den Zwischenbericht der Energieagentur. Dieser zeige gut, wo der Landkreis derzeit stehe. "Das ist auch für unsere Arbeit wichtig", so die Kreisrätin.

An Arbeit dürfte es den Gremien des Landkreises in nächster Zeit jedenfalls nicht mangeln. Nicht nur rückt das Jahr 2030, und damit der geplante Abschied von fossilen Energieträgern, in großen Schritten näher, auch strebt Ebersberg im kommenden Jahr die Auszeichnung mit dem European Energy Award an - zumindest in der Basisversion. Denn, wie es im Zwischenbericht der Energieagentur heißt: "Eine Auszeichnung mit dem eea-Gold erscheint noch nicht erreichbar."

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