Nachhaltigkeit:Poinger Unverpackt-Laden kurz vor der Eröffnung

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Marktleiterin Annika Krätschmer hat bereits früher in einem Unverpackt-Laden gearbeitet. (Foto: Christian Endt)

Am Samstag, 25. Juni, ist Premiere in der "Bunten Bohne". Tage davor führt Marktleiterin Annika Krätschmer durch die Räume.

Von Johanna Feckl, Poing

Dass der Poinger Marktplatz mit der Hausnummer 5A vor wenigen Monaten noch ein Sonnenstudio beherbergte, lässt sich mittlerweile nicht mehr erahnen. Stattdessen prangt gegenüber des Eingangs nun ein langer dunkler Tresen mit einer Kuchenauslage, links und rechts davon säumen 68 Lebensmittelspender, Regale und Stühle, Sideboards und Bänke den Raum. Noch herrscht Leere in den Auslagen und Regalen. Dafür wuseln allerlei Menschen durch den Raum: Da hämmern Christa Bauer-Germeier und Markus Brennhäußer an etwas herum, das später einmal ein Tisch werden soll. Drumherum warten ein paar Helfer - gleich geht die Hygieneschulung in der Arztpraxis gegenüber los. Währenddessen sitzen die beiden Mädchen Josefa und Linea auf einer ausladenden antiken Kommode und warten auf ihre Mutter Veronika Molin, die mit ihrem Geschwisterchen im Tragetuch gerade mit Annika Krätschmer spricht.

Josefa und Linea sind regelmäßig im Laden - sie sind die Töchter von Aufsichtsratsvorsitzenden Veronika Molin. (Foto: Christian Endt)

Die 31-jährige Krätschmer ist eigentlich andauernd im Gespräch. Immer wieder tritt jemand an sie heran: Wo soll dies hin? Wann wird jenes geliefert? Wer kommt morgen alles zum Helfen? Zusammen mit Tobias Fuchs wird Krätschmer den Poinger Unverpackt-Laden "Bunte Bohne" leiten - sie den Markt, er das Café. Nachdem im Februar 2020 in Zorneding ein Unverpackt-Laden eröffnete, ist die Poinger Initiative die zweite im Landkreis Ebersberg. An diesem Vormittag hat der 45-jährige Fuchs noch auswärts Termine, solange laufen die Fäden bei den Arbeiten im Laden allein in Krätschmers Händen zusammen.

Gut zwei Wochen vor Eröffnung wirkt sie gelassen - mittlerweile steht der große Tag kurz bevor: Am Samstag, den 25. Juni, öffnet die "Bunte Bohne" zugleich mit dem Poinger Straßenfest erstmals ihre Türen für Kundschaft sowie Kaffee- und Kuchenbegeisterte.

Nicht immer läuft alles nach Plan, aber für jedes Problem findet sich eine Lösung

Die Gelassenheit hat sich Krätschmer dennoch bewahrt, wenngleich nicht immer alles nach Plan läuft: Eigentlich stand einmal ein Eröffnungsdatum im Mai im Raum, dann Mitte Juni. Immer wieder ploppten kleine Probleme auf. Zum Beispiel die Lebensmittelspender: Dort sollen auch die Kaffeebohnen gelagert werden, die sich die Kundschaft nach Belieben abfüllen kann. Jedoch sind diese nicht luftdicht, was bei einer ordentlichen Kaffeelagerung jedoch der Fall sein sollte. "Eines der tollen Dinge an dem Projekt und unserem Team ist, dass immer jemand mit einer Lösung um die Ecke kommt", sagt Krätschmer. So auch hier: Selbstgebastelte Magnetabdeckungen schützen die Kaffeebohnen nun vor Sauerstoff.

Zwei Wochen vor Eröffnung waren noch nicht alle Elektrogeräte geliefert. (Foto: Christian Endt)

Bei Lieferschwierigkeiten schaut es schon etwas kniffliger aus mit Lösungen. Denn auch vor dem Unverpackt-Laden machten die weltweiten Engpässe gerade bei Elektrogeräten nicht Halt. Aber warum sich ernsthaft und lange über etwas ärgern, das man ohnehin nicht der Hand hat?

Poinger Unverpackt-Laden
:"Wir testen seit Monaten Produkte"

Wo früher ein Sonnenstudio war, soll in Poing demnächst der zweite Unverpackt-Laden im Landkreis Ebersberg öffnen. Maria Lindner und Annika Krätschmer sprechen vorab über den Umbau, ihr Sortiment und wie sie es auswählen.

Interview von Johanna Feckl

So wird wohl auch am Eröffnungstag noch nicht alles exakt so sein, wie es sich Krätschmer, Fuchs und der Rest der Genossenschaft ursprünglich gewünscht hatten. Das ist jedoch nicht schlimm. Denn wer sich eine Weile bei der "Bunte Bohne"-Riege aufhält und sie beim Werkeln, Organisieren und Ratschen beobachtet, der merkt: Hier geht es um etwas anderes, nämlich um das Ziel, einen nachhaltigen Laden zu schaffen, einen Ort, an dem umweltbewusste Menschen kaum Kompromisse eingehen müssen und dennoch kein Dogmatismus herrscht. Dazu braucht es keine Perfektion, sondern ein Team, bei dem sich jedes Mitglied mit der Fähigkeit einbringt, die ihm oder ihr am besten liegt. Eines, das kreativ und transparent zusammenarbeitet, bei dem alle an einem Strang ziehen. Genau das zeichnet die "Bunte Bohne" aus.

Beinahe alles im Laden ist gebraucht, selbst gebaut oder upgecycelt. So stammen einige der Stühle aus Wohnungsauflösungen, ein paar davon hat Krätschmer neu gepolstert. Ein Möbelstück im Non-Food-Bereich stammt von ihr, andere von Tobias Fuchs oder weiteren Teammitgliedern. Regelmäßig haben auch Leute aus Poing oder der Umgebung allerlei abgegeben: Kissen, Körbe, Behältnisse. Einige von ihnen gehören zu den 165 Mitgliedern der Genossenschaft, andere halfen einfach so.

Ein paar Sitzgelegenheiten aus Wohnungsauflösungen hat Annika Krätschmer selbst neu gepolstert. (Foto: Christian Endt)

Ganz ohne Verpackung geht es selbst in einem Unverpackt-Laden nicht. "Aber wir haben viel weniger", sagt Krätschmer. So bestellen sie ihre Waren in Großpackungen, der Inhalt kommt dann beispielsweise in Lebensmittelspender, aus denen die Kundschaft wiederum genau jene Menge in eigene Behältnisse abfüllen kann, die benötigt wird - also eine große Plastikverpackung für Rosinen anstatt vieler kleinerer für den Endverbraucher.

Auch für die Zeit nach der Eröffnung am kommenden Samstag mangelt es dem "Bunte Bohne"-Team nicht an Ideen. So soll im nächsten Jahr ein Onlineshop etabliert werden und noch in diesem Jahr ein Lieferservice für das von Tobi Fuchs selbstgemachte Gebäck aus dem Café.

Eröffnungsfeier mit Musik, Vorführungen und Verkostung am 25. Juni von 10 Uhr an, Marktplatz 5 A in Poing. Weitere Infos unter poing-unverpackt.de .

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