Morbus Bechterew, lateinisch Spondylitis ankylosans, ist eine chronische Erkrankung aus der rheumatischen Gruppe. Sie betrifft generell die Gelenke, aber das Kreuz-Dammbein-Gelenk und die Wirbelsäule ganz besonders: Die Wirbelgelenke entzünden sich, der obere Wirbel wächst nach unten, der untere nach oben. Günter Wagenbauer, Vorsitzender der Vereinigung Morbus Bechterew in Bayern, erklärt: "Stoßen oder reiben die verknöcherten Teile aneinander, nehmen die Betroffenen einen sehr starken Schmerz war. Instinktiv gehen sie in eine Schonhaltung und beugen sich nach vorne." Mit der Zeit entstehe deshalb ein runder Rücken. Im schlimmsten Fall versteife sich die Wirbelsäule komplett. Die Krankheit verläuft in Schüben. Laut Statistischem Landesamt sind 0,5 Prozent der Bevölkerung an Morbus Bechterew erkrankt. Das wären im Landkreis Ebersberg etwa 600 Menschen.
Wagenbauer selbst gehört glücklicherweise zu denjenigen Patienten, die mit den Symptomen eher geringere Probleme haben. "Mich zwickt's dann und wann, aber im Großen und Ganzen komme ich damit zurecht", sagt er. Doch auch er weiß, dass Morbus Bechterew nachts besonders schlimm sein kann: "Betroffene wachen oft vor Schmerz auf. Manche von uns rollen sich auf allen Vieren aus dem Bett, machen etwas Gymnastik oder spazieren durchs Haus. Nach einer Weile wird's dann besser, weil die Bewegung die vom Liegen verkrampften Muskeln entspannt. Dann können wir weiterschlafen."
Das sei generell ein sehr typisches Bechterew-Symptom: Der Schmerz verschwinde mit der Bewegung. Allerdings würden die Phasen gerade in der zweiten Nachthälfte kürzer. "Viele von uns haben deshalb das ganze Jahr über sehr kurze Nächte, nicht nur zur Sommersonnenwende. Das ist kein Spaß, glauben Sie mir", sagt Wagenbauer. Auch für die Angehörigen entstehe daraus eine echte Belastung, weil die Betroffenen tagsüber durchaus mal "stehend K.o." seien.
Doch kann man nicht einfach Medikamente gegen Morbus Bechterew nehmen? "Jein", sagt Wagenbauer. "Es gibt leider keine, die die Krankheit verhindern oder heilen." Die Symptome ließen sich mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln nur lindern. Doch auch wenn eine chronische Krankheit nie verschwinden wird: Mit der passenden Gymnastik, viel Sport und der richtigen Ernährung ließen sich die Symptome teilweise sehr weit hinauszögern, sagt der Markt Schwabener.
Das größte Problem aber ist laut Wagenbauer, dass vor allem viele junge Betroffene gar nicht wissen, dass sie an Morbus Bechterew erkrankt sind. "Üblicherweise treten die ersten Symptome zwischen 15 und 30 Jahren auf. Doch da halten es nur die wenigsten für möglich, dass sie an einer chronischen Krankheit leiden könnten. In dem Alter ist - und das meine ich überhaupt nicht vorwurfsvoll - anderes im Leben einfach wichtiger." Andererseits werde auch oft einfach die "Volkskrankheit Rücken" diagnostiziert. Wenn dann aber irgendwann nach sechs, sieben Jahren die Diagnose Bechterew gestellt werde, sei einiges an wertvoller Zeit verloren gegangen.
Deswegen machen Wagenbauer und sein Selbsthilfeverein nun, am Morgen nach der kürzesten Nacht des Jahres, mit einer besonderen Aktion auf die Krankheit und ihre schwerwiegenden Folgen aufmerksam: Am Mittwoch, 21. Juni, um 7.30 Uhr treffen sich Betroffene und Angehörige am Klosterseebad in Ebersberg zu einer speziellen Morgengymnastik. Das Motto lautet: "Der Sonne aufrecht entgegen!"
Bundesweiter Aktionstag "Kurze Nacht des Bechterew": Infostand am Dienstag, 20. Juni, ab 17 Uhr in der Ebersberger Altstadtpassage. Am Mittwoch, 21. Juni, um 7.30 Uhr Bechterew-Gymnastik am Klosterseebad in Ebersberg (nur bei trockener Witterung). Infos und Kontakt unter https://www.dvmb-by.de/wir/der-landesverband/ .