Hygienekontrollen:Schaben unterm Küchenherd

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Wenn alles so blinkt und blitzt wie in dieser Kantine, gibt es für die Kontrolleure auch keinen Grund zur Beanstandung. (Foto: Florian Peljak)

Die Lebensmittelkontrolleure des Ebersberger Landratsamts schauen in den Gaststätten und Betrieben im Landkreis genau hin - irgendwas gibt es fast immer zu beanstanden. Im vergangenen Jahr wurde einmal sogar ein Bußgeld von 4000 Euro verhängt.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Bei den Gästen kam das Lokal gut an: "Das Essen war super lecker und aus frischen und gesunden Zutaten zubereitet", schreibt eine Besucherin in einem Bewertungsportal im Internet. Ein Blick hinter die Kulissen freilich ließ zweifeln, ob alles, was aus dieser Münchner Küche kam, wirklich so frisch und gesund war: Nagerkot, Kakerlaken und "schimmelähnliche Anhaftungen" monierten die Kontrolleure bei ihrer Überprüfung - die Wirtin hat dafür einen Strafbefehl erhalten, wie kürzlich bekannt wurde. Doch so selten, wie man das als Besucher hoffen möchte, sind Hygienemängel in Gaststätten und ähnlichen Betrieben gar nicht - das zeigen auch die Erfahrungen der Lebensmittelkontrolleure im Landkreis Ebersberg.

Auch hier stoßen die Fachleute aus dem Landratsamt immer wieder auf Zustände, die einem den Appetit verderben können. 500 Kontrollen fanden laut Auskunft der Behörde in diesem Jahr bereits statt - und bei fast allen wurden laut Landratsamt irgendwelche Mängel festgestellt. Nicht immer geht es dabei um hygienische Defizite: Bisweilen werden auch einfache Dokumentationsmängel oder "das Betreiben zulassungspflichtiger Tätigkeiten ohne Zulassung" moniert, wie das Landratsamt informiert.

Auch Betriebsschließungen wegen Hygienemängeln kommen bisweilen vor

Doch Schaben, Mäuse oder andere Schädlinge haben die Kontrolleure durchaus auch schon in Gaststätten im Landkreis gefunden, ebenso wie Schimmelbefall. Manchmal ist es dann mit Anordnungen zur Reinigung oder Instandsetzung nicht mehr getan. Im Jahr 2022 etwa verhängte das Landratsamt in einem Fall eine Geldbuße von 4000 Euro. "Diese Geldbuße traf einen Gastwirt, dessen Betrieb zum wiederholten Male wegen massiver Verunreinigungen aufgefallen war", so eine Sprecherin des Landratsamts. Auch Betriebsschließungen wegen Hygienemängeln kommen gelegentlich vor, "die Fälle pro Jahr liegen im unteren einstelligen Bereich", heißt es aus dem Landratsamt.

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Insbesondere in den Fällen, wo in einer Wirtschaft - oder beispielsweise einer Bäckerei, Metzgerei oder Kantine, denn auch für diese Bereiche sind die Kontrolleure zuständig - mehrmals hintereinander Verstöße festgestellt wurden, schauen die Kontrolleure genau hin - und werden zunehmend strenger: "Bei Wiederholungsfällen kann der Unternehmer seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit verlieren. Ihm droht dann eine Gewerbeuntersagung beziehungsweise bei Gastwirten der Entzug ihrer Konzession. Wiederholte Verstöße lassen zudem häufig auf Vorsatz schließen und sind dann mitunter strafbewehrt. In solchen Fällen wird Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt", erklärt die Behördensprecherin.

Die Kontrolleure sind für annähernd 2500 Betriebe zuständig

Oft werden die Kontrolleure aufgrund von Hinweisen tätig, deshalb gelingt es laut Landratsamt auch nicht immer, alle vorgeschriebenen Plankontrollen innerhalb des vorgesehenen Zeitraums abzuarbeiten. Denn die Zahl der Betriebe, auf die die Kontrolleure ein Auge haben sollen, ist sehr groß, auf annähernd 2500 beziffert sie die Landratsamtssprecherin. Der Überwachung unterliegen alle Betriebe, die Lebensmittel herstellen, be- oder erarbeiten oder vertreiben wie Gaststätten, Kantinen, Discounter, Bäckereien, Metzgereien, Gärtnereien, Imkereien, Eishersteller, Röstereien, Getränkemärkte, Direktvermarkter und vieles mehr. Hinzu kommt die Überwachung von Mitteln zum Tätowieren, Kosmetika und Bedarfsgegenständen. Allein 266 Speisegaststätten, 25 Schankwirtschaften und 109 Imbisse sind derzeit im Landkreis registriert. Da müssen die Kontrolleure Prioritäten setzen: Vorrangig kontrolliert werden Betriebe, die sensible Lebensmittel verarbeiten, sowie Betriebe, die besonders empfindliche Personengruppen bedienen, etwa Küchen in Seniorenheimen und Kitas.

Zudem ist momentan eine Planstelle im Viererteam unbesetzt, voraussichtlich im Herbst soll die Lücke wieder gefüllt werden. Schon in der Vergangenheit hatte der Bereich Lebensmittelüberwachung immer wieder mit Personalmangel zu kämpfen, Ende 2018 war es aber endlich gelungen, die seit längerem vakante vierte Stelle wieder zu besetzen. Um die 1000 Kontrollen gibt es seitdem jährlich: 2018 waren es 988, 2019 1296 und 2022 1038 - die Zahlen der Jahre 2020 und 2021 sind aufgrund von Corona nicht repräsentativ, wie das Landratsamt mitteilt.

Bei "Topf Secret" kann man Kontrollberichte einsehen

Gäste, die den Verdacht haben, dass bei einem Restaurant Hygienemängel bestehen, haben übrigens das Recht, Kontrollberichte einzusehen. Nach dem Verbraucherinformationsgesetz muss eine Behörde innerhalb von einem Monat die Anfrage beantworten. Die Frist könne bei außergewöhnlichem Aufwand auf zwei Monate verlängert werden, wie Arne Semsrott, Projektleiter des Informationsportals FragDenStaat, erläutert, das auch für die Kampagne "Topf Secret" zuständig ist. Sie ermöglicht es Verbrauchern, entsprechende Anfragen schnell und unkompliziert online zu stellen.

Eine Karte im Internet zeigt, für welche Betriebe bereits Anfragen gestellt oder beantwortet wurden, auch Kontrollberichte sind dort veröffentlicht. Für den Landkreis Ebersberg sind dort aber vergleichsweise wenig Informationen zu finden. Das liegt nach Angaben des Landratsamts aber nicht daran, dass man keine Auskunft erteilt. Wenn eine Anfrage über "Topf Secret" eingegangen sei, erfolge die weitere Kommunikation direkt mit dem Antragsteller oder der Antragstellerin und nicht mehr über das Portal: "Andere Internetuser sehen das Ergebnis des Verfahrens daher nicht."

Wünschenswert wäre nach Überzeugung von Arne Semsrott aber eher mehr Transparenz: "Topf Secret hat das überwältigende öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung der Kontrollberichte gezeigt. Das Ziel ist aber nicht, ewig Anfragen zu ermöglichen, sondern den Staat dazu zu bringen, die Ergebnisse der Hygienekontrollen von sich aus zu veröffentlichen. In Berlin ist das als Reaktion auf Topf Secret seit Anfang des Jahres per Gesetz verpflichtend - Bayern muss mit der neuen Regierung endlich auch nachziehen und Transparenz schaffen."

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