Über den Biohof Lenz tönt konstant ein vielstimmiges und abwechslungsreiches Vogelgezwitscher. Schwalben fliegen aus ihren Nestern unter dem Dach, sogar ein Mauersegler lässt sich blicken. Obwohl es bereits sechs Uhr abends ist, scheint die Sonne noch heiß auf den Hof herab.
Die Kreisgruppe Ebersberg des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) hat hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) zum Betrieb von Franz Lenz junior in Zorneding eingeladen. 20 neugierige Gäste haben sich eingefunden, um von dem Biobauern zu erfahren, wie Landwirtschaft zum Arten- und Naturschutz beitragen kann. "Wichtig ist, dass man miteinander und nicht übereinander spricht", so Benedikt Sommer, Erster Vorsitzender des LBV Ebersberg.
Das Vereinbaren von ökologischer und ökonomischer Landwirtschaft
Franz Lenz bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie insgesamt 90 Hektar Land. Dabei bauen sie zum einen Feldfrüchte wie Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte an, doch auch Kühe für die Fleischproduktion sind auf dem Hof zu finden. Neben den Flächen um Zorneding unterhält er noch eine Ausgleichsfläche bei Parsdorf. Hier sollen sich Lerchen und andere bedrohte Vogelarten ansiedeln, weswegen das Gebiet nur eingeschränkt genutzt werden darf. Lenz möchte auch dort beweisen, dass Landwirtschaft und Artenschutz vereinbar sind.
Der Biohof Lenz arbeitet schon seit vielen Jahren mit dem LBV zusammen. So wurden vor Ort verschiedene Nisthilfen und Vogelkästen angebracht. In diesem leben Spatzen und Falken, außerdem fliegen auffällig viele Schwalben über den Hof, ihre Nester befinden sich unter dem Dach. Doch auch die Vogelhilfe ist nicht ohne Herausforderung. So benötigen die Schwalben für ihre Nester feuchtes Baumaterial, vor ein paar Jahren fielen sie wegen der Trockenheit sogar von der Wand.
Auch darüber hinaus versucht Lenz dem Artenschutz zu helfen. So sind auf dem Hof hohes, nicht gemähtes Gras und Haufen mit Baumaterialien zu sehen. Dies hilft den Insekten und Vögeln. Auch die Ausscheidungen der Kühe spielen hier eine große Rolle. So könne eine Tonne Kot 100 Kilogramm Insekten ernähren, welche wiederum zehn Kilogramm Kleinvögel und diese dann letztlich ein Kilogramm Großvögel ernähren würden. Kot, Insekten und Vögel, das gehöre für Lenz zusammen.
Lenz führt die Gruppe an den Rand seines Feldes. Hier stehen fast 30 Kühe und Kälber auf einer zehn Hektar großen Weide. Früher hätten in der Kulturlandschaft noch weit mehr Bäume und Büsche gestanden als heutzutage. Deswegen hat er hier zusammen mit dem Besitzer des Nachbarfeldes eine drei Meter breite Hecke gepflanzt. Diese bildet einen wertvollen Rückzugsort für Vögel und Insekten, sogar ein Fasan hat hier schon gelebt. Allerdings bedeutet das Gebüsch auch Nachteile für die Bauern. Es bedeutet viel Arbeit, muss gepflegt werden und reduziert die landwirtschaftliche Nutzfläche.
Dies ist nur eine von vielen ökonomischen und behördlichen Hürden, welche für eine ökologischere Landwirtschaft überwunden werden müssen. Doch es gibt für Lenz auch weitere Herausforderungen. Sein Hof, der an einer viel befahrenen Straße liegt, erhält häufig anonyme Anzeigen beim Veterinäramt. "Wenn es draußen heiß ist, beschweren sich Leute, dass die Tiere nicht auf der Weide stehen sollen. Hole ich sie in den Stall, wird dort die angeblich zu hohe Menge an Kot beanstandet." Am meisten störe ihn dabei, dass die Leute nicht erst persönlich mit ihm sprechen würden, damit er ihnen seine Arbeit erklären könne.
Die Landwirtschaft spürt den Klimawandel mit als erstes
Doch im Moment macht sich Lenz vor allem große Sorgen wegen der Dürre. Die Situation ist für den Landwirt durchaus dramatisch. Wegen der Wasserknappheit ist die Weide zu trocken, viele Rinder stehen im schattigen Stall und fressen bereits das Heu für den nächsten Winter. Außerdem wird dieses Jahr vermutlich auch der größte Teil der Sommerernte ausfallen, was die Futterknappheit weiter erhöht und die wirtschaftliche Situation zusätzlich erschwert. Draußen wird diese Tatsache überdeutlich. Die Felder von Lenz und seinen Nachbarn sind alle gelblich verfärbt, nur hier und da sind noch einige grüne Flecken erhalten geblieben. Die Dürren würden immer häufiger auftreten. In solchen Zeiten mache er sich Sorgen um die Zukunft seines Hofes, den sein Sohn einmal übernehmen soll.
Lenz führt aus, dass Landwirte die gegenwärtigen Umwelt- und Klimaveränderungen als Erstes bemerken würden und auch selbst davon stark betroffen seien. Er ist davon überzeugt, dass Klima- und Umweltschutz nur dann funktionieren könne, wenn alle an einem Strang ziehen. Auch die Bäuerinnen und Bauern würden nicht alles richtig machen, doch passe es nicht zusammen, dass häufig vor allem über sie diskutiert werde, während Fußball- und Golfplätze oft auch im Hochsommer bewässert werden und Privathaushalte in ihrem Garten unreguliert Pflanzenschutzmittel verwenden.
Zum Schluss argumentiert Benedikt Sommer vom LBV, dass Landwirte ein natürliches Interesse an Nachhaltigkeit hätten, da sie ihre Höfe oft an ihre Kinder weitergeben würden und dabei keine "verbrannte Erde" hinterlassen wollten. Auch Lenz zeigt sich offen für weitere Zusammenarbeit: "Es gibt viel zu verbessern, auch bei den Bauern", doch oft fehle das Fachwissen über effektive Umweltschutzmaßnahmen, weshalb er und viele Kolleginnen und Kollegen offen für Kooperationen mit Naturschutzverbänden seien. Nachhaltiger Umweltschutz gehe eben nur mit- und nicht gegeneinander.