Öffentliche Einrichtungen im Landkreis Ebersberg:Frieren auf der Yogamatte

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Ein Pekip-Kurs im Ebersberger Haus der Familie im Sommer 2020. Die steigenden Energiekosten werden auch die Familienbildungseinrichtungen treffen. (Foto: Christian Endt)

Zeitschaltuhren in den Waschräumen, Umrüstung auf LED: Wie Familienzentren und Bildungseinrichtungen im Landkreis mit den explodierenden Energiepreisen umgehen.

Von Vera Koschinski, Ebersberg

Das erste Septemberwochenende, an dem der Regen die ein oder anderen Wochenendpläne hinweggespült hat, hat einen ersten Vorgeschmack auf eine fast schon vergessene Winterkälte mit sich gebracht. Die Kälte der ungeheizten Bodenfliesen wird in einigen Wochen nicht mehr zu erfrischenden Abkühlungen, sondern naselaufenden Erkältungen führen. Dass die winterliche Kälte dieses Jahr nur bedingt ausgesperrt werden und stattdessen durch die ein oder anderen Büroflure kriechen wird, hat die Bundesregierung mit ihrem Energiesparplan am 24. August bekanntgegeben. Doch nicht nur Unternehmen, sondern auch soziale Einrichtungen dürften ab Herbstbeginn mit den neuen Maßnahmen zu kämpfen haben.

Susanne Knott, Vorstandsvorsitzende des Familienzentrums in Poing. (Foto: Christian Endt)

Als Vorstandsvorsitzende des Familienzentrums in Poing blickt Susanne Knott der bevorstehenden Preiserhöhung vor allem mit großer Ungewissheit entgegen. Als Mieterin der Räumlichkeiten, die sie in Poing für die Angebote des Familienzentrums wie die Kinderbetreuung "Miniclub" oder ein vielfältiges Kursangebot nutzt, kann sie nur bedingt Einfluss auf die Senkung der Nebenkosten nehmen. Licht und Heizung werden in den meisten Räumlichkeiten über Bewegungssensoren gesteuert, die zur Anpassung an die Energiesparmaßnahmen umprogrammiert werden müssten. Die Kostenerhöhung, die der ehrenamtlich geführte Verein bereits zu stemmen hat, ist für Susanne Knott momentan noch nicht abschätzbar. Umso schwerer fällt es dem Familienzentrum, auf die Energiesparpläne mit effektiven Maßnahmen zu reagieren.

In vielen Einrichtungen arbeitet man schon seit längerem an Energiesparprogrammen

Hubert Schulze, der Vorsitzende des katholischen Kreisbildungswerks in Ebersberg sieht eine effektive Maßnahme vor allem in der Verwendung erneuerbarer Energien. Im Rahmen der Umweltdebatte wurden die Räumlichkeiten des Kreisbildungswerks bereits energiesparsam, beispielsweise durch LED-Lampen, ausgestattet. "Es gilt, einen Weg zu finden, mit dem wir die kurzfristige Kostenerhöhung langfristig decken können."

Hubert Schulze, Vorsitzender des katholischen Kreisbildungswerks in Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch bei gerade mal einem Windrad im Landkreis ist der anstehende Energieengpass auch für die Volkshochschule (VHS) in Vaterstetten nicht weiter verwunderlich. Deswegen setzt auch Geschäftsführer Helmut Ertel auf eine energiesparende Ausstattung der Räumlichkeiten. Auch wenn die anstehende Anbringung von LED zwar kurzfristig eine große Investition werde, wird diese sich langfristig angesichts der steigenden Nebenkosten finanziell schnell rentieren. Darüber hinaus hat die Volkshochschule Vaterstetten ihre Räumlichkeiten bereits vor der Sommerpause mit Zeitschaltuhren versehen lassen, welche die Beleuchtung über Bewegungssensoren automatisch auf das Nötigste reduzieren können. Denn neben der Energieknappheit trage vor allem das undisziplinierte Verhalten der Besucher und Mitarbeiter, die gerne mal das Licht im Badezimmer oder die Heizung in unbenutzten Räumlichkeiten anlassen, zur erhöhten Nebenkostenabrechnung für die VHS bei.

Helmut Ertel und sein Team haben viel zu tun, um die VHS trotzdem am Laufen zu halten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Kosten auf die Teilnehmer und Besucher abzuwälzen, kommt jedoch für keine der Einrichtungen in Frage. Das würde dem Sinn der gemeinnützigen Unternehmen vollkommen zuwiderlaufen, meint Susanne Knott, denn diese seien von der Energiekrise ebenso betroffen wie die Einrichtungen selbst. Für Helmut Ertel kommen Bedenken hinzu, dass auch auf einige Kursangebote seitens der Besucher aus finanziellen sowie körperlichen Gründen verzichtet werden könnte. Arbeiten bei einer Raumtemperatur von 19 Grad sei noch in Ordnung, "aber bei 19 Grad will man sich als Besucher ungern auf eine Yogamatte legen". Hubert Schulze hofft aus den gleichen Überlegungen heraus, dass seine Besucher auf jeden Fall bei den kürzeren Programmangeboten die Kälte in Kauf nehmen.

Gefordert wird ein finanzieller Rettungsschirm wie während der Pandemie

Vom Staat und vom Landkreis wünschen sich sowohl das Familienzentrum in Poing, als auch die Volkhochschule in Vaterstetten auch während der nächsten anstehenden Krise bei Bedarf Unterstützung. Gerade im Winter, in der dunklen Jahreszeit, in der die Menschen sowieso viel häufiger in sozialen Einrichtungen Zuflucht vor dem Alleinsein suchen, will Susanne Knott eine wiederholte Einschränkung des sozialen Angebots nicht hinnehmen. Für die VHS in Vaterstetten ist, wie Ertel unterstreicht, eine effiziente, unbürokratische Finanzhilfe für die Einrichtung wünschenswert, allerdings nur abgestimmt mit dem aktuellen Bedarf. Eine finanzielle Entlastung mittels steuerlicher Maßnahmen hingegen würde die Einrichtungen erst viel zu spät entlasten. Anstatt "mit der Gießkanne etwas in die Welt zu schütten", würde Helmut Ertel von einer individuellen Abdeckung der Mehrkosten profitieren können, wie es durch den Rettungsschirm während der Pandemie der Fall gewesen sei. Doch auch wenn man finanzielle Hilfen der Regierung in Anspruch nehmen würde, läge in diesen wohl kaum ein nachhaltiger Lösungsweg.

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