Junge Kunst im Landkreis Ebersberg:Feuerwerk der Ideen

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Starke Gefühle in starken Farben: Joris Kappes mit seinen "Monstern". Die Ausstellung war zu sehen beim Kunstverein Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

34 Kinder und Jugendliche haben sich heuer am Jugendkulturpreis beteiligt. Nicht nur die Gewinner lassen den Betrachter staunen, lachen und grübeln.

Von Anja Blum, Ebersberg

Malerei, Collagen, Installationen, Videos und sogar Spiele: Beim Jugendkulturpreis des Landkreises Ebersberg sind alle Genres der Bildenden Kunst erlaubt - und auch diesmal haben die Kinder und Jugendlichen von dieser Freiheit regen Gebrauch gemacht. So lassen sie den Betrachter staunen über ihre Fähigkeiten, lachen über so manch witzigen Einfall, nachdenken über ernste Botschaften und manchmal sogar noch etwas lernen.

Warum klopft der Hase eigentlich mit seinen Hinterläufen auf den Boden? Ach ja, zur Verteidigung, er möchte gefährlich wirken. Und wie laut kann das Klopfen sein? 64 Dezibel, das ist lauter als die Geräuschkulisse in einer normalen Wohnung. Zu entnehmen sind Fakten wie diese einer bunten, liebevoll gestalteten Infothek der achtjährigen Pia über Tiergeräusche.

Das Thema des Jugendkulturpreises, jährlich ausgeschrieben vom Ebersberg Kreisjugendring (KJR), lautete diesmal nämlich "Hauptsache laut!". Da kann man natürlich an Party denken, an Sirenen oder Rockmusik. Der achtjährige Alexandros zum Beispiel hat ein ACDC-Konzert gemalt - ein Bild, das die Energie und Lautstärke eines solchen Events bestens transportiert.

Hauptsache laut: Der achtjährige Alexandros hat ein Rockkonzert gemalt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch wie in den vergangenen Jahren schon beweisen viele Kinder und Jugendliche mit ihren Werken, dass sie teils sehr kritisch und politisch denken, dass sie Bescheid wissen über die vielen Probleme unserer Welt - und aufrufen wollen zu deren Überwindung. So weisen Valentin, sieben Jahre jung, und Lilly, elf, extra darauf hin, dass ein Feuerwerk an sich natürlich umweltschädlich sei. Jenes, dass sie gemeinsam auf Papier gebannt haben, sei aber trotzdem "gut". Und eine der Preisträgerinnen schreibt: "Kunst wird so lange politisch sein, bis es kein Unrecht mehr auf dieser Welt gibt."

Insgesamt wurden heuer 34 Werke eingereicht, das sind deutlich weniger als 2023. Zum Thema "Nachts wach" zählte der KJR damals nämlich mehr als 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. "Inzwischen bitten wir aber Schulklassen, ihre Arbeiten nicht einzeln abzugeben, sondern als ein gemeinsames Werk", erklärt Philipp Spiegelsberger vom KJR. Auch deswegen sei die Zahl heuer niedriger.

Bewertet wurde in drei Kategorien: nach Gruppen- und Einzelarbeiten sowie letztere nochmal nach Alter, nämlich sechs bis elf Jahre und zwölf bis 18 Jahre. In diesen beiden Gruppen vergab die Jury jeweils fünf Preise. "Und viele Entscheidungen waren krass knapp", sagt Jules Jocher vom KJR. Bei den Gruppen indes gab es nur einen Gewinner, nämlich die Siebtklässler des Landschulheims Elkofen. Unter dem Titel "Wenn Hass laut ist, müssen die Guten lauter sein" haben die Jugendlichen drei Collagen mit gemalten Elementen gestaltet.

Schülerinnen und Schüler des Landschulheims Elkofen finden: "Wenn Hass laut ist, müssen die Guten lauter sein". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das erste Bild erzählt in Grautönen von Krieg, Rassismus und dem daraus resultierenden Gefühl, "klein, traurig und stumm" zu sein. Das zweite Bild zeigt ein großes, rotes Fragezeichen und einen QR-Code. Über diesen gelangt man zu einem Song der Black Eyed Peas, die fragen "Where is the Love?". Und auf dem dritten Bild hält ein junger Mann ein Megafon in der Hand, aus dem in großen Lettern das Wort "Love" schallt. Es ist so gewaltig, dass es sogar über den Rahmen hinausreicht.

Platz eins in der Kategorie der Jüngeren belegte Joris Kappes. Der Zehnjährige hat mit Filzstift mehrere Comic-hafte "Monster" kreiert, die jeweils speziellen Empfindungen wie Wut, Angst oder Hunger zugeordnet sind. Insgesamt ist das Werk ein Set von sechs Karten, die durch strahlende Farbigkeit, eine elegante Haptik und viele spannende Details bestechen. Eine Wiederholungstäterin im positiven Sinne ist Marie Sieben, inzwischen neun Jahre alt. Diesmal konnte sie den zweiten Platz erreichen, und zwar mit einem sehr vielseitigen Werk: Es erzählt vom Maulwurf Noah, der seine Ruhe gestört sieht und deshalb "die Schnauze voll" hat. Dazu hat Marie erstens ein großes Stadt-Diorama geschaffen, zweitens ein Bilderbuch und drittens ein Video mit Sounds. Dieses kreative Engagement überzeugte offenbar auch das Publikum, es kürte Maries Werk zu seinem Favoriten.

Marie Sieben erzählt die Geschichte des kleinen Maulwurfs Noah - hier ganz links im Bild. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit einem chinesischen "Drachen" hat es Qihan Lena Zhu, acht Jahre, auf Platz drei geschafft. Der Jury gefiel die farbige Gestaltung des Bildes und seine Dynamik: Das majestätische Tier fauche und brülle den Betrachter richtiggehend an, während es in den Raum hineinzufliegen scheine. Ausgesprochen interaktiv wird es dann bei Lea Chevalier, die Achtjährige landete mit ihrer "Lauten Parkscheibe" auf Platz vier. Die Installation aus Holz ist ein Ratespiel: Man muss vier Instrumente nach Lautstärke ordnen, die Parkscheibe verrät dann, ob man richtig liegt - und dass zum Beispiel die Flöte so laut ist wie eine Kreissäge und somit lauter als das Klavier. Zum Spielen lädt aber auch der siebenjährige Simon Gothe ein, er belegte den fünften Platz mit einer "Lego-Ninjago-Murmelbahn. An deren Ende saust die Kugel aus einem Tornado und landet mit einem ordentlichen Scheppern in einer Metalldose.

Joshua Chevalier präsentiert stolz seinen "Spieluhr-Leierkasten". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Noch jung ist der Gewinner der Kategorie der Älteren: Der gerade mal zwölfjährige Joschua Chevalier hat die Jury mit einem "Spieluhr-Leierkasten" überzeugt, einer so liebevoll gebauten wie witzigen Installation. Im Inneren eines roten Holzkastens sind drei Spieluhren samt Motoren verbaut, die der Betrachter per Knopfdruck in Gang setzen kann. Das Besondere aber ist, dass der junge Künstler die Spieluhren auf unterschiedlichen Klangkörpern angebracht hat: auf Schaumstoff, auf einem Holzblock und auf einem Metallgehäuse. So erfährt man ganz spielerisch, wie etwas eigentlich sehr Leises durch gewisse Materialien plötzlich verstärkt werden kann.

Platz zwei hat die Jury gleich zwei Mal vergeben. Zum einen an Alica Bähr, die beim Jugendkulturpreis bereits öfter zu überzeugen wusste. Auch heuer liefert sie eine politisch motiviertes, technisch beeindruckendes Gemälde. Es zeigt einen Düsenflieger vor einem romantischen Sonnenuntergang, ein bedrückendes Thema wird also konterkariert von einer schönen Optik. Dazu stellt die 17-Jährige ein Poem des palästinensischen Dichters Marwan Makhoul: "Damit ich Gedichte schreiben kann, die nicht politisch sind, muss ich den Vögeln zuhören, und um die Vögel zu hören, müssen die Kampfflugzeuge schweigen."

Kampfjet vor Sonnenuntergang: Laut Alica Bähr muss Kunst politisch sein, solange es Unrecht gibt auf der Welt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht weniger engagiert ist der Beitrag von Marla Hantschel, ebenfalls 17 Jahre alt und mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Sie hat einen Poetry-Slam eingereicht, beziehungsweise ein fesselndes Video davon. Leise und flehentlich fängt die Künstlerin an zu klagen über all den Hass in der Welt, nur um dann, immer lauter werdend, ihr Publikum einzuschwören auf Zusammenhalt und Frieden.

Eher humorvoll kommt dagegen das farbenfrohe Gemälde von Lena Medve auf Platz vier daher: Die 18-Jährige zeigt zwei Tiger beim Partymachen. Die Augen wie beim Lachen zusammengekniffen, halten die beiden Raubkatzen jeweils einen Cocktail in den Pfoten, wobei ihre gewaltigen Reißzähne in absurdem Kontrast zu den zarten Gläsern stehen. Eine "Collage mit schreiender Malerei" hat Aleksandra Bichler den fünften Platz beschert. In der Mitte hat die 16-Jährige einen schreienden, nackten Menschen, seine Hände fassen an den Kopf. Das Porträt ist schön gestaltet und korrespondiert farblich gut mit dem Hintergrund - in dem ansonsten ein schwer zu entschlüsselndes Chaos herrscht. Vermutlich soll es jene Gedanken und Eindrücke darstellen, die den Protagonisten des Bildes quälen. Ein lautes, undurchdringliches Rauschen.

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