Die Rückkehr des Freistaates zum neunstufigen Gymnasium könnte den Ausbau der Bildungslandschaft in Ebersberg auf unbestimmte Zeit verzögern. Dieses Fazit lässt sich aus dem ersten Zwischenbericht der neuen Arbeitsgruppe Schulneubauten ziehen, der nun im zuständigen Ausschuss des Kreistages vorgestellt wurde. Demnach könnte die durch die zusätzliche Jahrgangsstufe nötig gewordene Erweiterung des Kirchseeoner Gymnasiums so viele Ressourcen binden, dass die geplante Berufsschule in Grafing und das in Poing vorgesehene fünfte Gymnasium des Kreises weiterhin auf der Warteliste bleiben.
Zwei Zahlen sind es, die den Investitionsfahrplan für kreiseigene Schulen aktuell bestimmen: 22 und 2026. Ersteres sind die Millionen von Euro, die nach erster vorsichtiger Schätzung für die Aufstockung des 2008 eröffneten und für nur acht Jahrgangsstufen geplante Kirchseeoner Gymnasium nötig sind. Letzteres bezeichnet das Jahr, bis zu dem die Erweiterung fertig sein muss, weil ansonsten der Platz nicht mehr ausreicht. Dies liegt neben G9 auch daran, dass die Schule ursprünglich vierzügig ausgelegt war, inzwischen, so Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nun in der Sitzung, gehe man von regulär sechs Parallelklassen aus - also insgesamt 54.
In der Anfang März eingerichteten Arbeitsgruppe Schulbauten geht es laut Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales im Landratsamt, auch darum, Möglichkeiten zu finden, wie sich die Kosten für den Ausbau reduzieren lassen. So soll etwa das Raumprogramm noch einmal genauer untersucht werden, dazu will man unter anderem Fachleute für Baufragen, für Pädagogik, aber auch für IT hinzuziehen.
Allerdings, das machte Keller auf Nachfrage von Franz Greithanner (Grüne) klar, gebe es zur Erweiterung bis 2026 zumindest nach aktuellem Stand keine Ausweichoption. Man habe zwar schon nach geeigneten Räumen in der Umgebung gesucht, beispielsweise bei den beiden Nachbarn, dem Awo-Altenheim und dem Berufsförderungswerk, doch entweder seien diese ungeeignet oder nicht in genügendem Umfang verfügbar.
Auch bei den beiden Schulneubauten, die seit Herbst 2020 auf der Warteliste stehen, soll die Arbeitsgruppe Ideen zur Kostenreduzierung erarbeiten. Schließlich werden nach Schätzungen aus dem vergangenen Jahr beide Bildungseinrichtungen, die Grafinger Berufsschule und das Poinger Gymnasium, je um die 100 Millionen Euro kosten. Dass man hier billiger wegkommt, wenn die Schulen "in abgespeckter Form" erstellt werden, wie einige im Kreistag gefordert hatten, "halte ich für unwahrscheinlich", sagte der Landrat.
Möglicherweise könne man aber über das Vergabeverfahren Geld sparen, so Keller, dazu soll in einer der kommenden Sitzungen der Arbeitsgruppe ein Experte eingeladen werden. Konkret geht es um die sogenannte "funktionale Leistungsbeschreibung". Dabei macht der Bauherr, also in diesem Fall der Landkreis, nur sehr eingeschränkt Vorgaben, wie eine Aufgabe umzusetzen ist. Im konkreten Fall könnte diese etwa lauten, einen Erweiterungsbau mit einer gewissen Zahl an Räumen zu erstellen, ohne Details wie etwa Bauweise oder Gestaltung vorzugeben.
Ebenfalls denkbar wäre eine Planung mit fixem Kostendeckel, also unter der Prämisse: "Wie viel Schule gibt es für welchen Betrag?", so Keller. Auch zu überlegen sei, ob man etwa - im Fall der Berufsschule - eine Tiefgarage brauche, oder wie aufwändig die Haustechnik ausfallen müsse. Beim Gymnasium Poing sei außerdem noch abzuwägen, wie groß es wirklich sein muss. Hintergrund sind mögliche Verschiebungen bei den Schülerzahlen durch das voraussichtlich im Herbst 2026 öffnende Gymnasium Aschheim.
Es gibt Überlegungen, dass das Poinger Gymnasium eine private Trägerschaft bekommt
Außerdem prüfe man derzeit, ob der Landkreis das Gymnasium selber bauen und betreiben muss, oder ob sich dafür ein privater Träger finden lässt. Dieser bekäme das mittlerweile kreiseigene Schulgrundstück zur Verfügung gestellt. Allerdings, so Keller auf Nachfrage, stünden diese Überlegungen noch sehr am Anfang. Aktuell suche man für die Arbeitsgruppe noch einen Experten für Privatschulbauten, um das Thema genauer zu untersuchen.
Was die Frage angeht, ob beide neuen Schulen auf der Warteliste bleiben, oder ob zumindest eine davon in die Umsetzung gehen kann - und unter welchen Bedingungen -, das soll in knapp einem halben Jahr feststehen. Im Oktober, also pünktlich zur Haushaltsberatung für 2024, wird die Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht samt Empfehlung an den Kreistag vorlegen.