Amtsgericht Ebersberg:Teure Batterien

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Weil er in einem Laden ein Päckchen Batterien gestohlen hat, muss ein 79-Jähriger eine hohe Geldstrafe zahlen. (Foto: Imago)

Ein 79-Jähriger muss sich wegen Ladendiebstahls verantworten. Vor Gericht behauptet er, sich an nichts erinnern zu können - die Geldstrafe fällt trotzdem hoch aus.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dass der Angeklagte nicht im allerbesten Gesundheitszustand ist, ist nicht zu übersehen. Das Laufen fällt ihm trotz Gehstock sichtlich schwer, um sein Gehör scheint es auch nicht mehr so gut bestellt, "ich bin eine Ruine", beschreibt sich der 79-Jährige vor Gericht in Ebersberg.

Dort musste er erscheinen, weil er Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt hat. Den bekam er, weil er sich beim Ladendiebstahl erwischen hat lassen. Weil er dabei auch noch ein Taschenmesser einstecken hatte, lautete der Vorwurf auf bewaffneten Diebstahl - Kostenpunkt 90 Tagessätze zu je 40 Euro. Die geklaute Ware, ein Päckchen Batterien, hätte im Laden ganze zwei Euro und 99 Cent gekostet.

Vielleicht ist es die Diabetes, vielleicht die Demenz, erklärt der Angeklagte den Vorfall

Er wisse gar nicht mehr, dass und warum er die Batterien geklaut habe, behauptete der Angeklagte nun vor Gericht. Er leide neben vielen anderen Dingen nämlich auch an Diabetes, wenn sein Blutzucker zu niedrig werde, "weiß ich nicht wo ich bin und was ich mache - vielleicht ist es auch schon die Demenz".

Dafür, dass der 79-Jährige quasi im Zustand der geistigen Umnachtung die Batterien geklaut hatte, ging er aber nach Aussage des Ladendetektivs ziemlich planvoll vor. Dieser hatte bei der Polizei zu Protokoll gegeben, der Angeklagte habe die Batterien sogar noch aus der Verpackung genommen, bevor er sie in die Tasche gesteckt habe. Zudem war es offenbar nicht das erste Mal, dass der 79-Jährige in einem Geschäft zugegriffen hatte, ein anderer Fall war aber eingestellt worden.

Auch Richterin Vera Hörauf hatte Zweifel, an der Version des Angeklagten. Sollte er auf seiner Geschichte von den Gedächtnislücken und der Verwirrtheit bestehen, müsste man die ganze Sache eine Nummer größer aufziehen: Dann würden die Zeugen geladen, etwa der Detektiv und die Polizisten, die den Fall damals bearbeitet hatten. Außerdem bräuchte man einen medizinischen Sachverständigen, der den Angeklagten begutachtet.

Zum Schluss gibt es noch einen kostenlosen Ratschlag für den Angeklagten

Was, so die Richterin weiter, noch keine Garantie für einen Freispruch sei. Und dann könne es für den Angeklagten deutlich teurer werden, als die im Strafbefehl verhängten 3600 Euro. Die Vorsitzende schlug dem Angeklagten vor, seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen, also die Höhe der Strafe zu beschränken. Da er doch einiges an Medikamentenausgaben habe - was er durch Rezepte belegen konnte - könne man die Tagessatzhöhe auf 25 Euro senken.

"Für mich ist jeder Cent zu viel", sagte der Angeklagte, der ohne Anwalt erschienen war. Nach länglichem Hin und Her und auf Zureden seiner Ehefrau stimmte der Angeklagte dem Angebot des Gerichts und der Senkung der Geldstrafe auf 2250 Euro zu. Zuguterletzt gab es noch einen kostenlosen Rat von der Vorsitzenden: "Gehen Sie in Zukunft nicht mehr alleine einkaufen."

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