Kommunalwahl in Kirchseeon:Erfahrung gegen Newcomer

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In Kirchseeon kommt es an diesem Sonntag zur Stichwahl zwischen Klaus Seidinger (UWG) und Jan Paeplow (CSU). Beide Bewerber um das Bürgermeisteramt liegen inhaltlich zwar gar nicht so weit auseinander, unterscheiden sich in ihrem Politikstil aber deutlich

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Es ist fast so, als hätte er geahnt, was kommt: Für seinen Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in Kirchseeon hatte sich Klaus Seidinger von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) den Slogan "Erfahrung statt Newcomer" ausgedacht. Dieser trifft bei der nun anstehenden Stichwahl an diesem Sonntag den Nagel auf den Kopf. Denn dann kommt es zum direkten Duell zwischen dem langjährigen Kommunalpolitiker Seidinger und dem aufstrebenden Neuling Jan Paeplow von der CSU. Beide haben ihre eigenen Visionen, wie die Zukunft der Marktgemeinde aussehen soll, doch nur einer von ihnen wird sie in den nächsten Jahren als Bürgermeister umsetzen können.

Dass es in Kirchseeon zu einer Stichwahl um die Nachfolge von Udo Ockel (CSU) gekommen ist, dürfte die wenigsten Beobachter überrascht haben. Am Wahlabend selbst war allerdings lange offen, welche beiden Kandidaten in die engere Auswahl kommen. Während Paeplow stets mit einem soliden Polster in Führung lag, entwickelte sich zunächst ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Seidinger und Andrea Oberhauser-Hainer von der Grünen Liste. Erst die Auszählung der Briefwahlergebnisse gab schließlich den Ausschlag für den UWG-Kandidaten, der sich 30,5 Prozent der Gesamtstimmen sichern konnte. Sein Kontrahent Paeplow konnte 38,09 Prozent der Wähler im ersten Urnengang von sich überzeugen.

Für das Kirchseeoner Rathaus wird ein neuer Chef gesucht. Wer das sein wird, entscheidet sich an diesem Sonntag in der Bürgermeister-Stichwahl. Wegen der Corona-Krise gibt es jedoch keine klassischen Wahllokale, eine Stimmabgabe ist nur per Briefwahl möglich. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Noch am Wahlabend gab sich vor allem Klaus Seidinger kämpferisch. Besonders freue es ihn, dass man trotz überschaubarer finanzieller Mittel mit der CSU habe mithalten können, sagte der 60-Jährige. "Jetzt heißt es Vollgas geben." Zwei Wochen lang die Ärmel hochkrempeln wollte auch Paeplow. "Ich hoffe, dass ich jetzt nochmal viele Wähler mobilisieren kann", sagte der Kandidat der Christsozialen. Beide Bewerber hatten sich unmittelbar nach dem ersten Urnengang darauf verständigt, aufgrund der Corona-Krise den Wahlkampf in der Öffentlichkeit einzustellen und sich komplett auf Onlinewerbung und den Postweg zu fixieren.

Ganz ohne eigenes Zutun spielt dem 43-jährigen Paeplow nun in die Karten, dass sich die Grüne Liste mehrheitlich darauf festgelegt hat, in der Stichwahl auf ihn zu setzen. "Wir unterstützen Jan Paeplow, da wir in mehreren persönlichen Gesprächen gemeinsame politische Ziele festlegen konnten und wir denken, dass diese Themen gemeinsam mit der CSU-Fraktion rasch umsetzbar wären", schreibt Oberhauser-Hainer in einer Pressemitteilung. Als Beispiele nennt die Fraktionsvorsitzende etwa Paeplows Pläne, mit Hilfe eines Konzeptes und der Klimaschutzmanagerin die Klimaschutzziele in der Gemeinde zu erreichen. Übereinstimmung herrsche auch, was den Lärmschutz an der Bundesstraße angehe, sowie in der Idee, ein Radwegekonzept für den Ort zu entwickeln.

Er ist seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik engagiert: UWG-Kandidat Klaus Seidinger. (Foto: Privat)

Verkehr und Klima sind aber nicht die einzigen Themen, die Paeplow in seinem "Kirchseeon-Plan" auflistet. In zehn Kategorien unterteilt legt er dort seine Vorstellungen dar, wie sich die Marktgemeinde in den nächsten Jahren entwickeln soll - und unterscheidet sich in einigen Punkten gar nicht so sehr von seinem Stichwahl-Konkurrenten. Die Finanzpolitik am Ort etwa soll in solide Bahnen gelenkt werden, was Paeplow durch eine schlankere und effizientere Verwaltung erreichen möchte. Seidinger will ebenfalls die Schulden der Marktgemeinde sukzessive abbauen und plädiert deshalb für einen "Sparwillen".

Im sozialen Bereich will der UWG-Kandidat Angebote für Senioren fördern und umsetzen, als Beispiel nennt er etwa betreutes Wohnen. Zudem soll die Versorgung mit Krippen-, Kindergarten- und Hortplätzen sichergestellt sein. Paeplow kann sich ein Seniorenkonzept für Kirchseeon vorstellen, "um langfristig auf die Herausforderungen des demografischen Wandels reagieren zu können". Außerdem würde er gerne einen hauptamtlichen Familien- und Seniorenbeauftragten einstellen.

Jan Paeplow will für frischen Wind in Kirchseeon sorgen. Er tritt für die CSU zur Wahl an. (Foto: Privat)

Beim Klimaschutz sind sich beide einig, künftig auf erneuerbare Energien setzen zu wollen. Auch darüber, dass man mehr bezahlbaren Wohnraum für junge Kirchseeoner Familien schaffen müsse, herrscht bei den Kandidaten Konsens. Ein ausuferndes Wachstum der Gemeinde lehnen aber beide ab. Weitestgehend einig sind sich beide auch beim Thema Verkehr. Die B304 soll entlastet werden - sowohl Paeplow als auch Seidinger können sich hierfür eine Ortsumfahrung vorstellen -, außerdem wollen beide für besseren Lärmschutz an der Bahntrasse kämpfen.

Deutlich unterscheiden dürften sich die beiden Kandidaten dagegen in ihrer täglichen Arbeit als Bürgermeister. Der Modernisierer Paeplow plädiert dafür, das Rathaus zu digitalisieren, das Internet zur zentralen Anlaufstelle auszubauen und sogar eine eigene Kirchseon-App entwickeln zu lassen. Seidinger geht deutlich konservativer an die Sache heran. Der 60-Jährige baut auf seinen großen Erfahrungsschatz als Gemeinderat und seine zwölf Jahre als Dritter Bürgermeister. Er stehe für eine "ehrliche Kommunalpolitik ohne Polemik und Versprechungen". Seinem Kontrahenten gibt er deshalb in einer Videobotschaft an die Bürger noch einen kleinen Seitenhieb mit, indem er fragt: "Wollt Ihr eine Führung von einem Bürgermeister, der noch kein einziges Mal aktiv an einer Gemeinderatssitzung teilgenommen hat?"

(Foto: SZ)

Und tatsächlich ist der ursprünglich aus Lauchhammer (Brandenburg) stammende Paeplow, obwohl seit Jahren im CSU-Ortsverband engagiert, in der Kirchseeoner Kommunalpolitik ein recht neues Gesicht. Seit Bekanntgabe seiner Kandidatur im November 2018 zeigt er sich jedoch recht umtriebig, reichte zusammen mit seiner Fraktion Anträge im Gemeinderat ein und suchte in Dialogforen das Gespräch mit den Bürgern. Dem gegenüber steht Klaus Seidinger, dessen Familie bereits in vierter Generation in Kirchseeon wohnt und der die Marktgemeinde deshalb wie seine Westentasche kennt.

Für wen auch immer sich die Bürger am Sonntag entscheiden, die politische Ausrichtung am Ort wird sich nach der 18 Jahre andauernden Ära des scheidenden Bürgermeisters Udo Ockel spürbar verändern. Nun liegt es an den Kirchseeonern, auf was sie setzen: Erfahrung oder Newcomer.

© SZ vom 24.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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