Jagdhundetag beim Waldmuseum:Auf unsichtbaren Spuren unterwegs

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25 verschiedene Jagdhunderassen sind im Rahmen der Ausstellung "Jagd im Visier" angetreten, um die unterschiedlichen Vorzüge ihrer Art zu demonstrieren. (Foto: Christian Endt)

Ob Bracke, Vorstehhund oder Retriever, jeder Hund hat andere Fähigkeiten. Und die Jäger setzen diese für sich ein.

Von Vera Koschinski, Ebersberg

"Jagd ohne Hund ist Schund!" Es ist ein jahrhundertealtes Jägersprichtwort, das Karem Gomaa, der Vorsitzende der Kreisgruppe Ebersberg im Bayerischen Jagdverband (BJV) an diesem stechend heißen Samstagnachmittag zitiert. Die Hochsommersonne brennt unerbittlich auf die Wiese vor dem Museum für Wald und Umwelt in Ebersberg, und die erwartungsvollen Zuschauer haben sich auf diversen strohbedeckten Schattenplätzen vor dem Museum niedergelassen. Die Vertreter der 25 verschiedenen Jagdhunderassen, die hier im Rahmen der Ausstellung "Jagd im Visier" präsentiert werden sollen, werden dagegen in der prallen Sonne arbeiten müssen.

Egbert Urbach führt durch das Programm des Jagdhundetags. (Foto: Christian Endt)

Hier steht auch Egbert Urbach, Autor eines Buchs über Jagdhundeerziehung, Mitglied des Landesjagdverbands und Moderator der Veranstaltung. Er trägt kurze Lederhosen und Strohhut und begrüßt gut gelaunt die Zuschauer. Am hinteren Rand der Wiese haben die Jäger Zelte aufgeschlagen und Sonnenschirme aufgespannt, unter der großen Eiche stimmen die Ebersberger Jagdhornbläser Jagdsignale an.

Trotz der zahlreichen Hunde ist kein aufgeregtes Bellen oder nörgelndes Kläffen aus den Zelten zu hören. Schließlich handle es sich nicht um Haushunde sondern um Arbeitshunde, betont Egbert Urbach. Sie wüssten die unmerklichsten Gesten ihrer Hundeführer, also der Jäger, aufmerksam und gehorsam zu befolgen. Und ihre Vorzüge und Fähigkeiten seien ganz unterschiedlich, erklärt er.

Jagdhornbläser stimmen die Zuschauer auf die Vorführungen von Jägern und Hunden ein... (Foto: Christian Endt)

Zunächst dürfen sich die Junghunde auf der breiten Wiese zeigen. Obwohl sie vor Energie sprühen, neugierig mit ihren jungen Nasen über den Boden suchen und Signale eines ihnen unbekannten Reviers aufsammeln, geben sie den verlockenden Düften nicht nach, weichen ihren Hundeführern nicht von den Fersen. Unter ihnen befindet sich auch eine sogenannte Bracke: kurzes Fell und braune Hängeohren. Bracken gehören zu den sogenannten Fährtenhunden und helfen den Jägern vor allem beim Aufsuchen der Beute. Sie nehmen die Fährte des Wildes auf und informieren die Hundeführer mit lautem Bellen. Dabei sollen sie das Wild aus ihrem Versteck und dem Jäger vor das Gewehr treiben.

Eine besondere Art Fährtenhunde sind die sogenannten Schweißhunde. In dicker Ausrüstung mit rotem Helm tritt ein weiterer Hundeführer aus dem Schatten der Bäume hervor. Zu seiner Rechten ein Hund mit schokoladenfarbigem Fell und einer neonfarbenen Warnweste. Durch ihren aufwändig trainierten Geruchssinn spüren Schweißhunde etwa bei Auto- und Brandunfällen die Spur eines verletzten Wilds auf. Selbst 20 bis 40 Stunden nach dem Unfall können sie mit ihrer Nase aus der vielschichtigen Geruchsmischung aus Körperflüssigkeiten und Duftstoffen die Spur des verletzten Tieres ausfindig machen und die Helfer zu ihm führen. Diese Fähigkeiten seien bei allem technischen Fortschritt nicht durch Geräte ersetzbar, erklärt Gomaa.

...und ein engagierter Münsterländer singt mit. (Foto: Christian Endt)

Doch nicht alle Hunde reagieren laut bellend auf die Fährte der gesuchten Waldbewohner. Ein Deutsch Kurzhaar namens Aire demonstriert, wie die Jagd mit einem sogenannten Vorstehhund aussieht. Hundetrainerin Monika Katstaller hat am Ende eines langen Seils eine Fellattrappe befestigt, die einen Hasen simulieren soll. Das Ende des Seils hält eine Helferin, die die Attrappe mit einem kurzen Ruck durch das Gras rascheln lässt. Sofort zuckt der dunkelbraune Kopf von Aire in Richtung der Bewegung, während sich seine Muskeln sichtbar anspannen.

Eine Attrappe muss herhalten, um das Aufeinandertreffen von Jagdhund und Wildsau zu demonstrieren. (Foto: Christian Endt)

Aufmerksam verfolgen die Zuschauer, wie der Hund langsam und vorsichtig einen seiner Vorderläufe anhebt, und die Jägerin und der Hund sich im Gleichschritt an die Beute anpirschen. Ein weiteres Zucken der Attrappe, und man kann sich richtig vorstellen, wie der Schuss eines Jagdgewehrs die flimmernde Luft durchbricht und den Hasen trifft. Während Rotwild schon instinktiv die Flucht ergriffen hätte, wiegen sich Hasen beim leisen Anpirschen eines Vorstehhunds in falscher Sicherheit.

Ein Raunen gefolgt von beeindrucktem Applaus ist von der Anhöhe vor dem Museum zu hören, als sich Monika Katstaller mit ihrem Aire aus der prallen Sonne zurückzieht und sich ein Stück Kuchen genehmigt. Eine gesunde Beziehung zwischen Mensch und Hund sei der Schlüssel zu einer guten Zusammenarbeit zwischen Jäger und Jagdhund, erklärt sie. Es komme darauf an, "eine Balance zwischen Respekt und Vertrauen" zu schaffen. Das bedeute nicht, dass der Hund als ebenbürtiger Freund betrachtet werde, sondern dass ein respektvolles Hierarchieverhältnis aufgebaut werde, in dem Mensch und Hund vertrauensvoll miteinander kommunizieren können.

Der Schweißhund vermag mit seinem Geruchssinn noch nach 20 bis 24 Stunden die Spuren eines verletzten Tieres zu verfolgen. (Foto: Christian Endt)

Und dann trabt Xare ins Feld, begleitet von entzückten Ausrufen aus den Zuschauerreihen. Das rotgoldene Fell des Golden Retrievers schimmert im Sonnenlicht. Er soll die Arbeit eines Lockhunds und Apportierhunds zeigen. Zwischen zwei Pfeilern ist ein in Tarnfarben bedrucktes Tuch aufgespannt worden, das einen Busch am Ufer eines schattigen Waldsees simulieren soll. Was der Retriever kann, beschreibt sein Name: Zurückbringen. Ob Stöckchen oder geschossenes Geflügel, das ist ihm dabei egal. Der Jäger, der hinter dem Busch in Deckung geht, wirft dem Hund einen Stock zu, den Xavier freudig bellend fängt. Dadurch soll er die Aufmerksamkeit von Enten und Gänsen auf sich ziehen, die auf dem Wasser des imaginären Waldsees schwimmen - soweit seine Aufgabe als Lockhund. Das neugierig gewordene Federvieh soll nun in Richtung Ufer und damit vor das Jagdgewehr des Jägers schwimmen. Dieser muss bloß noch einen günstigen Augenblick nutzen und abdrücken, dann kann sich der Hund auf den Befehl des Jägers ins Wasser stürzen und das tote Tier für ihn an Land ziehen.

Ein Apportierhund bringt seinem Herrchen die geschossene Beute zurück. (Foto: Christian Endt)

Eine Sache, die jeder Jagdhund schnell versteht, sagt Egbert Urbach, ist folgende: "Der Herr und seine Beute, die beiden gehören zusammen." Und um den Wald und seine Bewohner zu schützen, brauche es bis heute nicht nur einen guten Jäger, sondern auch einen Jagdhund und dessen feine Spürnase.

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