Aus dem Landgericht:Die gute Laune ist vorbei

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Ganz genau hingeschaut haben die Ermittler bei einigen Impfpässen und sind so einer Fälscherbande aus Kirchseeon auf die Spur gekommen. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Im Prozess um mehr als tausend gefälschte Impfzertifikate aus Kirchseeon haben alle Angeklagten ein Geständnis abgelegt.

Von Andreas Salch, Kirchseeon

Noch heute erinnert sich ein Beamter der Polizeiinspektion Ebersberg gut an die "heitere Stimmung", in der sich drei Männer befanden, als er mit einem Kollegen und einem Mitarbeiter des Landratsamts am frühen Abend des 2. Dezember 2021 ein kleines Lokal in Kirchseeon aufsuchte. Eigentlich hätte es, wie alle gastronomischen Betriebe damals, wegen der Pandemie gar nicht geöffnet haben dürfen. Da im Innern aber Licht brannte und die Beamten die Aufgabe hatten, die Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen zu kontrollieren, waren sie aufmerksam geworden. Dass aus der dann folgenden Kontrolle jedoch ein Polizeigroßeinsatz wurde, der zur Entdeckung einer Fälscherwerkstatt und der Festnahme einer mutmaßlichen solchen Bande führte, hätten sie sich vermutlich nicht träumen lassen.

Ales N. und Zdenek B., zwei aus der fröhlichen Runde in dem Kirchseeoner Lokal, müssen sich seit Mittwoch vergangener Woche vor dem Landgericht München II verantworten. Mit ihnen auf der Anklagebank sitzen drei weitere mutmaßliche Komplizen. Ihnen allen legt die Staatsanwaltschaft unter anderem zur Last, zwischen Anfang Juni bis Oktober 2021 mehr als 1000 digitale Corona-Impfzertifikate, die ein Apotheker für sie angefertigt haben soll, über verschiedene Kryptowährungen an Interessenten verkauft zu haben. Einer der Angeklagten soll zudem unter dem Pseudonym "Barnie Geröllheimer" über eine Plattform im Internet hunderte gefälschte Impfpässe mit Chargenaufklebern von Biontech gegen Kryptowährungen vermarktet haben. Der Preis für einen gefälschten gelben Impfpass betrug 200 Euro.

Wie der an der Kontrolle des Lokals in Kirchseeon beteiligte Polizeibeamte jetzt vor dem Landgericht aussagte, hätte Ales N., als er sich diesem näherte, an einer Terrassentüre gestanden. Der 39-Jährige rauchte einen Joint. Da auch aus dem Lokal "starker Cannabisgeruch" nach außen gedrungen sei, so der Beamte, seien er und sein Kollege hinein. Dort trafen sie auf Zdenek B. und einen weiteren Mann, der allerdings nur ein Bier getrunken habe. Alle drei seien "gut drauf" gewesen, so der Ermittler und hätten "entspannt" gewirkt. Obwohl Ales N. und Zdenek B. erklärt worden sei, dass sie nun vorläufig festgenommen würden, habe keiner der beiden aufgrund der "lockeren Stimmung", die vermutlich dem Konsum von Betäubungsmitteln geschuldet war, so vermutete der Beamte, gefesselt werden müssen.

Bei der anschließenden großangelegten Durchsuchung des Lokals durch eine Vielzahl alarmierter Einsatzkräfte, wurden nicht nur Betäubungsmittel und Amphetamin gefunden, sondern auch eine Vielzahl an gefälschten Impfpässen samt Chargenaufkleber. Sie befanden sich in einem Karton auf der Eckbank des Lokals. All das, so der Zeuge der Ebersberger Polizei, "stand offen rum". Auf den mitangeklagten Jerome W. alias Barnie Geröllheimer wurden die Ermittler durch dessen Kreditkarte aufmerksam. Sie lag auf einem Teller in dem Lokal, wo sich die mutmaßliche Bande, wie sich herausstellte, eine Fälscherwerkstatt für Impfpässe eingerichtet hatte. Bei der Kontrolle von Jerome W. stellten die Ermittler zudem fest, dass dieser mit einer weiteren nun angeklagten Frau in Kontakt stand, gegen die wegen Impfpassfälschung bereits ein Verfahren lief.

Inzwischen haben die fünf Angeklagten alle ein Geständnis abgelegt. Für diesen Fall hatte das Gericht ihnen geringere Haft- beziehungsweise Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt. Ein Urteil wird für Mitte Juni erwartet.

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