Grafinger Volksfest:Mehr Suff, mehr Straftaten

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Die Auftaktbilanz des Grafinger Volksfestes ist wenig feierlich. Protokoll eines Wochenendes

Von Korbinian Eisenberger, Grafing

Wahrscheinlich hatte Angelika Obermayr (Grüne) schon eine böse Vorahnung, als sie diese Zeilen schrieb: "Betrunkene Jugendliche und Gewalt im Rahmen unseres Volksfestes besorgen uns", hieß es in einem Brief, mit dem sich die Grafinger Bürgermeisterin noch am Tag vor dem Anstich an die Besucherschaft wandte. Dass es verstärkt Kontrollen geben werde und dass die Polizei Bußgelder und Platzverweise verhängt, stand da nebst einiger gut gemeinter Ratschläge im Umgang mit Alkohol und Altersgrenzen. Wie es scheint, hat das Schreiben seine erhoffte Wirkung bisher jedoch verfehlt.

Schlägereien und Verkehrsunfälle: Die Polizei meldet gleich zum Auftakt ein Dutzend Volksfesteinsätze

Wenn starkprozentiges Bier in großen Krügen serviert wird, neigt der Volksfestbesucher seit jeher zur Grenzüberschreitung. Neu ist, dass sich in Grafing die Dimensionen geändert haben - zumindest lässt der Polizeibericht nach den ersten beiden Volksfesttagen darauf schließen. Am Freitag und Samstag meldete die Polizei Ebersberg ein Dutzend Zwischenfälle, bei denen es zu Schlägereien oder Verkehrsunfällen gekommen ist - wobei die Beteiligten stets alkoholisiert waren. "Wir stellen einen Anstieg der Straftaten fest, sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Ebersberg am Sonntag. Das Einsatzprotokoll "sollte einem zu denken geben".

Am ersten Festwochenende war es auch in diesem Jahr wieder schwierig, einen Tisch im Bierzelt zu bekommen. Das gute Wetter lockte Besucher aus dem ganzen Landkreis nach Grafing. Die Ebersberger Einsatzkräfte wurden wegen des traditionell hohen Andrangs am ersten Festwochenende auch in diesem Jahr von der Polizeiinspektion Erding unterstützt. Und die Beamten hatten an beiden Tagen gut zu tun, wie aus ihrem Bericht hervorgeht:

Bereits um 19 Uhr fiel Zivilbeamten am Freitag ein junger Mann auf, der, entgegen der Platzordnung, eine Bierflasche mit aufs Festgelände nehmen wollte. Auf das Verbot angesprochen habe der "stark alkoholisierte Mann" versucht, die Beamten zu schlagen und zu bespucken. Der 21-Jährige wurde in Gewahrsam genommen und anschließend in ein Klinikum eingewiesen. Ungemütlich wurde es für die Einsatzkräfte auch, als sie einen stark alkoholisierter 32-Jährigen mit Gesichtsverletzungen am Grafinger Marktplatz auffanden. Nachdem sie einen Rettungswagen gerufen hatten, begann der Mann zu randalieren und ging auf die Einsatzkräfte los. "Er musste fixiert werden und wurde in die Kreisklinik eingeliefert", heißt es im Polizeibericht.

Aggressiv wurde auch ein Grafinger, ebenfalls alkoholisiert. Der 44-Jährige wollte einem Polizeibeamten mit der Faust ins Gesicht schlagen, konnte aber gehindert werden - ihn erwartet jetzt ein Verfahren. Schmerzhaft verlief hingegen ein Zwist, bei dem ein bis dato noch Unbekannter einem 19-Jährigen ins Gesicht schlagen wollte und auch traf. Der 19-Jährige musste an seiner aufgeplatzten Unterlippe behandelt werden, der Täter konnte entkommen.

Einigermaßen glimpflich endete ein Bierzelt-Zank, bei dem ein 33-Jähriger mit einem Masskrug auf einen 28-Jährigen losgehen wollte. Dass weder der 28-Jährige noch das Trinkgefäß Schaden nahmen, sei dem "beherzten Einschreiten eines Volksfestbesuchers" zu verdanken, so die Polizei. Im anschließenden Gerangel stürzte der Angreifer und musste vom Rettungsdienst behandelt werden. Kurz darauf wurde ein 15-Jähriger am Bahnhof aufgegriffen, zwar unverletzt, aber stark alkoholisiert. Wegen seines Blutalkoholgehalts von einem Promille wurde er in Gewahrsam genommen und anschließend seinen Eltern übergeben.

Eine 18-Jährige stürzt volltrunken vom Rad, ein 19-Jähriger brettert mit einem nicht zugelassenen Auto durch das Tor in den Wertstoffhof

Aggressionen und mangelnder Jugendschutz sind das eine Problem des Alkohols, die Überschätzung der Fahrtüchtigkeit das andere - auch in Grafing: Eine 18-Jährige stürzte etwa auf dem Heimweg von ihrem Rad. Die Frau aus dem südlichen Landkreis blieb unverletzt, wegen ihres Promillewerts stellten die Beamten ihren Führerschein sicher, die 18-Jährige erwartet ein Strafverfahren, genauso wie ein 49-Jährigen aus dem Landkreis Ebersberg.

Dieser hatte noch einen "gut gemeinten Rat" von der Polizei bekommen, sein Fahrrad stehen zu lassen, weil er Probleme hatte, das Schloss aufzusperren. Statt zu schieben, fuhr er in Schlangenlinien der nächsten Streife in die Arme, ein Atemtest ergab zwei Promille. Wenig später verlor ein 19-Jähriger die Kontrolle über seinen Pkw, durchbrach das Metalltor zum Wertstoffhof und kam an einer Holzwand zum Stehen. Ihn erwartet ein Strafverfahren - auch weil er weder eine Zulassung für sein Auto noch einen Führerschein hatte.

Weil die Probleme auf Volksfesten um die Jahrtausendwende gravierender wurden, hatten 2004 viele bayerische Kommunen eine Volksfestverordnung erlassen, darunter auch Grafing. "Von da an gingen die Straftaten erst einmal zurück", sagte der Sprecher der Polizei Ebersberg. Den Beobachtungen der Polizei nach geht es seit vergangenem Jahr aber "wieder in die andere Richtung". Zu möglichen Gründen wollte sich die Polizei nicht äußern.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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