Verkehr in Grafing:Protest gegen "Raserstraße" durchs Wohngebiet

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Eigentlich ist es auf dem ehemaligen BayWa-Gelände in Grafing recht ruhig, wäre da nicht der andauernde Durchfahrtsverkehr. (Foto: Christian Endt/© Christian Endt)

Mehrere Anwohner in Grafing beklagen sich über den Schleichweg durchs ehemalige BayWa-Gelände. Vor allem Kinder seien einem "massiven Risiko" ausgesetzt.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Von der Münchner Straße abzubiegen, um dann durchs mittlerweile ehemalige BayWa-Gelände zum Stadtbahnhof zu fahren, das war über Jahrzehnte erprobte Grafinger Gewohnheit. So richtig erlaubt war sie nicht. Nur störte sich auch niemand daran. Mittlerweile allerdings ist das Areal eng mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut - und deren Bewohner haben nun ein harsches Schreiben ans Rathaus und den Stadtrat geschickt. Der verkehrsberuhigte Bereich werde als "Durchfahrts-, Abkürzungs- und Raserstraße missbraucht".

"Gefahr im Verzug" haben sie in die Betreffzeile der E-Mail geschrieben. "Gefährdung von Kindern durch massive Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Lagerhausstraße". In "täglich zigfacher Weise" müssten sie erleben, wie Autofahrer "im angeblich verkehrsberuhigten Bereich der Lagerhausstraße die Unversehrtheit von unseren und allen dort spielenden Kindern aufs Spiel setzen".

Direkt neben der Straße ist ein Spielplatz

Sie verweisen auf die Gegebenheiten in der Straße. "Über nahezu die gesamte Straßenlänge erstreckt sich der Spielplatz, der hoch frequentiert ist und von vielen hier und in der Nähe wohnenden Kindern genutzt wird." Weil die Spielgeräte extra für Kleinkinder ausgelegt seien besuchten ihn insbesondere Familien mit sehr jungen Kindern. "Der Spielplatz ist aber durch nichts als eine vermeintliche Verkehrsberuhigung geschützt. Hier sind Kinder jeden Tag einem massivem Risiko ausgesetzt, in einen Unfall verwickelt zu werden."

Den Grund für die zweifelhafte Beliebtheit der Abkürzung sehen die Unterzeichner - neun Familien sind es - an der Straße selbst und ihrem Umfeld. "Wahrscheinlich wegen des besseren Zustands und der geraderen Anbindung unserer Straße im Vergleich zur Grandauer Straße (in der man zumindest in der Kurve die vorgegebenen 30 km/h fahren muss), läuft aber mittlerweile nahezu der komplette Verkehr aus Richtung Bahnhof zur Münchener Straße." Es gäbe absolut nichts, was die Geschwindigkeit auf der perfekt asphaltierten Straße drosselte. "Mittlerweile spielt die Tageszeit keine Rolle mehr und auch der Lieferverkehr braust zu jeder Uhrzeit nicht nur durch die Straße, sondern auch über die Feuerwehrzufahrt neben dem Spielplatz." Ein Unfall sei keine Frage des Ob, sondern nurmehr des Wann.

"Wir können die Straße aber auch nicht einfach dichtmachen", sagt der Bürgermeister

Bürgermeister Christian Bauer (CSU), Vater dreier mittlerweile erwachsener Kinder, betont, die Sorgen der Eltern "absolut" nachvollziehen zu können. "Wir können die Straße aber auch nicht einfach dichtmachen." Er verweist darauf, dass bei der BayWa-Geländeüberplanung auch die Entlastung von Grandauer- und Vazaninistraße Aspekt gewesen sei. Zu BayWa-Zeiten war die Durchfahrt außerhalb der Öffnungszeiten mit Rolltoren geschlossen.

Dem Eindruck der im Schreiben implizierten Untätigkeit seitens der Stadtverwaltung widerspricht er. So sei eigens für acht Tage ein Verkehrszählungsgerät aufgestellt worden. "In den acht Tagen fuhren um die 1200 Fahrzeuge durch die Straße. Das macht zwischen zehn und 15 pro Stunde." Das sei nicht besonders viel. Etwa 85 Prozent davon seien zumindest mit weniger als mit 30 Stundenkilometern unterwegs gewesen. "Aber natürlich: Die übrigen 15 Prozent werden wahrgenommen - und sind auch ohne Zweifel das Problem." Die Anwohner wiederum verweisen darauf, dass im verkehrsberuhigten Bereich anstatt Tempo 30 lediglich Schrittgeschwindigkeit gelte. Der tatsächliche Anteil von zu schnellen Autos sei also höher.

Die Stadt will zusammen mit der Polizei mobile Blitzer aufstellen

Bauer betont, dass das Thema mit der Verkehrszählung nicht abgeschlossen sei. "Es wird ein Ortstermin mit der Polizei geben, ob man den Verkehr zum Beispiel durch kleine bauliche Maßnahmen verlangsamen könnte." Auch mobile Blitzgeräte sollen zum Einsatz kommen. Wenn dann jemand selbst mit 30 Stundenkilometern durch die Straße fährt, wird es teuer. Laut ADAC gehen Gerichte bei der Definition der Schrittgeschwindigkeit von fünf bis 15 Stundenkilometer aus. Schon wer zehn Stundenkilometer darüber liegt zahlt laut aktuellem Bußgeldkatalog 30 Euro.

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