Kultur in Grafing:Kneipe statt Halle

Lesezeit: 3 min

Die Grafinger Stadthalle wird derzeit saniert, unter anderem bekommt sie eine neue Lüftungsanlage. (Foto: Christian Endt)

Ursprünglich sollte die sanierte Grafinger Stadthalle im Oktober wieder öffnen, doch die Arbeiten verzögern sich. Zahlreiche Veranstaltung müssten ausfallen - wenn da nicht ein engagierter Kulturmanager wäre.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Schlechte Nachrichten überbringt niemand gern. Aber Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) kommt nicht umhin. "Die Stadthalle sollte ursprünglich im Oktober wieder an den Start gehen. So war alles eingetaktet." Doch die Zeiten seien schwierig. "Es herrscht überall große Unsicherheit, wie die Handwerker verfügbar und die notwendigen Teile lieferbar sind." Einige seien es bis zuletzt nicht gewesen, der Oktober-Zeitplan sei daher nicht mehr zu halten.

Aus Sanierungsperspektive hat die Grafinger Stadthalle eineinhalb wilde Jahre hinter sich. Erst die politische Entscheidung für die sogenannte Minimalsanierung-Plus, also neue Lüftungsanlage plus neuer barrierefreier Eingangsbereich plus neuer Sanitäranlagen. Dann der verschobene Sanierungsstart und die Splittung der Arbeiten in zwei Bauabschnitte. Der erste ließ sich noch im mehr oder weniger laufenden Betrieb unterbringen. Für den zweiten, aktuell laufenden, wurde die Halle komplett geschlossen.

Teile für die neue Lüftungsanlage kamen mit Verspätung in Grafing an

Zudem musste das Sanierungsbudget plötzlich von 1,4 auf 2,5 Millionen Euro erhöht werden - ein Plus von fast 80 Prozent. Dank umfangreicher Zuschüsse liegen die Nettomehrkosten laut Bürgermeister bei rund 400 000 Euro. Und nun kamen auch noch Teile für die Lüftungsanlage mit Verspätung in Grafing an. Deswegen sei aus der Wiedereröffnung im Oktober nichts geworden, erklärt Bauer. Der neue Plan lautet: "Wir schieben die Inbetriebnahme auf das Jahresende."

Während Bauer das so erzählt, zurrt Stadthallenleiter Sebastian Schlagenhaufer gerade die letzten Knoten einer charmanten Übergangslösung fest. "Kultur on Tour" heißt sie - und, wenn man so will, dann macht der Kulturmanager damit aus der Not eine Tugend: Zwischen 15. September und 10. November ziehen all die etablierten Kleinkunstformate aus der Turmstube der Stadthalle in ausgesuchte Spielstätten in der Grafinger Innenstadt. "Lieber verlegen wir das jetzt auf planbarer Basis, als dass wir im Herbst plötzlich ins Rotieren kommen oder zu Absagen gezwungen werden", beschreibt Schlagenhaufer den zugrundeliegenden Gedanken. Wobei er die sprichwörtlichen Lorbeeren für diese flexible Übergangslösung weniger bei sich selbst sieht: "Das alles hat mit den Wirten und Verantwortlichen echt sehr unkompliziert geklappt."

Josef Ametsbichler präsentiert wieder Raritäten aus seiner Schellackplattensammlung, diesmal in der neuen Hörschmiede am Urtelbach. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Reihe "Kultur on Tour" startet mit einem Pub Quiz in der Weinbar Allegria (15. September), Journalist Michael Skasa beschäftigt sich im Weinhaus Grafing mit dem Schriftsteller Erich Mühsam (22. September), der Science Slam gastiert in der Galerie 18 (6. Oktober) und die Mixed Show kommt in den Kastenwirt (13. Oktober). Josef Ametsbichler legt als "Der Jazzhörer" Raritäten aus Schellack in der eigentlich noch gar nicht eröffneten Hörschmiede am Urtelbach auf (27. Oktober), und mit einem Poetry Slam in der Stadtbücherei Grafing (10. November) endet die erste Runde der "Kultur on Tour". Ob diese neuen Kooperationen eine einmalige Geschichte bleiben? Bürgermeister Bauer zumindest will sich noch nicht festlegen. "Wenn das erfolgreich ist, wollen wir das in Zukunft auch fortführen."

SZ PlusSZ-Serie: Abgedreht - Filmkulissen rund um München
:Vom Rastplatz zur Kultstätte

Über Jahre hinweg hat Regisseur Christian Lerch die Raststätte an der Bundesstraße B 12 bei Hohenlinden besucht. Entstanden ist eine Dokumentation über einen Ort, der unterschiedlichste Menschen zusammenbringt. Das ist auch heute noch so, obwohl sich einiges verändert hat - und eine zentrale Person fehlt.

Von Johanna Feckl

Zunächst einmal aber liegt der Fokus im Rathaus ohnehin auf den Baumaßnahmen in der Stadthalle. "Die Handwerker sind da, die Teile für die Lüftungsanlage sind mittlerweile auch gekommen", berichtet Bauer. "Aber manchmal kann es auch wegen ganz einfacher Dinge wie Schaltern in der Bühnenelektrik zu weiteren Verzögerungen kommen."

Wegen der steigenden Unterhaltskosten plädiert die SPD für einen Neubau

Die Debatte, wie es langfristig mit der Stadthalle weitergeht, braucht der Stadtrat jedenfalls nicht zu überstürzen, auch wenn derzeit ein SPD-Antrag auf dem Tisch liegt, der einen Neubau an einem neuen Standort vorsieht. Das Wertstoffhof-Gelände, Luftlinie keine 150 Meter von der bisherigen Stadthalle entfernt, sei dafür "hervorragend geeignet". Und wegen der stets zunehmenden Kosten, die die bald 40 Jahre alte Stadthalle verursache, komme ein solcher Plan auf lange Sicht günstiger, so die SPD.

Doch selbst wenn der Umzug des Wertstoffhofs nach Schammach abgeschlossen sei, ließe sich das Gelände nicht sofort überplanen. "Der Wertstoffhof liegt im Überschwemmungsbereich", erklärt Bauer. "Um dort zu bauen, müssten also erst die Hochwassermaßnahmen an der Urtel abgeschlossen werden." Sie laufen zwar bereits, bis zum Abschluss werden aber aller Wahrscheinlichkeit nach noch einige Jahre vergehen. Ohnehin dürfte bei der Entscheidungsfindung um das Areal vor allem ein kleiner Teilantrag der Sozialdemokraten eine Rolle spielen, an dem das Bauamt gerade arbeitet: eine umfassende Prognose der künftigen Instandhaltungskosten der Stadthalle - um diese schlussendlich möglichen Neubaukosten gegenüber stellen zu können.

"Kultur on Tour": Kleinkunstveranstaltungen in verschiedenen Locations in der Grafinger Innenstadt von 15. September bis 10. November. Alle Infos und Tickets gibt's unter https://www.stadthalle-grafing.de sowie in den Buchhandlungen in Grafing, Aßling und Kirchseeon.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: