Grafing:Flüchtlingsunterkunft in Schammach wird gebaut

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Der Grafinger Stadtrat beschließt die Errichtung eines Wohnheims mit insgesamt 150 Betten am neuen Bauhof. Von Protesten der Anwohner lässt sich das Gremium nicht beeindrucken.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Monatelang ist das Projekt in der Schwebe gewesen; seit der Stadtratssitzung am Dienstag herrscht nun Klarheit: Zwischen Grafing und dem Ortsteil Schammach entsteht eine Flüchtlingsunterkunft - und die Stadt baut diese in Eigenregie. Das Haus soll Platz bieten für 120 Flüchtlinge sowie 30 anerkannte Asylbewerber und Obdachlose. Zwar gab es in der Bürgerfragestunde Proteste von Anwohnern. Doch davon hat sich das Gremium nicht beeindrucken lassen.

Es existieren zwar noch gar keine Baupläne, doch eine Mutter aus dem Grafinger Ortsteil Schammach wusste schon am Dienstag: "Ich trau' mich da wirklich nicht mehr vorbei." Ein Mann neben ihr sagte: "Im Winter ist es dunkel. Das liegt genau am Schulweg. Das macht Angst!" Es werde doch immer von dezentralen Unterkünften geredet. "Warum geht das bei uns nicht?"

Die Antwort darauf hatten andere Grafinger bereits vergangene Woche gegeben: Die Grafinger Unternehmer Rothmoser hatten in der Mühlenstraße eine deutlich kleinere Unterkunft für 40 Bewohner geplant. Nachbarn bedrängten sie aber derart massiv, dass sie den Bauantrag umgehend zurückzogen.

Zehn bis zwölf Jahre soll die Unterkunft genutzt werden

Ein solches Manöver war im Stadtrat dagegen nicht einmal in Nebensätzen Thema. Einstimmig votierte das Gremium für den Bau der Unterkunft. Zudem beauftragte es die Verwaltung mit den Verhandlungen über den Mietvertrag mit der Regierung von Oberbayern. Geplant ist eine Laufzeit von zehn bis zwölf Jahren. Mindestens jedoch so lange, heißt es in der Beschlussvorlage, "dass sich die Baukosten über die Mietvertragsdauer refinanzieren". Knapp vier Millionen Euro veranschlagt die Stadt für das Projekt.

Grafing ist bei Flüchtlingsunterkünften im Zugzwang. Das Gewerbegebiet, in dem es bereits mehrere - und deutlich größere - Planungen von privaten Investoren gibt, belegte die Stadt mit einer Veränderungssperre. "Die ist rechtlich aber nur dann haltbar, wenn sehr zeitnah Alternativen aufgezeigt werden", erklärte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Sofern die Stadt nicht aktiv an der Gewinnung neuer Unterkünfte mitarbeite, laufe sie zudem Gefahr, dass Turnhallen oder andere öffentliche Einrichtungen wie beispielsweise die Stadthalle belegt würden.

Noch in diesem Jahr soll der Bau fertig werden

Eine solche Alternative sehen Bürgermeisterin und Stadtrat in dem 14 000-Quadratmeter-Areal neben dem geplanten neuen Bauhof. Einmal, weil es wegen des Bauhof-Umzugs bis Jahresmitte ohnehin erschlossen werden muss. Zum anderen spart sich Grafing aufwendige Verhandlungen, weil das Grundstück in ihrem Eigentum ist. Den Bau will die Stadt noch in diesem Jahr fertigstellen. Er würde einen Großteil der erwarteten neuen Flüchtlinge beherbergen können.

Aktuell leben in Grafing zwischen 100 und 120 Flüchtlinge. Bis zum Jahresende rechnet die Stadt mit mehr als 300. Bei der Debatte zeichnete sich von Beginn an eine breite Zustimmung ab. "Das ist die einzige Lösung, die uns zurzeit irgendwie praktikabel erscheint", erklärte CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg. Eine dezentrale Verteilung der Flüchtlinge auf dem Stadtgebiet wäre besser. Immerhin würde die Planung am Schammacher Feld mit ihren 150 Betten noch keine Massenunterkunft bedeuten.

"Ich möchte dringend betonen, dass wir bei den Flüchtlingsunterkünften absolut vorausschauend planen", sagte Thomas Huber (CSU), auch wenn man noch nicht einmal wisse, wie viele Flüchtlinge noch kommen. Für Christian Einhellig (Freie Wähler) zählte die unmittelbare Umsetzbarkeit: "Wir brauchen schnelle Lösungen, um die Leute unterzubringen." Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass eben dies auf dezentrale Weise nicht möglich sei. Fazit der Wortmeldungen: Es gibt entweder keinen Platz, keine städtischen Bauplätze oder zu wenig Eigentümer, die auch Grund oder Wohnraum zur Verfügung stellen würden. Aus den Fraktionen von Grünen, SPD und Bündnis für Grafing (BfG) kam der Appell an die Unternehmer Rothmoser, ihre Pläne für die Mühlenstraße noch einmal aufzunehmen. "Wir sind auch auf diese 40 Plätze enorm angewiesen", betonte Yukiko Nave (BfG). Die Zustimmung des Stadtrats wäre gewiss: Auf dem Gelände besteht Baurecht.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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