Probleme bei der Energiewende:Warten auf den Sonnenstrom

Lesezeit: 2 min

Es könnte alles so gut laufen: Die Photovoltaikanlage ist installiert, der Herbst ist sonnig. Doch der umweltfreundliche Ökostrom will nicht fließen. Die Leitungen in einem Ort im Landkreis Ebersberg sind einfach zu schwach. Bis der Energiekonzern nachbessert, kann es jedoch noch eine Weile dauern.

Barbara Mooser

Goldene Spätherbsttage, Sonne von morgens bis abends - eigentlich hätte der Zähler auf dem Hof von Robert Bachfisch in den vergangenen Wochen oft fröhlich rattern müssen. Doch die Photovoltaikanlage auf dem Dach seiner Maschinenhalle produziert keinen Strom, obwohl sie seit gut einem Monat installiert und völlig funktionsfähig ist. "Wir können den Strom nicht einspeisen. Das Leitungsnetz ist zu klein", sagt der Purfinger Landwirt. Auch anderen Besitzern von Photovoltaikanlagen in dem kleinen Dorf geht es ähnlich. Eon will zwar nachbessern - da das Energieunternehmen aber überall in Bayern mit ähnlichen Problemen kämpft, wird das voraussichtlich bis Frühjahr 2012 dauern.

Dass fehlende oder zu gering dimensionierte Stromleitungen ein großes Problem bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind, ist bereits seit längerem klar. Vor allem gilt das für die großen Windparks im Norden Deutschlands. Bisher reichen die Leitungskapazitäten bei weitem nicht aus, um den dort produzierten Strom tatsächlich dorthin zu transportieren, wo er benötigt wird.

Erst vor wenigen Tagen hat der Netzbetreiber Tennet in einem Brandbrief an die Bundesregierung gewarnt, dass der Stromanschluss für Windparks in der Nordsee unter den jetzigen Bedingungen kaum machbar sei. Diese Aufgabe scheitere aufgrund der ständig wachsenden Zahl an Anschlüssen "an fehlenden finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen aller Beteiligten", heißt es in dem Brief an Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU).

Doch auch im Landkreis gibt es das Problem, dass Netze teilweise zu schwach sind, um den Strom aus den ganzen neuen Photovoltaikanlagen aufzunehmen. Darauf hat der Vaterstettener Gemeinderat Alfons Hemauer (CSU) Bayerns neuen Umweltminister Marcel Huber hingewiesen, als dieser kürzlich in Poing war. Betroffen sind Leute wie Robert Bachfisch. Dieser hatte die Anlage eigens noch in diesem Jahr auf dem Dach montiert, um in den Genuss der höheren Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu kommen. Seit 21. Oktober könnte die 20,7-Kilowatt-Anlage theoretisch in Betrieb sein.

Doch bisher hat Bachfisch die Anlage nur eingeschaltet, um zu sehen, ob sie theoretisch funktioniert - was sie tut. Seit diesem Test steht sie wieder still, denn der Strom kann weder abgeleitet noch von dem Landwirt selbst genutzt werden. Eine Möglichkeit, den eigenen Haushalt mit Solarstrom zu versorgen, habe er nicht vorgesehen, erläutert Bachfisch: "Wir haben einen Vertrag für eine Volleinspeisung." Mit Einnahmen von 500 Euro rechnet er eigentlich monatlich - über das Jahr gerechnet. "Im Winter ist es wesentlich weniger", sagt er. Ohnehin will er nicht klagen, auch Vorwürfe macht er niemandem: "Es ist ja logisch, dass irgendwann die Netze nicht mehr reichen. In diesem Fall hat es halt mich getroffen", sagt er pragmatisch.

Dem Energieunternehmen Eon ist das Problem in Purfing bewusst. Als hier Anträge gekommen seien, Photovoltaikanlagen anzuschließen, habe man ein Ortsnetzkonzept erstellt und berechnet, wie stark die Leitungen sein müssten, erläutert Eon-Sprecher Peter Wendler. Danach aber sei eine weitere starke Anlage dazu gekommen, so dass die Planungen wieder umgeworfen wurden. "Jetzt muss das Ortsnetzprojekt komplett neu gemacht werden, das kostet 25 000 Euro, die wir tragen", so Wendler. Gebaut werde der leistungsfähigere Anschluss voraussichtlich im Frühjahr 2012 nach der Frostperiode.

Purfing ist beileibe kein Einzelfall. Überall im Versorgungsgebiet muss Eon Leitungen ausbauen, wie Wendler erklärt: "Unsere Leute fahren schon auf Anschlag." An die 40 000 neue Photovoltaikanlagen müssen schätzungsweise pro Jahr im Versorgungsbereich von Eon angeschlossen und zuvor auf Netzverträglichkeit geprüft werden. 200 Anlagen pro Arbeitstag sind das in etwa.

© SZ vom 05.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: