Windkraft im Wald:Das Ende der Perlenkette

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Die neueste Analyse des Ebersberger Forsts durchkreuzt die bisherigen Windkraftpläne. Denkbar ist, dass die Anlagen neu verteilt, reduziert oder verkleinert werden.

Von Korbinian Eisenberger

Die Abstimmung per Bürgerentscheid für die Errichtung von fünf Windrädern im Ebersberger Forst gab dem Projekt Windkraft im Landkreis bisher den größten Aufwind. Fünf Monate später kommen nun neue Erkenntnisse auf, die den Planern nicht gerade zugute kommen. Nach einer Waldanalyse im Oktober sieht es inzwischen so aus, dass das Vorhaben nicht wie geplant umsetzbar ist. Zu dieser Einschätzung gelangt jetzt der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Demnach sei es nach wie vor das Ziel, Windräder im Ebersberger Forst zu errichten. Allerdings, so Niedergesäß, wohl in geringerer Dimension.

Bisherigen Planungen nach sollten im Waldbereich zwischen Anzing, Vaterstetten und Zorneding fünf jeweils 250 Meter hohe Windräder wie an einer Perlenschnur aufgereiht werden. Dem Gutachten des TU-Landschaftsarchitekten Sören Schöbel-Rutschmann zufolge sind diese Pläne jedoch nicht kompatibel mit der 10-H-Abstandsregel (die besagt, dass ein zum Beispiel 250 Meter hohes Windrad mindestens 2,5 Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt stehen muss). Die beiden Windkraftanlagen am nördlichen und südlichen Rand der Perlenkette seien in der geplanten Form also nicht realisierbar, so Niedergesäß in einem Pressegespräch.

Demnach gibt es jetzt verschiedene Möglichkeiten: Man könnte die Zahl der Windräder auf vier oder drei reduzieren. Man könnte sie weniger wuchtig bauen. Also nicht 250 Meter hoch sondern 60 Meter niedriger, "wie früher", so Niedergesäß. Oder man wechselt von der linienartigen Perlenform "zu einer Gruppe". Das wäre dann eher die Form einer Halskette.

Für die Projektplaner bedeuten diese Erkenntnisse also eine Planänderung. Seit gut zehn Jahren arbeitet die Münchner Firma Green City an dem Windpark im Ebersberger Forst. Chefplanerin Sabine Müller erklärt am Freitag auf SZ-Nachfrage, dass ihr Unternehmen trotz der neuen Entwicklungen weiter anstrebe, weder die Anzahl noch die Höhe der Anlagen zu reduzieren. Bei 190 Metern Höhe, so Müller, würde das die Rentabilität einer Anlage im Schwachwindland Bayern erheblich reduzieren. Weiter oben pfeift der Wind erst stark genug. "Wir bevorzugen die Variante des Verschiebens", so Müller. Allerdings nur punktuell. Generell solle der Windpark weiter in dem Forstgebiet zwischen Zorneding, Vaterstetten und Anzing entstehen. Inbetriebnahme? Wie geplant, spätestens 2026.

47,3 Prozent der Kreisbürger hatten sich im Mai per Votum dagegen ausgesprochen. Zu ihnen zählt Kerstin Mertens von der Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst, die auf Nachfrage Stellung nimmt zu den neuerlichen Entwicklungen. Aus ihrer Sicht, so Mertens, sei es "unerheblich, ob im Forst fünf, drei oder nur eine Anlage gebaut werden", sagt sie. Grund: "Es reicht eine Anlage aus, um einen Präzedenzfall zu schaffen", sagt sie. Sprich: Darf man eine Anlage bauen, ist einer der letzten großen zusammenhängenden Wälder Bayerns zur Durchlöcherung freigegeben. Mertens' Schutzgemeinschaft hat das Ziel ausgegeben, die Modifizierung der Landschaftsschutzgebietsverordnung für den Ebersberger Forst zu verhindern, mithilfe von Anwälten und im Ernstfall mithilfe einer Klage, wie Mertens bekräftigt. Die Änderung der Verordnung für den Forst ist Voraussetzung, um dort Windkraft zu erzeugen, sei es mit einer Anlage oder mit fünf.

Landrat Niedergesäß indes bleibt bei seinem Standpunkt. Es sei zwar denkbar, dass am Ende nur vier Windräder im Forst errichtet werden können. "Ziel ist aber weiterhin, die fünf zu ermöglichen", sagt er. Von der in Bayern bundesweit einzigartigen Abstandsregel für Windräder wolle er nach wie vor nicht abweichen, so der Landrat, "weil es vor dem Bürgerentscheid die klare Zusage war, dass wir 10 H einhalten".

Positiv für die kreisweite Entwicklung von erneuerbaren Energien, so Niedergesäß, sei die Entwicklung auf Gemeindeebene. Acht der 21 Kreiskommunen nutzen bereits die Fördergelder vom Freistaat für Windkraft oder sondieren ernsthaft die Möglichkeit mit einzusteigen. Mit einer gewissen Spannung, so der Landrat, beobachte er bei dem Thema die Bildung einer neuen Regierungs-Koalition in Berlin: "Da tut sich was, das ist eine positive Dynamik."

© SZ vom 18.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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