Geschichte und Archäologie:Hinweis auf möglichen Erbauer des Brunnens im Ebersberger Forst

Lesezeit: 2 min

Wer baute den Brunnen im Ebersberger Forst? Womöglich ein "Kunrat Prunmaister aus Palthaim". (Foto: Christian Endt)

Die Baldhamer Kunsthistorikerin Brigitte Schliewen ist vor Jahren auf einen Brunnenmeister aus dem 15. Jahrhundert gestoßen. Er könnte den Brunnen im Ebersberger Forst gebaut haben - falls er nicht doch ein "Meier" und kein "Meister" war.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Forschung im Allgemeinen und historische Forschung im Besonderen ist nicht immer ein vorhersehbarer, geradliniger Prozess. Als die Kunsthistorikerin Brigitte Schliewen vor fünf oder sechs Jahren über "Katrey, Hausfrau des Kunrat Prunmaister von Palthaim" stolperte, beschäftigte sie deren Verbindung zu Baldham.

Nach der Entdeckung des Brunnens im Ebersberger Forst erinnerte sie sich jedoch wieder an den Begriff "Prunmaister" - Brunnenmeister. "Manchmal hilft bei der Geschichtsschreibung der Zufall", kommentiert Schliewen ihren Fund.

Kunrat Brunnenmeister lebte zu der Zeit, in der der Brunnen gebaut wurde

Könnte dieser Kunrat Brunnenmeister aus Baldham etwas mit der Konstruktion des mysteriösen Brunnens zu tun gehabt haben? Zeitlich würde es zumindest passen. Eine Radiokarbonmessung hat erst vor kurzem den wahrscheinlichen Zeitraum der Erbauung auf die Jahre 1411 bis 1444 festgelegt, womöglich auch später.

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Katrey, die Hausfrau des Brunnenmeisters, taucht indes in einem Vertrag über den Verkauf eines "Gütls zu Siggersdorf" auf. Das Dokument ist auf den 8. August 1458 datiert, sie tritt als eine von vier Zeuginnen und Zeugen auf. Verkauft wurde das Gütl an den Benediktinerabt Eckhart von Ebersberg, der dem Kloster von 1446 bis 1472 vorstand. Er käme also als möglicher Bauherr in Frage.

Ein Team aus Forschern, darunter Bernhard Häck vom Landesamt für Denkmalpflege, will das Geheimnis des Brunnens lösen - hier bei einer Untersuchung im Sommer 2022. (Foto: Christian Endt)

Auffallend ist auch, dass Siegersdorf erwähnt wird und der Brunnenmeister mit dem Ort in Verbindung gebracht werden kann. Wie Kreisheimatpfleger Thomas Warg ausgeführt hat, stammen die Steine, aus denen der Brunnen gebaut wurde, aus der Nähe von Siegersdorf. Zudem gab es dort eine recht hohe Dichte an Brunnen.

Wie Schliewen erklärt, waren Brunnenmeister in der Frühen Neuzeit von Zünften anerkannt und kümmerten sich um die Wasserversorgung von Städten oder Orten. "Er war also kein einfacher Arbeiter", so Schliewen. Er wäre durchaus in der Lage gewesen, den Brunnenbau anzuleiten.

Der "Prunmaister" war vielleicht nur ein "Prunmaier"

Ob er überhaupt etwas mit dem Brunnen im Forst zu tun hat, ist unklar. Möglicherweise wurde er für dieses Projekt angestellt oder gleich für die Aufsicht über die Trinkwasserversorgung des Klosters angeworben. Vielleicht war er einfach zur richtigen Zeit im richtigen Dokument. "Darüber können allerdings nur weitere Quellen Aufschluss geben", sagt Schliewen.

Kreisarchivar Bernhard Schäfer bremst den Enthusiasmus jedoch etwas. Er habe sich den Regest des Vertrags angeschaut, also die Zusammenfassung des rechtlich relevanten Inhalts der Urkunde. "Jemand hat dort etwas hineinkorrigiert", so Schäfer. "Dort steht, dass es nicht ,Prunmaister' sondern ,Prunmaier' heißen müsste."

Ein Brunnenmeier sei aber kein Brunnenmeister. Als "Meier" wurden im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Großbauern bezeichnet. "Es kann also gut sein, dass es sich schlicht um einen Meier handelt, der in der Nähe eines Brunnens sein Gehöft hatte", führt Schäfer weiter aus. Man müsse also recherchieren, ob es in Baldham zur fraglichen Zeit in der Nähe eines Meierhofs einen womöglich namensgebenden Brunnen gab.

Ein Rechnungsbuch könnte Aufschluss über den Konstrukteur des Brunnens geben

Ebenfalls denkbar ist aber, dass die Korrektur im Regest selbst falsch ist und es sich doch um einen Meister und nicht Meier handelt. Schäfer möchte der Sache deswegen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv - wo das Originaldokument liegt - auf den Grund gehen.

In der Zwischenzeit sei er damit beschäftigt, in Klosterregistern nach Brunnenmeistern zu suchen. Bis jetzt allerdings ohne Erfolg. "Das ergibt ja auch Sinn", so Schäfer. "Wenn das Kloster jemanden einfach damit beauftragt, einen Brunnen zu bauen, wird dafür keine eigene Urkunde aus Pergament hergenommen werden." Womöglich vermag ein Zufallsfund in einem klösterlichen Rechnungsbuch die Lücke zu schließen. Dort müsste ein entsprechender Bauauftrag notiert worden sein.

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