Erneuerbare Energien:Trickst Ebersberg bei der Windkraft?

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Ein Windrad gibt es bislang im Landkreis Ebersberg - jenes in Hamberg bei Bruck. Eine weitere Anlage soll noch in diesem Jahr folgen. Dennoch schreitet der Ausbau in der Region zu langsam voran. (Foto: Christian Endt)

Der Regionale Planungsverband hält den Ebersberger Forst für den optimalen Standort für Windräder, allerdings hat der Landkreis deren Anzahl dort auf maximal fünf Stück begrenzt. Kritik kommt deshalb nun von den Grünen, die von einer "Scheinausweisung" sprechen.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Zwischen Fürmoosen und Taglaching werden demnächst die Bagger anrollen und die Grundlagen für das zweite Windrad im Landkreis Ebersberg schaffen. Noch in diesem Jahr sollen sich dort die Rotorblätter drehen, um nachhaltige Energie zu erzeugen. Was zunächst eine gute Nachricht ist, führt im Umkehrschluss aber auch vor Augen, wie sehr der Landkreis in Sachen Windkraftplanung hinterherhängt: Bis Ende 2027 muss jede bayerische Region 1,1 Prozent ihrer Fläche für die Errichtung von Windrädern ausweisen. Mit seinen zwei Anlagen ist der Landkreis Ebersberg davon allerdings meilenweit entfernt. Das ruft nun die Kreistagsfraktionen der Grünen auf den Plan, die nicht nur einen deutlich schnelleren Ausbau fordert, sondern dem Landkreis sogar eine gewisse Trickserei bei der Windkraft vorwirft.

Hintergrund ist ein Gutachten, das der Regionale Planungsverband München (RPV) für alle Mitgliedslandkreise erstellt hat. In diesem sind für jede Region sogenannte Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen - also Flächen, auf denen die Experten den Bau entsprechender Anlagen besonders empfehlen. Auf den Landkreis Ebersberg bezogen ist dieses Areal relativ klar umrissen: Im Grunde empfiehlt der RPV den gesamten Ebersberger Forst für die Nutzung von Windkraft. Außerhalb davon haben die Planer indes kein weiteres Vorranggebiet definiert. Die Fläche des Waldgebietes würde auch locker ausreichen, um das 1,1-Prozent-Ziel aus dem von der Bundesregierung beschlossenen Wind-an-Land-Gesetz zu erfüllen - allerdings nur in der Theorie.

Laut Planungsverband könnten mehr als 50 Windräder im Ebersberger Forst gebaut werden

Dem entgegen steht nämlich der Standortsicherungsvertrag, den der Landkreis mit den Bayerischen Staatsgütern als Grundstückseigentümer geschlossen hat. Demnach dürfen im Ebersberger Forst maximal fünf Windräder gebaut werden. Diese Anzahl war auch die Grundlage für einen Bürgerentscheid im Jahr 2021, bei dem sich eine knappe Mehrheit für die Errichtung der Anlagen ausgesprochen hat.

Scharfe Kritik an dieser widersprüchlichen Planung kommt nun von den Ebersberger Grünen, die von einer "Scheinausweisung" sprechen. "Es kann nicht sein, dass der Regionale Planungsverband im Ebersberger Forst eine Fläche für mindestens 50 Windräder ausweisen will, aber gleichzeitig der Landkreis und die Bayerischen Staatsforsten hier nur den Bau von fünf Windrädern planen", sagt Grünen-Kreisrat Niklas Fent. Auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) trage dabei eine gewisse Schuld, schließlich habe dieser als Mitglied des RPV dem Vorabentwurf des Gutachtens zugestimmt, wohl wissend, dass das definierte Vorranggebiet im Forst unvereinbar mit den Planungen des Landkreises ist. "Diese geplante Scheinausweisung widerspricht dem Sinne des Wind-an-Land-Gesetzes", kritisiert Fent.

Die konträren Planungen des RPV und des Landkreises widersprechen dem Sinne des Wind-an-Land-Gesetzes, sagt Grünen-Kreisrat Niklas Fent. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Es ist aber nicht nur diese Unvereinbarkeit der Planungen, die den Grünen sauer aufstößt, sondern auch das RPV-Gutachten an sich. In einem Antrag an den Kreis-Umweltausschuss äußert die Ökopartei ihr Unverständnis darüber, warum nur der Ebersberger Forst als Vorranggebiet ausgewiesen worden ist, der restliche Landkreis aber komplett ignoriert wurde. Das berge nicht nur die Gefahr, den Ausbau der Windkraft zu verlangsamen, sondern erhöhe auch den Druck auf den Forst als Standort für weitere Anlagen. "Es ist vor dem Hintergrund mehr als fraglich, ob der Standortsicherungsvertrag des Landkreises mit den Staatsforsten ausreichend ist, um die Anzahl langfristig auf fünf Windräder zu begrenzen", sagt Niklas Fent.

In ihrem Antrag drängen die Grünen deshalb darauf, dass auch Vorranggebiete außerhalb des Waldes festgesetzt werden. "Im Landkreis gibt es weitere geeignete Gebiete wie die Potentialanalyse Wind oder auch die Konzentrationsflächenplanung Windenergie zeigen", heißt es in dem Schreiben an Landrat Niedergesäß, das der SZ vorliegt. Und auch die Ebersberger Kommunen müssten stärker eingebunden werden, wie Niklas Fent ergänzt: "Die Planungen des RPV werden derzeit von oben herab durchgesetzt, ohne die Wünsche der Gemeinden eingehend zu berücksichtigen, obwohl diese aufgerufen wurden, dem Planungsverband mögliche Flächen zu melden." Von Landrat Niedergesäß fordern die Grünen deshalb in ihrem Antrag, er möge sich als Mitglied des Planungsausschusses dafür einsetzen, dass auch Areale außerhalb des Ebersberger Forstes als Vorranggebiete berücksichtigt werden. Zudem sollen die Kommunen auch weiterhin eigenständig Standorte für Windräder ausweisen können.

Bis 2032 müssen in Bayern 1,8 Prozent der Fläche für Windenergie ausgewiesen werden

Um den Ausbau der Windkraft allgemein zu beschleunigen, wäre es den Grünen außerdem ganz recht, gar nicht erst den Umweg über die 1,1 Prozent gehen zu müssen. Diese sind nämlich nur ein Zwischenziel auf dem Weg zu einer Fläche von 1,8 Prozent, die der Freistaat laut Gesetz bis Ende 2032 für Windenergie ausweisen muss. Der Landrat solle deshalb beim Planungsverband darauf drängen, schnellstmöglich das endgültige Ziel anzusteuern, denn alles andere verzögere den Ausbau der Windkraft unnötig, wie es in dem Antrag heißt. Weil die nächste Sitzung des Umweltausschusses bereits diesen Dienstag stattfindet, wird das Gesuch der Grünen wohl erst bei der übernächsten Zusammenkunft des Gremiums behandelt werden.

Um das Thema Windkraft wird es allerdings auch in der nun anstehenden Sitzung gehen. Darin wird sich der Landkreis in einer Stellungnahme zum Vorabentwurf des RPV-Gutachtens äußern. Womöglich werden dann zwar einige Fragen der Grünen bereits beantwortet, näher an den konkreten Bau eines weiteren Windrades wird man aber auch durch diese Sitzung nicht kommen.

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