Kreatives Heimspiel:Die Farben Afrikas

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Jonathan Fischer, Künstler, Sozialarbeiter, DJ, Journalist und Afrikakenner lebt in München und Mali, aufgewachsen ist er in Grafing. Nun stellt er in Ebersberg aus. (Foto: Veranstalter)

Von Grafing raus in die Welt: Der Künstler und DJ Jonathan Fischer zeigt seine von der malischen Alltagskunst inspirierten Gemälde im Ebersberger Therapiehaus.

Von Anja Blum, Ebersberg

Obwohl er schon vor langer Zeit hinausgezogen ist in die weite Welt, werden ihn noch viele Ebersberger kennen: Jonathan Fischer, der in Grafing aufgewachsen ist und dessen Vater dort lange evangelischer Pfarrer war. Heute ist Fischer ein Mann mit vielen Leidenschaften, ist Künstler, Sozialarbeiter, DJ, Journalist und als solcher ein anerkannter Experte für afroamerikanische Kultur, vor allem für Musik. Fischer lebt in München und Mali, von wo auch die Inspiration für seine Kunst stammt: Seine farbensprühenden Bilder spiegeln das Lebensgefühl Afrikas wider. Nun werden sie in Fischers alter Heimat, in Ebersberg, zu sehen sein.

Seinen Bezug zu Afrika fand Fischer früh, denn sein Vater war Missionar in Afrika gewesen, der junge Jonathan, geboren 1964, verbrachte seine Kindheit teilweise in Tansania. Später studierte Fischer in München erst Philosophie und Sonderpädagogik, dann Malerei an der Kunstakademie. Dort, in der Klasse von Jürgen Reipka, lernte er, dass abstrakte gestische Malerei und Perfektionismus sich kategorisch ausschließen: "Wenn du einen Fehler machst, dann machst du noch zwei weitere dazu - und der Fehler ist kein Fehler mehr", erklärt Fischer. Was auf gar keinen Fall ging: nachbessern. Das habe er als eine "sehr befreiende Lehre" empfunden, sagt der Künstler heute, schließlich sei das auch genau das Prinzip, das sein Idol Miles Davis auf die Musik angewandt habe.

Vor allem inspiriert ist Jonathan Fischer von den farbenfrohen Mustern der malischen Alltagskleidung. (Foto: Veranstalter)

Um Reportagen über afroamerikanische Kultur zu schreiben, hat Fischer zahlreiche Recherchereisen nach Afrika, in die Karibik und nach Nordamerika unternommen. 2012 besuchte er das erste Mal das Land Mali in der Sahelzone, eine Hochburg afrikanischer Kultur. "Dort beeindruckte mich vor allem, mit welch fantastisch farbenfrohen, interessant gemusterten Stoffe sich die Menschen alltäglich kleiden", erzählt er. Die verschiedenen Textilien, besonders die typisch afrikanischen Waxprints nahm er dann als Ausgangsbasis für mehrere Serien: abstrakte gestische Bilder, gestaltet mit Acryl, Ölkreiden und Kohle, in die Stoffreste und andere Fundstücke eingearbeitet sind. Auch Farben, Formen und Schriften auf malischen Bussen und Geschäften fanden hier Eingang.

Eine Serie hat Jonathan Fischer nach dem Flughafen der Hauptstadt Bamako benannt. (Foto: Veranstalter)

Die Serie "BKO", das internationale Flughafenkürzel für Malis Hauptstadt Bamako, bringt freie und gestische Malerei zusammen mit der Farbe und dem Rhythmus Malis. "Bamako, das ist für mich nicht nur ein Lebensgefühl", sagt Fischer, "es ist auch eine Bühne für Alltagskunst, die von den geschickt gestapelten Auslagen der Händler über die raffinierten Kostüme malischer Frauen bis zu den auf Bussen und Taxis gepinselten Sinnsprüchen reicht". Das Verwitterte, Ausgebleichte, Unperfekte und Unbeholfene habe in dieser Welt genauso seinen Platz wie die marktschreierische, plakative und laute Selbstinszenierung.

Nun ist Jonathans Fischers Serie "BKO", entstanden zwischen 2019 und 2021 in seinem Atelier in München, im Therapiehaus in der Lehrer-Schwab-Gasse in Ebersberg zu sehen. In dem früheren Armenhaus von Ebersberg betreibt die Heilpraktikerin Annette Voith eine Praxis. Und der große Meditations- und Yoga-Raum im ersten Stock des historischen Gebäudes bietet mit seiner so schlichten wie anheimelnden Atmosphäre den perfekten Hintergrund für Jonathan Fischers farbenprächtige, seelentiefe Kunst.

"Die Zeit in Grafing , wo mein Vater einst als Pfarrer wirkte und bis zu seinem Tod lebte, hat doch Spuren in meiner Biographie hinterlassen", sagt Fischer. Trotzdem seien seine Kontakte in die Heimat eher locker, da viele Bekannte aus Grafing oder Ebersberg inzwischen auch in die weite Welt gezogen seien. Eine Ausnahme aber gebe es: "Ich besuche ab und zu meinen einstigen Journalistenkollegen Sebastian Schöpp, unser Kontakt hat sich gerade in letzter Zeit über die Reflexion unserer Lebensgeschichten intensiviert." Und natürlich freue er sich nun über dieses künstlerische Heimspiel, bei dem er hoffe, zahlreiche altbekannte Gesichter zu sehen.

Ausstellung von Jonathan Fischer im Therapiehaus Ebersberg, Vernissage wird gefeiert am Freitag, 21. April, um 19 Uhr. Geöffnet an den Wochenenden vom 22./23. April, 29./30. April und 6./7. Mai jeweils von 12 bis 17 Uhr. Die Schau ist Teil eines kleinen Themenmonats unter dem Motto "Zwischen den Welten". Voith bietet dazu eine spezielle Form der Meditation an, und am Samstag, 6. Mai, gibt es eine kleine Dichterlesung mit dem Lyriker Fedor Pellmann und zwei argentinischen Musikerinnen.

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