Landtagswahl im Landkreis Ebersberg:Gekommen, um zu bleiben

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Sie alle wollen in den Landtag, das Direktmandat für Ebersberg haben seit dem Krieg erst vier Personen gewonnen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wer den Stimmkreis Ebersberg gewinnt, bleibt lange im Amt: Seit 1950 hat es insgesamt nur vier direkt gewählte Abgeordnete gegeben. Landtagssitze für den Landkreis gab und gibt es indes viele mehr.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der aktuelle Rekord liegt bei sieben. So oft in Folge hat der am längsten amtierende Direktkandidat aus dem Landkreis Ebersberg seinen Sitz im Landtag gewonnen. Das ist zwar nun auch schon wieder fast ein halbes Jahrhundert her, der Name Otto von Feury dürfte dennoch auch manch Jüngeren im Landkreis bekannt sein - schließlich hat dieser maßgeblich dazu beigetragen, dass es heute noch einen Landkreis Ebersberg gibt. Der im übrigen seit von Feurys Abschied aus der Politik - 1978 war das - nur drei weitere direkt gewählte Abgeordnete in den Bayerischen Landtag entsandt hat.

Erst seit 1978 vertreten diese direkt gewählten Abgeordneten aus Ebersberg den Landkreis alleine. Nach dem Krieg gab es zunächst einen gemeinsamen Stimmkreis mit Bad Aibling, bei der Wahl 1974 waren dann die Gemeinden des nordöstlichen Landkreises München mit Ebersberg zusammengelegt. In diese Zeit der gemeinsamen Stimmkreise fällt die Amtszeit von Feurys - mit vollem Namen Otto Emil Friedrich Josef Cajetan Freiherr von Feury - der sich 1950 als 43-Jähriger das erste Mal für die CSU um ein Landtagsmandat bewarb.

Der langjährige Ebersberger Landtagsabgeordnete Otto von Feury in einem Porträt von Lothar Männer. (Foto: SZ)

In seine Zeit als Abgeordneter fällt die für manche Kreise und Gemeinden fatale Gebietsreform - die in einer ersten Planung auch für Ebersberg das Ende als eigenständiger Landkreis bedeutet hätte. Wogegen sich von Feury vehement zur Wehr setzte und damit in seiner Partei auch Gehör fand: Zwar blieb der Landkreis Ebersberg von einigen Gemeindefusionen nicht verschont, in seinem Bestand insgesamt aber erhalten. Wohl auch deshalb kam von Feury bei den Ebersbergern bis zuletzt auf hervorragende Werte, bei seiner letzten Kandidatur 1974 waren es knapp 58 Prozent.

Auch sein Nachfolger Richard Gürteler, der über die Liste bereits 1974 in den Landtag eingezogen war, konnte stets absolute Mehrheiten einfahren: Der Glonner holte 57 Prozent in den Jahren 1978 und 1982, vier Jahre darauf 55 Prozent. Die Wahl 1986 war auch die erste, bei der die Grünen im Landkreis ein zweistelliges Ergebnis eingefahren haben. Kandidat Georg Schweiger kam auf 10,4 Prozent, seine Partei insgesamt auf 10,3. Die SPD mit Kandidat Peter Dingler holte 22,7 Prozent der Erst- und 21 Prozent der Zweitstimmen.

Richard Gürteler, CSU-Kreisvorsitzender 1967 bis 1993, zog 1974 über die Liste in den Landtag ein und gewann bei den Wahlen 1978 bis 1990 das Direktmandat in Ebersberg. (Foto: privat)

Auch bei Gürtelers letzter Wahl im Jahr 1990 reichte es mit 53,7 Prozent zur absoluten Mehrheit und die CSU konnte dank Monika Hohlmeiers Einzugs über die Liste zwei Sitze mit Abgeordneten aus Ebersberg besetzen. Weitere vier Jahre später war der Landkreis mit drei Abgeordneten vertreten: Neben der - natürlich mit absoluter Mehrheit von 53,8 Prozent gewählten - Direktkandidatin Christa Stewens sowie Parteifreundin und Listenkandidatin Hohlmeier kam auch SPD-Kandidatin Bärbel Narnhammer aus Anzing über die Liste ins Maximilianeum. 1998 konnte die CSU sogar einen weiteren Ebersberger, den damaligen Vorsitzende des Bayerischen Jagdverbandes, Jürgen Vocke, über die Liste in den Landtag bringen.

Christa Stewens gewann das Direktmandat für die CSU vier Mal und vertrat den Landkreis Ebersberg von 1994 bis 2013 im Landtag. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein letztes Mal war 2003 in Ebersberg an der Urne die Welt für die CSU noch in Ordnung: Christa Stewens wurde für ihre dritte Amtszeit im Landtag nahezu mit Zweidrittelmehrheit gewählt: 62 Prozent, gut sechs Punkte besser als vier Jahre zuvor. Um diesen Wert verschlechterte sich die SPD-Kandidatin Bärbel Narnhammer und kam nur noch auf knapp 18 Prozent - konnte aber über die Liste erneut ins Parlament einziehen. Grünen-Kandidat Reinhard Oellerer kam knapp unter zehn Prozent der Stimmen, Freie Wähler und FDP jeweils auf rund 3,5.

Bärbel Narnhammer aus Anzing zog für die SPD 1990 und 1994 in den Landtag ein. (Foto: Salger)

Die Achterbahnfahrt begann mit der Wahl im September 2008. Die CSU brach bei den Zweitstimmen auf 39 Prozent ein. Direktkandidatin Stewens lag zwar vorne, aber lediglich mit 42,5 Prozent - das erste Mal im Stimmkreis, dass das Mandat nicht mit absoluter Mehrheit gewonnen wurde. Zulegen konnten die Grünen, Kandidat Benedikt Mayer kam auf zwölf, die Partei auf 14,5 Prozent. Auch die Freien Wähler, die 2008 das erste Mal in den Landtag einzogen, konnten punkten: 10,5 Prozent bekam Kandidat Georg Reitsberger, acht Prozent gab es bei den Zweitstimmen.

Nacht der langen Gesichter: Christa Stewens, Thomas Huber, Walter Brilmayer und Monika Hohlmeier sind fassungslos über das schlechte Abschneiden der CSU bei der Wahl 2008. (Foto: Salger)

Bei der FDP lag die Partei mit 11,3 Prozent etwas vor dem Kandidaten Thomas Fickenwirth mit knapp zehn Prozent. Und der Landkreis hatte in Folge eine FDP-Vertretung im Landtag: Die Baldhamerin Renate Will zog über die Liste ins Parlament ein. Nur die SPD konnte damals von der Schwäche der CSU nicht profitieren: für Direktkandidat Ralf Kirchner stimmten lediglich knapp 16 Prozent, bei den Zweitstimmen gab es 18,3 Prozent. Damit war diesmal niemand aus der Kreis-SPD im Maximilianeum vertreten.

Gut lachen hatte bei der Wahl 2008 Renate Will, die Baldhamerin zog für die FDP in den Landtag ein. Für den liberalen Direktkandidaten Thomas Fickenwirth (links) wurde es indes nichts mit dem Mandat. (Foto: Christian Endt)

Bei der nächsten Wahl konnten dann SPD und CSU bayernweit und auch im Landkreis wieder zulegen. In Ebersberg waren beide mit neuem Personal in den Wahlkampf gezogen: Der Grafinger Thomas Huber holte das Direktmandat mit 46,5 Prozent, die Ebersbergerin Doris Rauscher für die SPD knapp 20 Prozent und zog über die Liste in den Landtag ein. Auch bei den Zweitstimmen hatten beide Parteien zulegen können: 24 Prozent gab es für die SPD, und die CSU konnte sich mit 49,5 Prozent fast schon wieder fühlen wie in alten Zeiten.

Hoch hinaus ging es 2013 für die CSU, hier bewundern der damalige Bundestagskandidat Andreas Lenz, der frisch gewählte Landtagsabgeordnete Thomas Huber und die Europaabgeordnete Angelika Niebler die Ergebnisse der Landtagswahl. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Gute Stimmung 2013 auch bei den Genossen: Die neue Landtagsabgeordnete Doris Rauscher mit den Bürgermeistern von Poing und Markt Schwaben, Albert Hingerl und Georg Hohmann. (Foto: Christian Endt)

Ihr Koalitionspartner, der 2013 aus dem Landtag flog, wurde auch in Ebersberg abgestraft: Direktkandidatin Renate Will bekam gerade mal 4,7 Prozent, noch einen Prozentpunkt weniger gab es bei den Zweitstimmen. Verluste gab es auch bei Grünen und Freien Wählern, für erstere gab es 8,5 und für Kandidatin Waltraud Gruber 11,7 Prozent, letztere mussten sich mit 8,5 und ihr Kandidat Wilfried Seidelmann mit 7,7 Prozent zufrieden geben.

Mit Schwung nach oben auf der Landtagswahl-Achterbahn ging es für die Verlierer von 2013 dann im Herbst 2018. Zwar verpasste Grünen-Direktkandidat Thomas von Sarnowski den Einzug ins Parlament, aber die Ökopartei fuhr mit 21 Prozent der Erst- und sogar knapp 22,3 Prozent der Zweitstimmen ein Rekordergebnis im Landkreis ein und kam erstmals auf Platz zwei. Auf 9,3 Prozent und den dritten Platz kamen die Freien Wähler, 8,2 bekam ihr Kandidat Markus Erhorn aus dem Landkreis Dachau. Je 6,7 Prozent gab es für die Liberalen und ihren Kandidaten, den damaligen Kreisvorsitzenden Alexander Müller. Dank des Baldhamers Martin Hagen gibt es seit 2018 auch wieder einen Vertreter der Ebersberger Liberalen im Parlament.

Seit 2018 sind die FDP und auch Baldham wieder im Landtag vertreten durch Fraktionschef und Landesvorsitzenden Martin Hagen. (Foto: Christian Endt)

Einen Rekord gab es auch für CSU und SPD - aber in die andere Richtung. Zwar verteidigten erstere das Direktmandat, dennoch fuhr Thomas Huber mit dem historisch schlechtesten CSU-Ergebnis von knapp 36 Prozent im Gepäck nach München. Die SPD wurde im Landkreis, wie im gesamten Freistaat, lediglich einstellig, und kam auf neun Prozent der Zweitstimmen. Für Kandidatin Doris Rauscher, die erneut über die Liste in den Landtag kam, gab es immerhin drei Prozentpunkte mehr.

Nicht erfreut zeigt sich Thomas Huber, hier am Wahlabend im Maximilianeum in München, über das Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl 2018... (Foto: Christof Stache/AFP)
... und auch bei der SPD, hier Abgeordnete Doris Rauscher mit dem damaligen Poinger Bürgermeister Albert Hingerl in Ebersberg, ist 2018 die Stimmung so mies wie das Wahlergebnis. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gut lief die Wahl dagegen für die AfD, die zwar etwas schwächer abschnitt als bayernweit mit 10,2 Prozent, aber immerhin in Ebersberg aus dem Stand auf 7,5 Prozent der Zweitstimmen kam. Ihr Direktkandidat für Ebersberg, der im Landkreis weitgehend unbekannte Ingolstädter Hilmar Sturm, holte immerhin 7,1 Prozent.

Was zeigt: Die allgemeine Stimmungslage hat nicht nur Auswirkungen auf die Zweitstimmen, sie beeinflusst auch die Werte der Direktkandidaten. Eine Beobachtung, mit der sich allerdings schon Otto von Feury anlässlich seines sechsten Wahlsieges im Jahr 1970 - wenn auch damals bezogen auf das gute Abschneiden der CSU - von der SZ zitieren ließ: Das Wahlergebnis im Landkreis Ebersberg "ist wohl auch ein Spiegelbild der allgemeinen politischen Auffassung über die derzeitige Politik der Bundesregierung".

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