Personalbedarf am Landratsamt:Mitarbeiter auf der Reservebank

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Viele Abteilungen im Ebersberger Landratsamt sind personell am Anschlag. Neue Mitarbeiter kosten allerdings Geld - und davon hat der Landkreis nicht allzu viel. (Foto: Christian Endt)

Der Landkreis Ebersberg geht bei der Schaffung von neuen Arbeitsstellen für 2024 einen ungewöhnlichen Weg. Dieser ist allerdings aus der Not heraus geboren.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Neun Spieler dürfen in der Fußball-Bundesliga auf der Auswechselbank Platz nehmen. Im Ebersberger Landratsamt aber werden im kommenden Jahr gleich 20 Reservisten auf ihren Einsatz warten - im Gegensatz zu den Profi-Kickern gibt es das Personal in der Kreisbehörde derzeit aber noch gar nicht. Dieses soll erst dann gesucht werden, wenn sich ein konkreter Bedarf an zusätzlichen Mitarbeitern ergibt. Darauf hat sich nun der Kreis- und Strategieausschuss in seiner jüngsten Sitzung verständigt. Das Gremium weicht damit vom bewährten Weg der Vorjahre ab - eine Entscheidung, die jedoch aus der Not heraus geboren ist.

Konkret ist es die schwierige finanzielle Lage, die dem Landkreis Ebersberg und seinen Kommunen zu schaffen macht. Diese lässt einerseits zwar keinen großen Spielraum für Neueinstellungen zu, andererseits steigt am Landratsamt die Arbeitsbelastung immer mehr an, was weitere Mitarbeiter eigentlich dringend erforderlich macht. Margrita Schwanke-Berner vom Personalservice sprach deshalb von "einem Spagat", den es zu meistern gelte, als sie den Stellenplan für 2024 im Gremium vorstellte. Zuvor hatten die einzelnen Fachabteilungen am Landratsamt ihren Personalbedarf gemeldet - und die Liste ist durchaus umfangreich geworden. Demnach müsste der Landkreis im kommenden Jahr 42 neue Stellen schaffen, was einem Zuwachs der gesamten Belegschaft um rund zehn Prozent entsprechen würde.

Finanzpolitik
:Trübe Aussichten

Das Ebersberger Landratsamt spricht von einer "noch nie dagewesenen Unsicherheit in der Haushaltsplanung". Es droht ein Worst-Case-Szenario. Doch selbst wenn dieses ausbleiben sollte, stimmt die Finanzprognose für den Landkreis nicht gerade hoffnungsvoll.

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Da so viel neues Personal wohl ohnehin nur schwer zu finden, vor allem aber kaum zu finanzieren wäre, hat die Verwaltung den Stellenbedarf schon vor der Sitzung auf 35 gekürzt. Vor allem werden Sachbearbeiter in verschiedenen Bereichen gesucht, etwa im Controlling, bei der Einbürgerung, für das Waffenrecht oder im Revisionsamt. Gleich sieben neue Stellen sind für den Bereich Wohngeld vorgesehen, der sich mit der Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Wohngeldnovelle beschäftigen soll - damit aber komplett überfordert ist. "Es müssen unzählige Anträge bearbeitet werden", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU), "die Mitarbeiter kommen nicht mehr hinterher". Auch im Bereich Asyl wird die Arbeit nicht weniger, wie dem Stellenplan zu entnehmen ist. Dort wird neben Sachbearbeitern und Mitarbeitern für die soziale Betreuung der Migranten auch ein weiterer Hausmeister für die Unterkünfte gesucht.

Würde der Landkreis all diese Stellen im kommenden Jahr schaffen, müsste der ohnehin bereits sehr knappe Haushalt um weitere 1,76 Millionen Euro belastet werden - eine Summe, die angesichts eines prognostizierten Ergebnisüberschusses von lediglich 2,94 Millionen Euro völlig utopisch ist. "Schon bisher ist der Kreishaushalt mit Staatsaufgaben völlig überfrachtet und massiv unterfinanziert", heißt es dazu aus dem Landratsamt. Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales in der Kreisbehörde, schlug deshalb vor, fünf der beantragten Stellen als sogenannte Reservestellen auszuweisen, die nur bei Bedarf besetzt werden. Deren Anzahl hätte sich damit auf insgesamt 13 erhöht. Damit könne der Haushalt um 230 000 Euro entlastet werden, rechnete Keller vor.

"Wir fahren sehenden Auges gegen die Wand", sagt Ebersbergs Altbürgermeister

Doch selbst dieser Sparkurs war den Ausschussmitgliedern angesichts der allgemeinen Finanzlage noch zu riskant. "Ich bin entsetzt, wenn ich diese Steigerungen beim Personal sehe", sagte etwa Walter Brilmayer (CSU), "wir fahren sehenden Auges gegen die Wand." Der Ebersberger Altbürgermeister und Vize-Landrat gab zu bedenken, dass in den Gremien des Kreistags sonst um jeden Euro gekämpft werde, man müsse also auch beim Personal sparen. Dennoch wollte Brilmayer nicht bestreiten, dass zusätzliche Mitarbeiter dringend notwendig sind. Das sei jedoch nicht die Schuld des Landkreises, sondern Folge der immer umfangreicher werdenden Aufgaben, die Bund und Länder an die Kommunen delegieren. Dem stimmte auch Landrat Niedergesäß zu: "Das System bricht irgendwann zusammen."

Das Gremium stand nun jedoch vor einem Problem, das Ulrich Proske (SPD) wie folgt zusammenfasste: "Ich tue mir schwer, da die ein oder andere Stelle rauszugreifen, die man einsparen könnte", sagte er mit Blick auf das von den Fachabteilungen angeforderte Personal. Auch Benedikt Mayer (Grüne) war überzeugt, dass hier nur die Verwaltung selbst nachschärfen kann. Aus dieser vermeintlichen Pattsituation entwickelte Christian Bauer (CSU) schließlich die Idee, nur solche Stellen fix auszuweisen, die ohnehin über Gebühren gegenfinanziert sind und den Haushalt nicht belasten. Ansonsten sollten 20 Reservestellen geschaffen werden, die je nach Bedarf und Priorität im Jahresverlauf besetzt werden können. Für deren Finanzierung regte Brigitte Keller an, einen Betrag von 750 000 Euro in den Finanzplan mit aufzunehmen. Wie viel man von der Summe benötigt, müsse sich dann im kommenden Jahr zeigen.

Mit diesem Kompromiss konnte die Mehrheit im Gremium gut leben. Dagegen stimmte jedoch die Fraktion der Grünen, die sich gegen Kürzungen beim Personal aussprach, und Manfred Schmidt (AfD), der die Schaffung zusätzlicher Stellen im Bereich Asyl generell ablehnte.

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