Die Linke Erding-Ebersberg:Neuer Vorstand, neue Probleme

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Wie geht es weiter mit der Linken? Die Frage stellt sich auch im Landkreis. (Foto: Chris Emil Janßen/imago)

Der Linken-Kreisverband Erding-Ebersberg hat neue Sprecher gewählt. Deren Aufgabe wird es sein, den Abwärtstrend der Partei aufzuhalten - und das gegen eine neue Konkurrenz.

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Erding

Mit einem neuen Vorstand geht der Kreisverband Erding-Ebersberg der Partei die Linke ins Europawahljahr - und mit der Aussicht auf mehr Konkurrenz um das ohnehin schon nicht allzu üppige Wählerreservoir. Denn voraussichtlich wird bei der Wahl im kommenden Juni die Partei der jüngst bei den Linken ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht antreten.

Der neue Vorstand präsentiert sich, zumindest was die Sprecher - also das Amt, das anderswo Vorsitzende heißt - angeht, als sehr ebersbergerisch: Marlene Ottinger und Thomas Schmidt-Behounek stehen künftig dem gemeinsamen Kreisverband vor. Ottinger ist Grafingerin und vertritt die Linke im Ebersberger Kreistag, Schmidt-Behounek lebt in der Kreisstadt und war dort früher Vorsitzender der Piratenpartei. Beide hatten 2021 zusammen mit Lena Huppertz und Michael Pleitner, beide aus Grafing, erstere dort auch im Stadtrat, eine Untergruppe im Kreisverband ins Leben gerufen, die sich besonders um den Auftritt der Linken im Landkreis Ebersberg kümmern sollte.

Thomas Schmidt-Behounek aus Ebersberg, neuer Sprecher der Linken im Kreisverband Erding-Ebersberg. (Foto: privat)
Marlene Ottinger aus Grafing, neue Sprecherin der Linken im Kreisverband Erding-Ebersberg. (Foto: Elisabeth Lohmair; privat)

Nicht mehr im Vorstand dabei ist der Direktkandidat für die Bundestagswahl 2021 und die Landtagswahl 2023 Tobias Boegelein. Ebenfalls nicht mehr im Vorstand ist die 2021 zur Sprecherin gewählte Manuela Geyer aus Wörth im Landkreis Erding, der zweite damals gewählte Sprecher, Florian Baum aus Eichenried in Moosinning, der auch einen Sitz im Erdinger Kreistag hat, ist der Mitgliederbeauftragte im neuen Vorstand. Schatzmeister Markus Werner wurde erneut im Amt bestätigt.

Bei allen Wahlen seit 2019 hat die Linke in Erding und Ebersberg verloren

Zum Ziel hat sich der neue Vorstand gesetzt "die Linke wieder nach oben zu bringen", so auch der Wortlaut einer Pressemeldung. Der nächste Test dafür steht in einem knappen halben Jahr bei den Europawahlen an. 2019 kam die Linke in den Landkreis Ebersberg und Erding jeweils auf 1,9 Prozent, das sind 0,4 beziehungsweise 0,5 Punkte weniger als fünf Jahre zuvor. Auch bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 verlor die Linke im Vergleich zur Wahl davor: 2,2 Prozent waren es im Wahlkreis Erding-Ebersberg, ganze drei Punkte weniger als noch 2017. Bei der Landtagswahl heuer verlor die Linke ebenfalls deutlich: 1,2 Prozent gab es in Ebersberg, 1,0 in Erding, fünf Jahre zuvor waren es 3,3 und 2,4 Prozent gewesen.

Die "vergangenen Turbulenzen in der Partei auf Bundesebene" spart auch der neue Vorstand in seiner Antrittserklärung nicht aus - geht aber auf die Frage, was die neue Konkurrenz durch die wohl demnächst gegründete Wagenknecht-Partei für die Linke bedeutet, nicht genauer ein. Auf Nachfrage nennt Sprecher Schmidt-Behounek zwei Möglichkeiten: Die pessimistische sei, dass der Anteil der Linken noch kleiner werde, weil ein Teil der Stimmen Richtung Wagenknecht wandert.

Vielleicht nützt der Abschied von Wagenknecht ja der Linken, hofft der neue Sprecher

"Aber ich bin Optimist", so Schmidt-Behounek, seine Erwartung sei daher nicht, dass der Teil vom Kuchen kleiner werde, "der Kuchen wird größer". Der Kreisverbands-Sprecher glaubt, dass die neue Partei eine andere Klientel anzieht, als es die Linke tut. Und noch mehr: "Vielleicht wählen uns künftig auch Leute, für die Wagenknecht nicht wählbar ist." Dies erwartet auch Marlene Ottinger, das schlechte Abschneiden bei den vergangenen Wahlen seit sicher sowohl dem Streit um Wagenknecht als auch einigen ihrer Positionen geschuldet gewesen. Nachdem die sich schon lange abzeichnende Spaltung nun vollzogen ist, könnte die Linke sogar wieder zulegen.

Dass es bald eine zweite linke Partei geben wird, hält Schmidt-Behounek ganz grundsätzlich im Übrigen nicht für schlecht. In vielen Dingen bestehe zwischen den beiden Gruppierungen ja auch Übereinstimmung, etwa in der Notwendigkeit der Umverteilung nach unten. Ein Thema, das auch in den an sich wohlhabenden Landkreisen Erding und Ebersberg eines sei, weil es eben auch hier Leute gibt, die nicht wohlhabend sind. Auch Ottinger kritisiert, dass eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung in der Politik unterrepräsentiert sei: "Die hart arbeiten, nichts geerbt haben und sich und die Familie gerade so über die Runden bringen."

Warum die Linke trotzdem nicht besser abgeschnitten habe, bei den vergangenen Wahlen, dazu haben auch deren Sprecher nur Vermutungen: Vielleicht wählten einige gar nicht, andere die AfD, weil sich diese trotz ihres stramm neoliberalen Programms als Protestpartei der "Kleinen Leute" geriere, sagt Schmidt-Behounek. Wozu sicher auch die Dauerpräsenz der AfD auf allen Medienkanälen beitrage, vermutet Ottinger.

Im Kreisverband sei zumindest keine Spaltung zu bemerken, auch Austritte mit dem Ziel zur Wagenknecht-Partei zu wechseln, habe es nicht gegeben. Zwar stagniere die Mitgliederzahl derzeit etwas, so Schmidt-Behounek, aktuell seien es rund 40 Personen im Kreisverband, zu den besten Zeiten waren es knapp 50. Laut Ottinger habe man mit 17 Leuten 2015 angefangen. Derzeit hielten sich die Aus- und Eintritte in etwa die Waage, sagen beide Sprecher.

Die Aufgaben, welche der neue Vorstand sich gesetzt hat, sind nahezu ausschließlich kommunalpolitisch. Es gehe darum "ein Gegengewicht" zur aktuellen Politik zu schaffen "bei uns daheim im Landkreis und den Gemeinden". Gefordert wird, der chronischen Unterfinanzierung vieler Kommunen durch Umverteilung beizukommen. Damit soll unter anderem die Kinderbetreuung sichergestellt werden, dass Schwimmbäder und andere Sportstätten sowie Kultureinrichtungen erhalten bleiben und dass endlich ausreichend Sozialwohnungen gebaut werden.

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