In Aßling und Bruck:Der Protest formiert sich

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Seit der Vorstellung der Pläne für den Neubau der Strecke südlich von Grafing-Bahnhof gibt es dagegen Protest. Oft verbunden mit der Forderung, die bestehende Strecke auszubauen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Pläne der Bahn zum Brenner-Zulauf stoßen im Süden des Landkreises Ebersberg auf deutlichen Widerstand. Gut 250 Menschen haben nun gegen die Zerschneidung der Landschaft demonstriert.

Von Barbara Mooser, Bruck/Aßling

Wer herausfinden will, wie schön der Landkreis Ebersberg ist, der sollte hierher fahren: kleine Dörfer mit oft noch liebevoll erhaltenen Bauernhäusern, eingebettet in eine Landschaft, die stark von Landwirtschaft geprägt ist. In der Ferne die Alpenkette. Genau hier könnten im nächsten Jahrzehnt Bauarbeiten für eine neue Bahnstrecke beginnen, auf der der Güterverkehr Richtung Brenner abgewickelt wird. Geht es nach Männern wie Anton Günthner-Biller darf es aber nicht so weit kommen. "Wir sind nicht gegen den Bahnausbau", sagt der Aßlinger Landwirt, "aber auf der Bestandsstrecke, sonst nicht."

Wie er sehen es viele Bürgerinnen und Bürger in Aßling und Bruck, den beiden Gemeinden, die von einer möglichen Neubaustrecke am stärksten betroffen sein könnten. Am Samstag haben sie zum Protest an drei möglichen Trassenpunkten aufgerufen und trotz des trüben Regenwetters etwa 250 Gleichgesinnte mobilisiert. Auch Politiker haben sich an den Kundgebungen beteiligt.

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Der Brucker Bürgermeister spricht von einer "Horrortrasse"

Erst am Donnerstag waren die Pläne der Bahn für eine mögliche Neubaustrecke zwischen Grafing und Ostermünchen bekannt geworden, die es möglich machen soll, den zunehmenden Güterverkehr auf der Schiene zum Brenner-Basistunnel abzuwickeln. Die vier vorgestellten Trassen weichen teils deutlich von der bestehenden Bahnstrecke ab, in mehr oder weniger großen Bögen führen sie westlich davon durch die Landschaft. Die Aßlinger Ortsteile Lorenzenberg und Niclasreuth wären bei zwei möglichen Neubaustrecken stark betroffen, die sogenannte "Grobtrasse Limone" läge westlich von ihnen, die "Grobtrasse Rot" im Osten. Auf Brucker Terrain würde die "Grobtrasse Pink" an Feichten und Hüttelkofen vorbei führen und damit auch nah am geschützten Brucker Moos verlaufen.

Als "Horrortrasse" bezeichnet deshalb der Brucker Bürgermeister Josef Schwäbl (CSU) diese Variante. Das Versprechen aus dem Dialogverfahren, dass auf Naturlandschaften und das Landschaftsbild Rücksicht genommen werde, sei nicht gehalten worden, sagt er. Auch wertvolle landwirtschaftliche Flächen würden durchschnitten, sagt er, das könne man nicht akzeptieren. Die Protestveranstaltung bei Hüttelkofen soll laut Schwäbl erst der Anfang sein, die Gemeinde werde sich noch deutlich gegen die Pläne positionieren. Dabei, das unterstreicht der Brucker Bürgermeister, stehe man hinter dem Ziel, den Güterverkehr stärker auf die Bahn zu verlagern - aber eben nicht so.

Der Bund Naturschutz übt ebenfalls Kritik

Ebenso wütend wie in Bruck ist man auch in Aßling über die Pläne der Bahn, auch dort machte man dem Ärger am Samstag bei zwei Protestveranstaltungen nahe Lorenzenberg und Pfadendorf Luft, fast 200 Menschen waren hier insgesamt dabei. Das Dialogverfahren sei "eine reine Alibi-Veranstaltung" gewesen, sagt Anton Günthner-Biller, der selbst stark betroffen wäre. Eine der Trassen würde direkt an seiner Landwirtschaft vorbei führen.

Mit den Protesten am Samstag wollen es die Betroffenen aber nicht bewenden lassen. Der Brucker Bürgermeister will sich, wie er sagt, möglichst bald mit seinen Kollegen in Aßling und Grafing zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Denn dass jeder nur seine eigenen Vorstellungen durchsetzt und dabei möglicherweise das Problem nur in eine andere Gemeinde verschiebt, das dürfe es nicht geben, unterstreicht Schwäbl.

Unterstützung bekommen die Brucker und Aßlinger auch vom Bund Naturschutz. Vertreter der Kreisgruppe demonstrierten am Samstag bei ihnen mit. Aktuell gebe es auf der vorhandenen Bahnstrecke genügend Kapazitäten für eine Verkehrsverlagerung vom Lkw auf die Schiene, so die BN-Kreisgruppe in einer Pressemitteilung, daher lehne der BN derzeit eine neue Trasse für den Brennernordzulauf ab. Allerdings machen die Naturschützer deutlich, dass sie die Lage auch wieder anders bewerten könnten, sollte sich durch verkehrspolitische Maßnahmen so viel Güterverkehr auf die Schiene verlagern, "dass ein Bedarf von deutlich über 300 Zügen pro Tag besteht".

Kritik üben Naturschützer wie Bürgermeister an der per Gesetz festgelegten Planungsgrundlage, dass die zwei neu zu bauenden Gleise mit einer Spitzengeschwindigkeit von 230 Kilometern pro Stunde befahrbar sein müssen. Dies stehe "aufgrund der dafür benötigten Gleisradien und dem enormen Flächenverbrauch in keinem Verhältnis zum Bedarf des Gütertransportes auf der Schiene", so der Bund Naturschutz. "Deswegen fordern wir, dass diese Planungsgrunde an den tatsächlichen Bedarf und die Gegebenheiten der Bestandstrecke im Ballungsraum München angepasst wird."

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