Zuspruch und Gegenwind:Hohenlindenerin bringt Landesjagdverband zum Beben

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Mechtild Maurer will ihr Ehrenamt beim Jagdverband weiterführen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mechtild Maurer hat als Schatzmeisterin auf mögliche Unregelmäßigkeiten hingewiesen - und damit einiges in Gang gesetzt.

Von Philipp Schmittund Barbara Mooser, Hohenlinden

Noch immer staunt Mechtild Maurer über das, was sie da in Gang gesetzt hat. Der Landesjagdverband ist in Aufruhr, Präsident Jürgen Vocke ist mit mehreren Rücktrittsforderungen und einer Anzeige konfrontiert - und sie selbst erfährt neben Zuspruch auch gehörig Gegenwind. Dabei hat die Hohenlindenerin nur das getan, was sie als Landesschatzmeisterin des Verbands für notwendig und geboten hielt: Sie gab den Anstoß, Klarheit in die Finanzen des Verbands zu bringen und einen externen Gutachter damit zu beauftragen. Selbst wenn sie damals vorausgesehen hätte, was sie auslösen würde, würde sie immer wieder so handeln, sagt sie: "Weil es richtig ist, den Verband mit einer modernen Organisation zu versehen, die die Compliance-Regeln kennt und einhält."

Begonnen hatte alles beim Landesjägertag in Passau im Frühjahr. Maurer, die die Aufgabe als Schatzmeisterin im Vorjahr übernommen hatte, legte hier anders als üblich den Delegierten nicht den Jahresabschluss 2018 zur Genehmigung vor. Die Finanzexpertin, die in Hohenlinden als Steuerberaterin und Wirtschaftsmediatorin tätigt ist und für die ÜWH im Gemeinderat sitzt, hatte das Präsidium vorher überzeugt, dass man die Zahlen zunächst einem neutralen Berater vorlegen und sie prüfen lassen solle. Ihr sei es darum gegangen, moderne Strukturen und Transparenz zu schaffen, sagt sie heute.

Die emotionalen Reaktionen kann Maurer nicht nachvollziehen

Dass das mit diesem an sich harmlosen Vorschlag, von einem Profi Rat zu suchen, so eine enorme "Woge" ausgelöst habe und so viele emotionale Reaktionen hervorgerufen habe, könne sie nach wie vor nicht nachvollziehen. Ihre Forderung nach einer internen Neuordnung sei "völlig überflüssigerweise" mit der Debatte über eine mögliche Nachfolge für den Präsidenten verknüpft worden.

Tatsächlich interessieren die Vorgänge beim Landesjagdverband inzwischen längst nicht nur die fast 5000 Mitglieder. Denn beim Verband liegt einiges im Argen, das hat das Präsidium jetzt auch schriftlich - und in sehr deutlichen Worten. Seit einigen Tagen liegt der Bericht des unabhängigen Wirtschaftsprüfers über die Verbandsfinanzen im Jahr 2018 vor. Demnach gibt es Hinweise auf gravierende Gesetzesverstöße bei der Abwicklung der Verbandsfinanzen. Unter anderem geht es um 5000 Euro Aufwandsentschädigung, die Vocke monatlich für sein Ehrenamt bezogen hat, um die Nutzung seines Dienstwagens, um Spesenabrechnungen und Ähnliches. Nach Überzeugung des Wirtschaftsprüfers haben die Unregelmäßigkeiten ein solches Gewicht, dass die Gemeinnützigkeit des Jagdverbands gefährdet ist.

Auf die Frage, ob sie sich angesichts dieses vernichtenden Urteils in ihrem Kurs bestätigt fühlt, sagt Maurer: "Es geht nicht um recht haben oder nicht recht haben." Sie habe den Mitgliedern das Versprechen abgegeben, für eine transparente Rechnungslegung und eine satzungsgemäße Mittelverwendung zu sorgen. Um nichts anderes gehe es ihr.

Der Verbandschef hat der Schatzmeisterin offen gedroht

Doch während die einen sie als Whistleblowerin feiern, teilen andere gegen sie aus. Insbesondere den Zorn des Präsidenten hat sie sich durch ihre Offensive zugezogen. Dabei schreckt Vocke offenbar auch vor harten Bandagen nicht zurück: Er habe sie schriftlich aufgefordert, einen Präsidiumsbeschluss zu Aufwandsentschädigungen nicht umzusetzen - anderenfalls würde er sich rechtliche Schritte vorbehalten, erzählt Maurer.

Zur Deutschen Presseagentur sagte Vocke zu diesem Thema, es sei in den vergangenen Wochen sehr emotional zugegangen: "Vielleicht habe ich da mal wie ein angeschossener Eber überreagiert, aber niemals gedroht." Auch andere "hochemotionale Reaktionen" gebe es gegen sie, sagt Maurer, es sei ihr sogar zugetragen worden, dass gesagt worden sei, man müsse die Schatzmeisterin "vernichten". "Es passieren Sachen, wo ich mich wirklich frage, was diesen Hass, den ich wahrnehme, auslöst", sagt sie.

Trotz der Anwürfe hat Maurer, die seit 1984 den Jagdschein hat, noch nicht daran gedacht, ihr Ehrenamt beim Jagdverband aufzugeben. Gewählt ist sie vorerst bis 2022. "Wir sind gut unterwegs und haben sehr viel angestoßen", sagt sie. Was die interne Finanzorganisation betreffe, habe sie schon einiges erreicht. Das Rechnungswesen habe sie umgekrempelt und eine Kosten- und Leistungsrechnung mit zeitgemäßer Kostenarten- und Kostenstellenrechnung, Planzahlen, Soll-Ist-Vergleich und modernem Buchhaltungssystem umgesetzt: "Die Umstrukturierung war ein richtiger Kraftakt, der aber gut gelungen ist. Wir haben jetzt einen absolut transparenten Standard, der von den Mitgliedern honoriert wird."

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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