Film:Hackbrett, Harem, Hippies

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In der Höhle mit Rainer Langhans: Anna Werner, die Mutter der Filmemacherin, in den Siebzigerjahren auf Mykonos. (Foto: Dok-Fest München)

Janna Ji Wonders' besonderes Familienporträt "Walchensee Forever"

Von Josef Grübl

Am Anfang war nicht das Wort, sondern der Walchensee. Er sei eine Kraftquelle und eine Zuflucht in der Wirrnis des Lebens, sagt Janna Ji Wonders, hier beginnt die Geschichte ihrer Familie, hier wird sie irgendwann auch enden. Die an der Hochschule für Fernsehen und Film München ausgebildete Regisseurin hat einen Dokumentarfilm über den See im bayerischen Voralpenland gemacht - und über die Frauen ihrer Familie, die hier leben und lebten, die fortgingen und wiederkamen.

"Walchensee Forever" lief auf der Berlinale und wurde mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet, jetzt folgt die München-Premiere im Rahmen des Dok-Fests. Der Film umfasst ein ganzes Jahrhundert: 1920 zieht Wonders' Urgroßmutter mit ihrem Mann an den Walchensee, dort eröffnen sie ein Ausflugscafé. Ihre Tochter Norma wird das Café übernehmen und dort den Rest ihres Lebens verbringen, sie spielt eine der Hauptrollen im Film, eine stolze Dame im Alter von 104 Jahren. Normas Tochter Anna will dagegen etwas von der Welt sehen: Sie reist in den Sechzigerjahren mit ihrer Schwester nach Mexiko, dort spielen sie Hackbrett und Gitarre und jodeln dazu. Zurück in Deutschland lernen sie Rainer Langhans kennen, Anna wird Mitglied seines "Harems". Rast- und ziellos geht es weiter: nach Mykonos, in indische Ashrams oder zu den Blumenkindern in San Francisco. Dort wird auch Janna Ji Wonders geboren, die in ihrem Leben alle möglichen Glaubens- und Lebensentwürfe kennenlernt: Da sind die Hippies in Kalifornien und die Kommunarden in München, die Berliner Künstlerfreunde und die bodenständige Großmutter am Walchensee. Der Regisseurin ist ein schönes Familienporträt gelungen, bayerisch und weltoffen. Das trifft auch auf die Band Dreiviertelblut zu, über die Marcus H. Rosenmüller und Johannes Kaltenhauser einen Dokumentarfilm gemacht haben: Dessen Premiere wurde auf den Herbst verschoben, beim Dok-Fest ist aber die Konzertaufzeichnung "Rundumadum" zu sehen, sie zeigt die Band live im Circus Krone.

© SZ vom 06.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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