Rathaus:Jetzt sind bald alle gebrieft

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OB Dieter Reiter schreibt viele Briefe an Landes- und Bundespolitiker. (Foto: Claus Schunk)

Oberbürgermeister Dieter Reiter hat ein neues Hobby: Er schreibt Briefe an alle möglichen Politiker. Was die davon halten, weiß man nicht so recht.

Kolumne von Heiner Effern

Was haben Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß und die Initiatoren der Demo gegen den Mietwahnsinn gemeinsam? Sie haben einen Brieffreund in München. In dessen Absendervermerk steht eine der Allgemeinheit nicht unbekannte Adresse: Marienplatz 8.

Dort arbeitet ein gewisser Dieter Reiter, Oberbürgermeister, der diesen Sommer offensichtlich ein Konjunkturförderprogramm für das deutsche Postwesen aufgelegt hat. Kein Briefkasten ist mehr sicher vor ihm, wer es nicht glaubt, kann zum Beispiel auch die bayerischen Staatsministerinnen Ilse Aigner und Kerstin Schreyer fragen. Oder die Bundesminister Hubertus Heil und Horst Seehofer.

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Sie alle haben Post bekommen aus dem Rathaus. Die einen (vornehmlich in den Berliner und Münchner Ministerien) mit einem dringenden politischen Anliegen, das die Stadt aus rechtlichen Gründen nicht selbst regeln kann. Die anderen, weil es noch kurz etwas klarzustellen gilt, etwa, dass Reiter natürlich nie gesagt hat, die Landräte bei der MVV-Tarifreform über den Tisch gezogen zu haben. Da aber solche Briefe politisch nichts bringen, wenn Bürger und Wähler nicht davon erfahren, sind sie "offen" geschrieben. Das heißt, Reiters Stab sorgt dafür, dass sie auch ohne die Hilfe von Briefträgern angemessen verbreitet werden.

Wer den OB näher kennt, ahnt schon, dass Reiters Leidenschaft für die Briefeschreiberei nicht nur literarische Gründe haben kann. Dahinter steckt ein wunder Punkt: Viele drängenden Anliegen der Stadt kann er ohne Land und Bund nicht lösen, weil dafür andere Gesetze nötig wären. Reiters Kritiker werden sagen, es wirke hilflos, wenn einer so viele Briefe an andere schreibe, um seine Probleme zu lösen.

Seine Unterstützer werden ihm zugute halten, dass er die Sorgen der Menschen und die Verursacher klar benenne. Und seine Brieffreunde? Unterschiedlich. Sozialministerin Schreyer etwa unterstellt Reiter, dass es ihm nur um Schlagzeilen gehe. Die meisten antworten gar nicht öffentlich. Es steht jedoch zu befürchten, dass manche Institution, nun ja, ein eigenes Ablagefach dafür hat.

Den jüngsten Brief an Bundesbauminister Seehofer (CSU) wegen der hohen Mieten hat Reiter so ähnlich schon an dessen Vorgängerin Barbara Hendricks (SPD) geschrieben. Eine Lösung des Problems ist nicht bekannt.

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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