Kritik:Letzter Ausweg Lachen

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Der Vorhang zu und alle Fragen offen: Désirée von Delft im Schlussbild ihrer "Lola Blau"-Version in der Drehleier. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Désirée von Delft glänzt in der Drehleier als Kreislers "Lola Blau".

Von Oliver Hochkeppel

Krieg, Verfolgung, Remigration und das Weiterleben der Opfer mit Tätern ohne Einsicht und Sühne - man kann leider nicht behaupten, dass Georg Kreislers 1971 uraufgeführtes tragikomisches Ein-Frau-Musical "Heute Abend: Lola Blau" an Aktualität verloren habe. Was er aus eigenen Erfahrungen zu einem Zeitportrait verdichtet und seiner damaligen Frau Topsy Küppers auf den Leib geschrieben hat, ist (man verzeihe das Wortspiel) eine Blaupause etwa für das, was gerade in Russland und der Ukraine vor sich geht. Umso deutlicher wird das, wenn sich eine Inszenierung so sehr an Kreislers Stück-Idee hält wie die von Regisseur Jacoub Eisa und seiner Darstellerin (und Frau) Désirée von Delft in der Drehleier.

Mit großem Aufwand besorgten die beiden die von Kreisler sehr konkret vorgeschriebenen Einspielungen von Goebbels- und Hitler-Reden, Aufmärschen, Kriegs-, Bahnhofs- oder Stadtszenen und drehten einiges Material mit Delft im gleichen Sepia-Schwarz-Weiß wie die Dokumentaraufnahmen selbst. Dazu geben Close-Ups von befreundeten Schauspielern wie Elke Wilkens, Sepp Schauer oder Sebastian Fischer Brief-Zitaten oder Telefonaten (von Lolas Freund Leo bis zum geschichtsklitternden Wiener) ein Gesicht. Besonders wirkungsvoll wird das durch das geniale Bühnenbild mit einem semitransparenten Leinwandrahmen, der Projektionen und Bühnengeschehen ineinander verschmelzen lässt.

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Das samt den Kostümwechseln dazu nötige Timing hat Delft ebenso souverän im Griff wie die darstellerische Entwicklung der Lola Blau von der Naiven über das Sexsymbol wider Willen bis zur Desillusionierten. Ebenso variabel und überzeugend ist ihr von Anna Heller am Klavier begleiteter Gesang bei den Song-Klassikern von "Sie ist ein herrliches Weib" bis zu "Zu leise für mich". So rundete sich alles zu einem ausdauernd beklatschten Abend, der einen über die Ungerechtigkeit und Unbehaglichkeit des Lebens lachen ließ, wie man das wohl nur bei Kreisler kann (nochmals 24. bis 26. März).

Beeindruckende Bühnenbilder und eine kluge Inszenierung führen Désirée von Delft durch Kreislers tragikomisches Ein-Frau-Musical. (Foto: Oliver Hochkeppel)
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