Der Vorschlag der Stadt München, dass sich die Münchner Philharmoniker und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks künftig den Konzertsaal im Gasteig teilen sollen, stößt bei privaten Konzertveranstaltern auf scharfe Kritik. Ihnen bliebe mit diesem Konzept nur noch der Dienstag in der Philharmonie, beklagte Andreas Schessl, der Chef von München-Musik, dem mit Abstand größten privaten Konzertveranstalter. Das sei "völlig aberwitzig", damit sei "die Vielfalt weg", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Nach Schessls Angaben bestreiten die privaten Veranstalter mehr Konzerte im Gasteig als Philharmoniker und BR-Symphoniker zusammen. Damit seien sie "ein wichtiger Faktor in der Philharmonie, vor allem ein Faktor der Vielfalt". Weder OB Ude noch die Geschäftsführung des Gasteigs hätten mit ihm über die Pläne gesprochen, er fühle sich dadurch "ziemlich verprellt", sagte Schessl. Er gehe davon aus, dass seine Kollegen von den anderen Veranstaltern der gleichen Meinung seien.
Dagegen begrüßte Schessl den Vorschlag, den Gasteig akustisch zu optimieren, bezweifelte aber, dass 70 Millionen Euro dafür ausreichen werden. Das primäre Ziel der Stadt sei offenbar "die Verhinderung eines Konzertsaalneubaus". Die Angst der Stadt, mit einem neuen Konzertsaal werde der Gasteig womöglich unattraktiv, hält Schessl jedoch für "völlig unbegründet". Ein neuer Konzertsaal sei "wie ein Konjunkturprogramm für Kultur" und werde einen "Sog" für zusätzliche Veranstaltungen schaffen.
Obwohl der Bayerische Rundfunk einer gemeinsamen Nutzung eine Absage erteilt hat, bekräftigte OB Christian Ude nochmals seinen Vorschlag. Die Alternative sei nicht "Gasteig oder Neubau", sondern die Frage, den Gasteig entweder gemeinsam zu nutzen oder am Ende gar nichts zu bekommen. Die Variante, sowohl den Gasteig aufwendig zu sanieren als auch einen weiteren Konzertsaal zu bauen, ist in Udes Augen "ein finanzielles Abenteuer". Bei Beträgen von mehreren hundert Millionen Euro für beide Vorhaben riskiere die Stadt, dass es zu Bürgerbegehren von Leuten komme, die nicht regelmäßig ins Konzert gingen.
Die Kritik des scheidenden Chefdirigenten der Philharmoniker, Christian Thielemann, mochte Ude nicht gelten lassen. Thielemann hatte in einem Interview des Münchner Merkur erklärt, nur eine "Totaloperation" könne den Gasteig retten, und der Stadt vorgeworfen, die akustischen Mängel des Saales zu lange nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Ude sagte dazu, die Anhänger Thielemanns hätten "jahrelang von großen Musikerlebnissen in der Philharmonie geschwärmt".
Ude räumte ein, dass es in modernen Sälen bessere akustische Verhältnisse gebe. Eine Stadt könne jedoch nicht "in jedem Jahrhundert einen Konzertsaal auf dem neuesten Stand der Technik" haben. "Wollen wir wirklich alle 25 Jahre einen Konzertsaalbau einreißen?" Man habe schließlich auch die Alte Pinakothek nicht abgerissen, obwohl moderne Museen ganz andere Möglichkeiten böten.
Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch begrüßte, "dass Bewegung in die Konzertsaaldiskussion kommt". Viele Münchner wünschten sich "einen wirklich hervorragenden Konzertsaal". Es gehe darum, dieses bürgerschaftliche Engagement "ernst zu nehmen".