Literatur:Zwei Eigenbrötler als Ermittler

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Der schwedische Schriftsteller David Lagercrantz hat einen neuen Krimi geschrieben: "Der Mann aus dem Schatten" ist der Auftakt zu einer dreibändigen Reihe. (Foto: Kajsa Göransson)

Der schwedische Autor David Lagercrantz stellt seinen neuen Thriller "Der Mann aus dem Schatten" in München vor.

Von Sabine Reithmaier, München

Ein Schiedsrichter ist erschlagen worden. Unmittelbar nach einem Spiel. Warum hat er auch einen offensichtlichen Elfmeter nicht gegeben. Der Stürmerstar wälzt sich verletzt am Boden, dessen jähzorniger, schwer angetrunkener Vater rastet aus. Am Spielfeld gelingt es noch, den Wütenden zurückzudrängen. Aber als wenig später der Unparteiische, ein afghanischer Flüchtling und angebliches Folteropfer der Taliban, ermordet in einem Wäldchen gefunden wird, das der Vater zuvor mit blutverschmierten Hemd verlassen hatte, ist eigentlich alles klar. Ein Irrtum, der den Ermittlern schwer zu schaffen macht. 370 Seiten braucht David Lagerkrantz in seinem Thriller "Der Mann aus dem Schatten" (Heyne), um das komplizierte Knäuel zu entwirren. Schließlich hat er nicht nur die Taliban, sondern auch den US-Geheimdienst oder das schwedische Außenministerium hinein verstrickt. Und natürlich ist auch das Alltagsleben der Hauptfiguren alles andere als einfach.

Der schwedische Autor, Jahrgang 1962, hat sich als Biograf und Krimiautor längst einen Namen gemacht. Hierzulande kennen ihn die meisten als den Mann, der Stieg Larssons berühmte "Millennium-Trilogie" um die Hackerin Lisbeth Salander und den investigativen Starjournalisten Mikael Blomkvist weitererzählt hat. Der Journalist und Schriftsteller Stieg Larsson selbst war 2004 gestorben, seine drei Krimis wurden erst posthum veröffentlicht. Als sich der Verlag entschloss, die Reihe fortzusetzen, übernahm Lagercrantz 2013 die schwierige Aufgabe und schrieb weitere drei Bände.

Zu dem Zeitpunkt war der schwedische Autor bereits sehr bekannt. Allerdings nicht wegen eines Thrillers, sondern aufgrund seiner Biografie "Ich bin Zlatan" über den schwedischen Fußballer Zlatan Ibrahimovic, eines der meistverkauften Bücher Schwedens. Biografien zu schreiben war für Lagerkrantz ein naheliegender Gedanke. Denn schon sein Vater Olof Lagercrantz hatte sich mit seinen Büchern über James Joyce, Marcel Proust und Dante einen Namen gemacht. Der Sohn studierte erst Philosophie und Religionswissenschaften, bevor er als Journalist zu arbeiten begann und zum Kriminalreporter bei der Tageszeitung Expressen avancierte. Sein erstes Buch schrieb er 1997 zusammen mit dem Bergsteiger Göran Kropp über dessen Aufstieg auf den Mont Everest.

Lagerkrantz' Fortsetzung der Millenium-Reihe war erfolgreich. Doch nach drei Bänden kündigte er an, damit aufzuhören. Er wollte ein neues Kapitel in seiner Schriftstellerkarriere aufschlagen und zum ersten Mal seine Romanfiguren selbst erfinden. Den verschrobenen Hans Rekke etwa, einen manisch-depressiven Psychologen, der über eine fast unheimliche Beobachtungsgabe verfügt und nach wenigen Minuten einem Menschen aufgrund körperlicher Merkmale sagen kann, welchen Sport er treibt oder welches Instrument er spielt. Oder Micaela Vargas, eine junge Polizistin aus einem Stockholmer Ghetto, die sich mit ihren chauvinistischen Kollegen herumärgert und ständig unzufrieden mit dem Stand der Ermittlungen ist. Glatt läuft tatsächlich nichts in dem Thriller. Doch es ist ein großes Vergnügen, den Ermittlungen der beiden Eigenbrötler Vargas und Rekke zu folgen.

David Lagercrantz: Der Mann aus dem Schatten. Lesung am Freitag, 1.4., 20 Uhr, Literaturhaus München, Saal und Stream

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