Coronavirus:Schöne Bewährung

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Corona und Weihnachten: Das Fest wird in diesem Jahr 2020 anders sein als sonst. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In den kommenden Tagen stehen dem Landkreis Dachau und seinen Einwohnern einige Herausforderungen bevor. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu Weihnachten und Silvester in Corona-Zeiten.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist ein beklemmendes Gefühl, das die Menschen im Landkreis derzeit beherrscht. Zwar schöpfen sie Hoffnung, weil nun die ersten Impfdosen den Landkreis erreichen, doch die Angst vor dem Virus überwiegt. Der Inzidenzwert des Landkreises lag am Dienstagabend bei 177,5, die Zahl der Toten stieg auf 85, das Infektionsgeschehen ist weiter diffus. Doch immerhin zeigt eine Bestandsaufnahme im Landkreis Dachau, dass man gut vorbereitet ist auf die Herausforderungen der kommenden Wochen. Die Versorgung ist weitestgehend gewährleistet.

Immunisieren

Das große Impfen soll an diesem Sonntag, 27. Dezember, beginnen. Der Impfstoff der Hersteller Biontech und Pfizer soll an diesem Tag den Landkreis Dachau endlich erreichen, zwei weitere Lieferungen werden am Montag und Mittwoch erwartet. Landrat Stefan Löwl (CSU) rechnet allerdings mit "sehr überschaubaren Mengen". An der Reihe sind zunächst Pflegebedürftige und ihr Personal, ansässige Ärzte können zudem Empfehlungen geben, falls sie bei Patienten akuten Bedarf sehen. Eine Eigenanmeldung von über 80-Jährigen, so schätzt Löwl, wird erst im Laufe des Januars möglich sein, sofern ausreichend Impfstoff vorhanden ist. Der Landrat will Bürger, die 1940 oder früher geboren sind, auf dem Postweg rechtzeitig informieren. Mit zwei Impfzentren gehört der Landkreis Dachau zu den am besten versorgten Regionen in Bayern. In der Dachauer BRK-Geschäftsstelle am Rotkreuzplatz und im mobilen Impfzentrum der Johanniter am Karlsfelder See sollen täglich insgesamt 300 Menschen immunisiert werden; bei Bedarf könnte man diese Zahl noch auf 1000 Dosen pro Tag erhöhen. Die meisten Vorkehrungen in den Impfzentren sind bereits getroffen. Die Motivation und Einsatzbereitschaft von Ärzten und medizinischen Fachkräften im Landkreis sind groß. "Unser Herz schlägt höher, weil uns bewusst ist, dass wir einen Beitrag zur Auflösung der Pandemie leisten können", sagt BRK-Geschäftsführer Paul Polyfka. Allein beim BRK sind demzufolge mehr als 300 Bewerbungen auch von Ärzten im Ruhestand eingegangen. Das Technische Hilfswerk (THW) hat dem Rettungsdienst inzwischen elf Paletten mit Tausenden Masken, Schutzanzügen, Handschuhen, Spritzen und Kanülen angeliefert. Am zweiten Weihnachtsfeiertag soll ein letzter interner Testlauf stattfinden. Die Anmeldung zu den Impfterminen soll möglichst online und nur in Ausnahmen telefonisch erfolgen. Paul Polyfka bittet Familien, ihren Angehörigen bei der Anmeldung zu helfen, falls sie keine Erfahrung mit dem Internet haben. Die Bürger müssen sich in jenem Landkreis zur Impfung anmelden, in dem sie auch leben.

Im Landkreis gibt es zwei Impfzentren, eines steht am Karlsfelder See. (Foto: Toni Heigl)

Versorgen

Die Situation im Helios Amper-Klinikum Dachau bleibt angespannt: "Die hohe Inzidenz und verschiedene Ausbruchsereignisse, unter anderem in Pflegeeinrichtungen, spiegeln sich in der Anzahl an stationär behandelten Covid-19-Patienten wider", sagt der Pandemiebeauftragte des Klinikums, Alexander von Freyburg. Am Dienstagmorgen behandelte das Krankenhaus insgesamt 28 Corona-Patienten, sieben davon auf der Intensivstation, deren Betten generell durchgehend stark frequentiert und ausgelastet seien. 25 Prozent der Intensivbetten beanspruchen aktuell Corona-Infizierte, wobei diese dort erfahrungsgemäß länger als andere Patienten verweilen müssen. Die Beatmungsmöglichkeiten sind aktuell zu 50 Prozent ausgelastet. Die Intensivkapazitäten wurden bereits erweitert. Aktuell werden 30 Bettplätze dort betrieben. Ebenso wurde bereits die Isolierstation C1-00 für weniger schwere Fälle von 38 auf 52 Betten erweitert. Diese Betten sind derzeit nicht vollständig ausgelastet und könnten bei Bedarf noch auf 104 Plätze aufgestockt werden. Ein weiterer Ausbau der Kapazitäten ist bereits vorgeplant und könnte innerhalb weniger Tage vollzogen werden. Sämtliche geplante Eingriffe, die nicht unbedingt erforderlich sind, hat das Klinikum bis auf weiteres verschoben.

Testen

Die Corona-Teststrecke in Markt Indersdorf arbeitet gerade am Anschlag, weil viele Menschen auf Nummer sicher gehen, bevor sie ihre Verwandten an Weihnachten besuchen. "Das ist auch sinnvoll und legitim", sagt der leitende Arzt Christian Günzel. An manchen Tagen werden an der Station derzeit 600 Abstriche genommen, bevor sie nach Augsburg ins Labor kommen. "Wir arbeiten teilweise über der Belastungsgrenze, aber es läuft gut", sagt Günzel. Einen Termin braucht man in Markt Indersdorf nicht, die Wartezeit beträgt in der Regel zwischen 15 und 60 Minuten. Pro Woche werden an der Teststrecke und bei rund 20 Hausärzten im Landkreis Dachau insgesamt etwa 6000 Abstriche genommen, das sind 20 Mal so viele wie in manchen Wochen im Sommer. Während vor wenigen Monaten noch 2,5 Prozent der Tests positiv ausfielen, sind es heute zwischen acht und neun Prozent, was ein Indiz dafür ist, wie rasant sich das Virus verbreitet. Die zwei Impfzentren im Landkreis bieten über die Weihnachtsfeiertage Schnelltests für Menschen an, die ihre Angehörigen in Pflegeheimen besuchen wollen. Auch dieses Angebot werde gut angenommen, sagt Landrat Löwl.

Nachverfolgen

Man würde annehmen, dass die Belastung für das sogenannte Contact Tracing Team (CTT), das die Infektionsketten nachverfolgt, mit steigenden Infektionszahlen deutlich zunimmt. Mit dem harten Lockdown jedoch haben sich die sozialen Kontakte der Menschen deutlich reduziert, sodass das CTT weniger Kontaktpersonen ermitteln und anrufen muss. Zudem hat man sich in den vergangenen Monaten personell deutlich verstärkt. Der Freistaat schuf befristete Vollzeitstellen, außerdem bekommt das CTT Unterstützung etwa von der Polizei, der Bundeswehr oder Mitarbeitern von Finanzämtern, der Staatsbibliothek München oder dem Amtsgericht Augsburg. Insgesamt zählt das Team, das in Containern am Josef-Effner-Gymnasium arbeitet, mittlerweile 40 Personen und ist sieben Tage die Woche im Einsatz. "Wir kommen noch hinterher. Jeder Fall, der bei uns eintrifft, wird noch am selben Tag bearbeitet", sagt Leonora Grehl-Didczuhn, die Leiterin des CTT.

Mitarbeiter des Contact Tracing Teams sollen Infektionsketten brechen. Bei weniger Kontakten müssen sie weniger Personen ermitteln. (Foto: Toni Heigl)

Feiern

Die Feiern an Weihnachten werden in diesem Jahr anders sein, kontaktärmer. Generell gilt, dass sich derzeit maximal fünf Personen aus zwei Hausständen treffen dürfen, hinzu kommen Kinder unter 14 Jahren aus den entsprechenden Haushalten. Für die Weihnachtsfeiertage hat die Staatsregierung diese Vorgaben leicht gelockert. Vom 24. bis einschließlich 26. Dezember darf jeder Haushalt zusätzlich bis zu vier weitere erwachsene Personen einladen, plus deren Kinder, sofern sie unter 14 Jahre alt sind. Allerdings müssen diese Gäste aus dem "engsten Familienkreis" stammen, müssen Eltern, Kinder oder Enkelkinder sein. Auch Ehegatten und Lebenspartner zählen zum engsten Umfeld. Betroffen vom Lockdown sind an Weihnachten besonders auch die Christmetten, die in "normalen" Zeiten verlässlich die Kirchen füllten. Doch die Not macht die Gemeinden erfinderisch. Vor dem Gemeindezentrum in Schwabhausen können Gläubige von diesem Sonntag an einen Familiengottesdienst "to go" für Heiligabend mitnehmen. Oder um die Friedensinsel in Odelzhausen ist ein Weihnachtsweg installiert, der individuell begangen werden kann. Entgegen ihrer ursprünglichen Pläne haben manche Gemeinden ihre Präsenzgottesdienste inzwischen abgesagt. Die Dachauer Friedenskirche hat sich entschieden, alle Gottesdienste bis einschließlich 10. Januar lediglich online zu übertragen. Andere Gemeinden wiederum halten ihre Messen ab. Im Erdweger Pfarrzentrum beispielsweise dürfen am Donnerstag 70 Personen nach Anmeldung und unter Einhaltung der Masken- und Abstandsregeln christlich Weihnachten feiern.

Kontrollieren

Die bayerische Staatsregierung hat die Corona-Regeln deutlich verschärft, landesweit gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr. Kontrolliert werden diese Vorgaben im Landkreis maßgeblich von der Dachauer Polizei. In den vergangenen zehn Tagen registrierte und ahndete sie 150 Verstöße gegen Corona-Regeln. In 40 Fällen hielten sich Bürger nicht an die Ausgangssperre und waren nachts noch zu Fuß oder im Auto auf den Straßen unterwegs, ohne einen triftigen Grund nennen zu können. Sie müssen ein Bußgeld von 500 Euro bezahlen. 80 weitere Verstöße richteten sich gegen die Maskenpflicht, besonders häufig kam es dazu am Dachauer Bahnhof. Bei geringfügigen Verstößen, etwa wenn die Nase nicht von der Maske bedeckt ist, wird ein Verwarnungsgeld von 55 Euro fällig, ganz ohne Maske zahlt man 250 Euro. Die Streifenbesatzungen der Polizei sind für entsprechende Verstöße sensibilisiert, vereinzelt führen sie Schwerpunktkontrollen durch. Auch an Weihnachten und Silvester will man diese Strategie weiterverfolgen. Insgesamt zeigten sich die Bürger diszipliniert. Polizeisprecher Björn Scheid sagt: "Der große Teil hält sich an die Vorgaben."

© SZ vom 23.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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