Volleyball:Den Staub hinausgewedelt

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Schlaggewaltig vor vollen Rängen: Blocker Fabian Suck (li.) erhält den Ball von Zuspieler Luca Russelmann. (Foto: Toni Heigl)

Die Volleyballer des ASV Dachau feiern nach 18 Jahren eine höchst unterhaltsame Rückkehr in die erste Bundesliga - verlieren ihr Heimspiel gegen Bitterfeld-Wolfen aber mit 2:3. Im Fokus steht die schrittweise Entwicklung, nicht der Blick zurück auf glorreiche Zeiten.

Von Sebastian Winter

Die angestaubten Pokale in der Vitrine im düsteren Seitengang, die von den glorreichen neunziger Jahren zeugen; die Tribüne oben unterm Dach, das inzwischen undicht geworden ist; der scheppernde Sound aus den Boxen: Die Georg-Scherer-Halle als Schmuckkästchen zu beschreiben, das wäre dann doch ein Euphemismus. Am Samstag fiel auch noch das W-Lan aus, was die Helfer an der Kasse, an der die digitalen Tickets gescannt werden sollten, an den Rand der Verzweiflung brachte - und die Warteschlange bis hinaus auf den Parkplatz verlängerte. Aber die Halle, die ihre besten Zeiten längst hinter sich hat, erstrahlte dann doch: auf ihre ganz eigene Art und Weise.

Denn drinnen wurde den Zuschauern im vollbesetzten Haus (allein das gab es seit Urzeiten nicht) auf einem blauen, modernen, abgesetzten Boden Erstligasport geboten. Die Volleyballer des ASV Dachau feierten nach 18 Jahren ihre Rückkehr ins Oberhaus, ihr Gegner hieß VC Bitterfeld-Wolfen, ein weiterer Aufsteiger. 18 Jahre sind eine lange Zeit, noch länger ist der erste deutsche Meistertitel her. 1995 gelang den Dachauern mit Trainer Stelian Moculescu und Hauptsponsor Post AG dieser Coup, im Jahr darauf folgte die Titelverteidigung und der Einzug ins Champions-League-Finale, 1997 dann der DVV-Pokalsieg. Danach ging es bergab, 1998 in die zweite Liga, 2002 in die Insolvenz und zwangsweise in die Regionalliga.

Die Fallhöhe war also groß an diesem Abend der Rückkehr. Aber der neue Erstligist will gar nicht so viel an früher denken. Trainer Patrick Steuerwald, selbst 125-maliger Nationalspieler, hatte schon vor Monaten betont, dass die Mannschaft ihre eigene Geschichte schreiben wolle. Der Auftakt war dann schon mal vielversprechend und spannend zugleich. Denn Dachau verlor zwar seine Partie gegen die Sachsen-Anhaltiner 2:3 (25:16, 25:23, 18:25, 19:25, 12:15), bot dem neugierigen Publikum, das auch aus dem weiteren Umkreis angereist war, aber gute Unterhaltung. "Es ist geil, ein tolles Gefühl für die Volleyballer und die Stadt Dachau, dass der ASV wieder erstklassig ist", sagte Dachaus Teammanager Raiko Worf, der mit dem Verlauf der Partie aber nicht glücklich war.

Im ersten Satz spielte Steuerwalds Mannschaft die Gäste fast an die holzvertäfelte Wand, 18:9 stand es zwischenzeitlich. Im zweiten Satz hielt sie den stärker werdenden Gegner nervenstark in Schach. Außenangreifer Patrick Rupprecht und Diagonalmann Tobias Besenböck, der nach starken Trainingsleistungen für den Kapitän und Zugang Simon Gallas spielte, zeigten bis dahin eine feine Leistung. Auch Blocker Iven Ferch merkte man an, dass er in den drei Jahren zuvor in Herrsching einige Erstligaerfahrung gesammelt hat. Je länger die Partie aber dauerte, desto eher präsentierte sich der ASV als typischer Aufsteiger - sehr schwankend, unkonstant, vor allem im viel schwächer werdenden Aufschlag und im Block.

Trainer Patrick Steuerwald am Samstag bei der Arbeit in der Georg-Scherer-Halle. (Foto: Toni Heigl)

"Das Ende des zweiten Satzes war unser Bruch im Spiel", analysierte Steuerwald: "Wir haben nicht mehr mit der Energie gespielt, die uns bis dahin ausgezeichnet hat, haben unsere Angriffe nicht mehr konstant durchgebracht." Bitterfeld-Wolfen nutzte Dachaus Schwäche hartherzig aus - vor allem in Person des späteren Topscorers Logan House aus Kanada, der 25 Punkte erzielte.

Steuerwald merkte später noch selbstkritisch an: "Ich hätte Simon vielleicht etwas früher einwechseln sollen." Gallas, der Kapitän, hatte im fünften Satz nicht nur emotionalen Schwung aufs Feld gebracht, sondern auch seine drei Angriffe erfolgreich beendet. Doch der Rückstand war da schon zu groß gewesen, Bitterfeld-Wolfen verwandelte schließlich den vierten Matchball.

Der Abstieg ist in den nächsten zwei Jahren ausgesetzt, um die Liga zu konsolidieren

Was also bleibt von diesem Abend? Besenböck fasste es ganz gut zusammen: "Es hat noch nie so viel Spaß gemacht." Einen Punkt für die Tabelle haben sich die Dachauer auch gesichert, sie wollen ja Playoff-Platz acht erreichen. Und über den Abstieg müssen sie sich ohnehin keine Sorgen machen, denn der ist in den nächsten zwei Jahren ausgesetzt, um die Liga zu konsolidieren. Es geht nun darum für den ASV, die nächsten kleine Schritte hineinzumachen in den Profivolleyball, mit überschaubarem Etat, Spielern, die im Idealfall Identifikationsfiguren sind und mehr als 200 Jugendlichen, die der Nährboden für die Zukunft sein sollen. "Wir wollen mittelfristig schon im oberen Mittelfeld andocken, aber uns erstmal Stück für Stück entwickeln", sagt Worf.

An Allerheiligen (17 Uhr) bietet sich die nächste Gelegenheit: im ersten Auswärtsspiel, 30 Kilometer südöstlich in Unterhaching.

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