Landtagswahl im Landkreis Dachau:Kandidatencheck der Landwirte

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Auf dem Podium diskutieren ausschließlich Männer: Die Landtagskandidaten Hubert Böck, Johann Groß, Martin Modlinger, Frank Sommerfeld, Bernhard Seidenath und Tobias Teich. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei einer Podiumsdiskussion des Bauernverbandes in Rumeltshausen beantworten sechs Landtagskandidaten Fragen zu Flächenfraß, Fleischkonsum und Erbschaftssteuer. Vor allem einer eckt beim Publikum ziemlich an.

Von Anna Schwarz, Schwabhausen

Es ist kurz nach 19.45 Uhr im Gasthaus Göttler in Rumeltshausen, an den Stehtischen schütteln sich die sechs Landtagskandidaten die Hände- es sind ausschließlich Männer in Hemd oder Sakko -, plauschen noch, bevor die Fragerunde der Kreisvorstandschaft des Bauernverbandes beginnt. Der Saal ist mit rund 70 Zuhörern gut gefüllt, neben den Landwirten sitzen auch Parteikollegen und Bezirkstagskandidaten wie Stephanie Burgmaier (CSU) und Dennis Behrendt (SPD) im Publikum. Eingeladen wurden die Kandidaten der Parteien, die auch im Landtag vertreten sind, sagt Kreisobmann und Landwirt Simon Sedlmair aus Puchschlagen bei der Begrüßung. In den nächsten drei Stunden beantworten sie etwa Fragen zu ihrem Fleischkonsum, Flächenfraß und Erbschaftssteuer.

Doch zunächst stellen sich die Politiker vor und haben dafür maximal zwei Minuten Zeit. In alphabetischer Reihenfolge beginnt Hubert Böck (SPD) aus Markt Indersdorf. Der 58-Jährige ist Leiter des Rettungsdienstes in Freising, sein Spezialgebiet sei die Gesundheitspolitik, denn die Bedingungen in Kinderbetreuung und Pflege seien verbesserungswürdig, sagt er. Neben ihm steht Johann Groß (Freie Wähler) aus Bergkirchen, er ist Landwirt und sitzt in Gemeinderat und Kreistag, denn er wollte nicht nur über die Politik schimpfen, sondern selbst etwas bewegen, so der 66-Jährige.

Grünen-Kandidat Martin Modlinger ist in Taxa aufgewachsen und mittlerweile Dachauer Stadtrat. Als Kommunalpolitiker sei ihm die Frage wichtig: "Was lassen wir unseren Kindern einmal übrig?" Sein Tischnachbar Frank Sommerfeld (FDP), der auch im Kreistag sitzt, arbeitet als Orthopäde in Dachau, kennt sich in der Gesundheitspolitik aus und hat einen landwirtschaftlichen Betrieb in Portugal. Den meisten im Saal bekannt ist Bernhard Seidenath, er sitzt seit 15 Jahren für die CSU im Landtag und ist gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion. AfD-Kandidat für den Wahlkreis Jürgen Henritzi ist an diesem Abend verhindert, deshalb vertritt ihn Tobias Teich, der im Stimmkreis Pfaffenhofen kandidiert.

"Wenn das hier im Saal anders ist, dann haben Sie es gut erwischt."

Die ersten Fragen kommen von der Kreisvorstandschaft des Bauernverbandes: Moderatorin Dagmar Wagner will wissen, wie die Kandidaten den Flächenfraß im Freistaat eindämmen wollen. Schließlich drohe ab 2024 die Stilllegung von vier Prozent Ackerfläche, auf denen keine Lebensmittel mehr produziert werden können, diese Flächen sollen dann dem Artenschutz dienen. Genosse Böck sagt: "Bauernland muss Bauerland bleiben", er lehne es ab, dass Gewerbegebiete immer mehr nach außen verlagert werden. Die drei Direktkandidaten Groß, Sommerfeld und Teich sehen die Flächenstilllegung von vier Prozent kritisch, FW-Mitglied Groß sagt: "Das geht gar nicht!" Er spricht sich zudem gegen Photovoltaik-Freiflächenanlagen aus. Vorher sollten erst alle Dächer im Landkreis mit PV-Anlagen vollgemacht werden, sagt Groß.

Um den Flächenfraß zu verhindern, will Modlinger bereits versiegelte Flächen nachverdichten: "Auf Beton wächst ja nichts mehr", sagt der Grüne. Seidenath sieht einen "massiven Interessenskonflikt" bei der Flächennutzung: Auf der einen Seite stünden die Bauern, die ihre Äcker pflegen, auf der anderen Seite brauche man aber Wohnungen und Gewerbegebiete, weil der Freistaat jedes Jahr um Tausende Einwohner wachse.

Dagmar Wagner moderiert die Podiumsdiskussion, an der auch die Landtagskandidaten Hubert Böck, Johann Groß und Martin Modlinger teilnehmen. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Kreisobmann Simon Sedlmair (vorne rechts) will von den Politikern unter anderem wissen, wie sie zur Erbschaftssteuer stehen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Darüber hinaus will Kreisobmann Sedlmair von den Männern auf dem Podium wissen, wie sie zur Erbschaftssteuer stehen. Schließlich seien die Grundstückspreise im Landkreis hoch, so dass viele Erben verkaufen müssten, weil sie die Steuer nicht bezahlen könnten. Groß und Teich sind sich wieder einig, sie wollen die Steuer abschaffen. Seidenath und Sommerfeld sehen es anders, sie wollen höhere Freibeträge für Erben. Denn wenn man die Steuer abschaffe, könnten Löcher im Haushalt entstehen, so etwa FDP-Kreisrat Sommerfeld: "Dann fahren wir wieder auf Schlaglöchern." Seidenath sagt, die Staatsregierung habe eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, damit der Freistaat die Freibeträge für Erben künftig selbst festlegen kann.

Modlinger eckt beim Publikum an, als er erklärt, die Erbschaftssteuer betreffe kaum jemanden. Dafür erntet er lautes Gejohle, auf das er schelmisch antwortet: "Wenn das hier im Saal anders ist, dann haben Sie es gut erwischt." Wie Böck spricht sich auch Modlinger für die Erbschaftssteuer aus: "Aber der Freibetrag muss so hoch sein, damit Familien nicht aus ihrem Haus ausziehen müssen."

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Landwirt Sedlmair fragt Modlinger, inwiefern die Grünen den Bürgern vorschreiben wollen, ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Ein Fleischverbot etwa in Kantinen geht für Sedlmair gar nicht. Der Grünen-Kandidat antwortet, dass er vorhin einen Burgunderbraten gegessen habe und niemandem vorschreiben wolle, was er essen soll. Doch für ihn sei wichtig, dass bei Fleisch "Klasse statt Masse" produziert werde. FW-Kandidat Groß kritisiert daraufhin, die Viehhaltung werde in der Presse verteufelt. Er befürchtet, dass immer mehr Landwirte aufhören und die Tierhaltung ins Ausland verlagert werde, wo es weniger Tierwohl-Vorschriften gebe.

Die ehemalige Kreisbäuerin Emmi Westermeier aus Weichs will von den Kandidaten wissen, inwiefern sie sich für Schulküchen etwa an Gymnasien und Realschulen einsetzen wollen. Hier sind sich ausnahmsweise alle mal einig: Ernährungslehre müsse einen festen Platz im Lehrplan bekommen. Allerdings ist laut Seidenath nicht der Freistaat dafür verantwortlich, Schulküchen einzurichten, sondern der jeweilige Schulaufwandsträger, meist der Landkreis.

"Man sollte nur in die Höhe bauen, wo es passt."

Schnell abgewiegelt wird die Frage von Austragsbauer Hans Schmid aus Walkertshofen. Er bittet Seidenath, zu schildern, wie er die Redebeiträge der AfD im Landtag erlebt habe. Doch Moderatorin Dagmar Wagner blockt ab, an diesem Abend sollen landwirtschaftliche Themen im Fokus stehen. Seidenath weist lediglich daraufhin, dass die Sitzungen des Landtags als Livestream im Internet übertragen werden.

Zuhörerin Sandra Eichenseer fragt, was die Kandidaten davon halten, dass die neue Karlsfelder Grundschule an der Krenmoosstraße nur einstöckig und damit in die Breite gebaut wurde. Auch hier sind sich die Politiker ziemlich einig: Es müsse mehr in die Höhe gebaut werden. Modlinger plädiert für "Aufstocken statt Abreißen", Groß gibt zu bedenken: "Man sollte nur in die Höhe bauen, wo es passt", zum Beispiel in Markt Indersdorf oder Dachau. Henritzi-Vertretung Teich wirft noch ein, dass er "kein Freund von ungehindertem Bevölkerungswachstum" sei, seine Partei schürt immer wieder Ängste vor Zuwanderung, in ihrem Programm findet sich etwa die fremdenfeindliche Formulierung, dass "der Erhalt des eigenen Staatsvolks vorrangige Aufgabe der Politik und jeder Regierung sei".

Sedlmair hat das letzte Wort und bittet die Kandidaten, das Thema Erbschaftssteuer nach Berlin mitzunehmen. Schon am Freitag sehen sie sich wieder beim "Kandidat*innencheck" des Kreisjugendrings, um 18 Uhr im Ludwig-Thoma-Haus.

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