Für Erika Seidenspinner vom Bund Naturschutz Karlsfeld war es bereits eine Umweltsünde, das Anna-Elisabeth-Heim in der Rothschwaige überhaupt zu bauen: "Wir haben damals schon den Auwald geopfert. Jetzt sollten wir die Umweltsünde nicht weiter ausweiten, sondern stoppen!" Was sie meint: Südlich des Karlsfelder Pflegeheims wird seit rund acht Jahren ein weiteres Grundstück überplant, anfangs gab es Unstimmigkeiten mit dem ehemaligen Eigentümer.
Vor Kurzem diskutierte der Karlsfelder Bauausschuss, inwiefern der Naturschutz bei dem Bauprojekt zu bedenken ist. Denn auf der rund 1,9 Hektar großen Fläche westlich der Münchner Straße und südlich des Weiherweges sollen 17 Wohneinheiten entstehen. Der Bauausschuss stimmte dafür, dass die Planung noch einmal überarbeitet werden muss. Grund dafür ist eine wuchtige Rotbuche, die in die Liste der Naturdenkmäler im Landkreis aufgenommen werden soll.
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Empfohlen hat dies die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises, denn: "Bei der Buche handelt es sich um einen sehr großen Einzelbaum, der aufgrund seiner Einzelstellung eine bis zum Boden reichende Krone ausgebildet hat und daher sehr markant und in seinem Habitus selten ist." Das genaue Alter sei schwer abzuschätzen, da das Baumwachstum stark vom Standort abhängig ist.
Simone Hotzan vom Bauamt Karlsfeld zieht folgende Konsequenz: "Wir müssen den nordwestlichen Baukörper rund um die Rotbuche noch mal verschieben". Der Bereich ist etwa 2000 Quadratmeter groß. Aber Erika Seidenspinner sorgt sich nicht nur um die Rotbuche, sondern auch um die Würm, die in der Nähe des Baugebietes verläuft: "Es wäre wichtig, dass ein breiter Grünstreifen zur Würm erhalten bleibt, sonst saugt sich der Boden total mit Wasser voll". Insgesamt findet sie: "Es ist ein Wahnsinn, in solch eine Aue hineinzubauen." Hotzan wiederum versucht zu beruhigen: "Bei den Gebäuden werden wasserdichte Keller eingebaut und wir integrieren Mulden zur Niederschlagsbeseitigung im Baugebiet."
Allerdings macht Seidenspinner nicht so sehr Sorgen um die Anwohner, als vielmehr darum, dass das Wohnprojekt die örtliche Fauna aus dem Gleichgewicht bringen könnte. "Man zerstört ein Naturerbe. Vögel suchen sich Eiweißnahrung im Auwaldboden." Für den neuen Wohnraum müssen tatsächlich einige Bäume gefällt werden, das gibt auch Hotzan zu: "Aber die haben ihren Lebenszyklus zum Großteil eh schon überschritten." Außerdem würden einige Bäume nachgepflanzt.
Eine Frage bleibt dennoch offen für die Karlsfelder Naturschützerin Seidenspinner: "Wieso müssen Häuser unbedingt in Gebiete, wo noch Natur ist?". Dass dort Wohnraum geschaffen werden soll, ist für sie kein Argument. Sie würde sich andere Standorte fernab der Würm und des Auwaldes wünschen und kritisiert: "An der neuen Grundschule in Karlsfeld haben wir jetzt einen Riesenparkplatz. Stattdessen hätten wir dort auch Wohnungen schaffen können."