Rechtsstreit mit der Stadt Dachau:Unternehmer schimpft über Stadt

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Drohende Zwangsschließung: Das Schuh-Outlet am Wettersteinring in Dachau muss wohl bald wieder zumachen. Der Grund: Im Gewerbegebiet dürfen keine Schuhe verkauft werden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Bauamt will ein Schuh-Outlet schließen lassen und verweist auf die "Dachauer Liste". Diese bestimmt, welche Waren in Gewerbegebieten verkauft werden dürfen. Der Vermieter der Immobilie hält das für einen schlechten Witz

Von Veronika Forche, Dachau

Die Stadt Dachau will ein Schuhgeschäft im Gewerbegebiet am Wettersteinring schließen lassen, der Grund: Die Nutzung des Gebäudes im Gewerbegebiet entspreche nicht mehr dem aktuellen Bebauungsplan, der vor einigen Jahren zwischenzeitlich geändert worden sei, heißt es vonseiten der Stadt. Letztlich geht es in dem Streit darum, was in Dachauer Gewerbegebieten verkauft werden darf. Schuhe gehören nicht dazu.

Die Immobilie am Wettersteinring 9 gehört dem Münchner Unternehmer Christian Schmiedl. Nachdem der AWG-Modemarkt, der sich zuvor darin befand, Pleite ging, suchte Schmiedl einen neuen Mieter. Schließlich überließ er die Gewerbeeinheit dem Betreiber eines Schuh-Outlets. "Für mich war das eigentlich das Gleiche. Ob ich jetzt überwiegend Bekleidung und zusätzlich Schuhe verkaufe oder 75 Prozent Schuhe und den Rest Bekleidung" sagt Schmiedl. Doch jetzt befindet er sich deshalb mit der Stadt in einem Rechtsstreit.

Hintergrund ist das "Einzelhandels- und Zentrenkonzept", das der Stadtrat 2011 beschloss. Dieses legt fest, welche Waren in den Gewerbegebieten außerhalb der Innenstadt nicht verkauft werden dürfen. Dazu zählen Baby- und Kinderartikel, Oberbekleidung, Musikinstrumente, Schulbedarf und eben Schuhe - die Sortimentsbeschränkung der sogenannten "Dachauer Liste" ist lang. Die Idee dahinter: Die Menschen sollen in der Altstadt und in der Münchner Straße flanieren und nicht mit dem Auto in die Gewerbegebiete fahren.

Nachdem das AWG-Modecenter Pleite ging, wollte Schmiedl die Immobilie am Wettersteinring in Dachau anderweitig vermieten. "Zunächst habe ich mir keine Sorgen gemacht, was kann schon passieren? Man findet ja locker einen Nachmieter", sagt Schmiedl. Doch er stellte schnell fest, dass sich die Suche schwieriger als gedacht gestaltet. Die Stadt Dachau lehnte sowohl die Firma "Jawoll" als auch den Händler "Tedi" mit dem Verweis auf die Dachauer Liste ab.

Christian Schmiedl konnte diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Das Unternehmenskonzept von Tedi stelle doch keine Konkurrenz für die Dachauer Läden in der Innenstadt dar, sagt er. "Ich wollte keinen Ärger mit der Stadt Dachau und den Schaden möglichst geringhalten, deshalb habe ich mich weiterhin um andere Interessenten bemüht", sagt der Münchner. Schließlich hatte er einen Mieter gefunden, der seinen Markt als Versammlungsstätte für Feierlichkeiten, überwiegend türkische Hochzeiten, nutzen wollte. Dieser betrieb bereits seit neun Jahren am Standort Frankfurter Ring in München eine Location für Veranstaltungen. Doch auch diese Nutzung lehnte die Stadt Dachau letztlich ab.

"Es ist ein Witz, gerade zu Corona-Zeiten", schimpft der Münchner Unternehmer Christian Schmiedl. (Foto: privat)

Ohne weitere Rücksprache mit der Stadt vermietete Schmiedl sein Objekt an den Betreiber des Schuh-Outlets. Lange habe er nichts gehört,berichtet Schmiedl, bis bei einer Baubegehung feststellt worden sei, dass die Nutzung des Anwesens als Verkaufsfläche für überwiegend Schuhe der ursprünglichen Genehmigung widerspreche. Er wurde aufgefordert, den Betrieb bis zum 14. März 2021 zu beenden und auch in Zukunft vollständig zu unterlassen.

Bauamtsleiter Moritz Reinhold erklärt: "Die Nutzung wurde von Herrn Schmiedl geändert, ohne etwas zu sagen. Faktisch ist das natürlich ein Unterschied, ob es sich um einen Gemischtwarenladen mit Schuhen oder vorwiegend einen Schuhladen handelt." Dachau habe vor Jahren in einem einstimmigen Beschluss den Bebauungsplan im Gewerbegebiet geändert. Es sei nun eine rechtliche Frage, ob das Sortiment unter den Bestandsschutz von damals falle oder nicht. "Das muss noch geprüft werden und bis dahin ist der endgültige Entschluss noch nicht getroffen", so Bauamtsleiter Reinhold. Man habe Schmiedl die ursprünglich bis 14. März gesetzte Frist bis zur Abschließung der Prüfung verlängert.

Schmiedl ist verärgert. "Es ist ein Witz, gerade zu Corona-Zeiten", schimpft er über die Entscheidung der Stadt Dachau. Das Objekt diene seiner Altersvorsorge und "jetzt habe ich eine Million Euro Schulden und zusätzlich einen Mietverlust von 150 000 Euro. Der Mietwert ist auch nicht gerade gestiegen." In München besitze er zwei kleinere Läden, aber außer dem minimalen Ärger mit den Eigentümern, habe er nie Probleme mit dem Amt gehabt. "Ich rate jedem ab, sich eine Immobilie in Dachau zu kaufen", schimpft Schmiedl. Das Dachauer Bauamt habe ihm die Lust auf Investitionen in Dachau verdorben. Er erwarte mittlerweile nichts mehr von der Stadt Dachau.

Wenn nach der endgültigen Prüfung der Bescheid erlassen ist, kann eine rechtsmittelfähige Klage veranlasst werden.

© SZ vom 07.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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