Aktion:Stiller Protest der Landwirte

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Ein Paar pinker Gummistiefel hängt an Dachaus Ortseingang auf der Schleißheimer Straße. (Foto: Toni Heigl)

An mehreren Ortsschildern im Landkreis baumeln Gummistiefel - als Zeichen des Widerstands gegen die geplanten Subventionskürzungen für die Bauern. Am 8. Januar demonstrieren sie in München, andere Gewerke wollen sich anschließen.

Von Lisa Nguyen und Anna Schwarz, Dachau

Wegen der Sparpläne der Bundesregierung gingen Tausende Landwirte in den vergangenen Wochen auf die Barrikaden: Mit ihren Traktoren protestierten sie vor dem Brandenburger Tor und auch vor dem Büro des Dachauer Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi (SPD) in Olching. Denn die Ampel-Regierung wollte Vergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer streichen. Am Donnerstagnachmittag wurde bekannt, dass nun alles doch nicht so hart kommt.

Denn die Ampel-Regierung wollte Vergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer streichen, um Löcher im Haushalt zu stopfen. Die Zeichen stummen Protests dagegen sind auch im Landkreis noch sichtbar: An Dachaus Ortseingang auf der Schleißheimer Straße steht ein Plakat mit der Aufschrift "Bauerntod=Menschennot" und an mehreren Ortsschildern, wie in Dachau, Hirtlbach und an einem Kreuz an der Theodor-Heuss-Straße baumeln je ein Paar Gummistiefel.

Deutschlandweit ist dies ein Zeichen des Protests gegen die geplanten Kürzungen für die Landwirte. Diese Form des Widerstands haben die deutschen Bauern von der französischen Landjugend im Elsass übernommen, sagt Christian Coenen von der Organisation "Land schafft Verbindung".

"Ich brauche meine Gummistiefel daheim, sonst könnte ich nicht mehr in den Stall gehen"

Johann Groß, Landtagsabgeordneter (Freie Wähler) und Landwirt aus Bergkirchen, erklärt dazu, dass wohl vereinzelte Bauern aus dem Landkreis die Schuhpaare an die Ortsschilder hingehängt hätten, wohl "um ihre Gummistiefel symbolisch an den Nagel zu hängen". Groß selbst habe nicht mitgemacht: "Ich brauche meine Gummistiefel ja daheim, sonst könnte ich nicht mehr in den Stall gehen", sagt der Milchbauer scherzhaft. Doch auch er sehe die Sparpläne der Ampel sehr kritisch. "Wir zahlen eh schon genügend Steuern", und verweist auf den Dieselpreis, der auch steuerliche Abgaben beinhaltet. Groß will deswegen nicht von einer Subvention beim Agrardiesel sprechen, sondern von einer "Steuerrückerstattung".

Außerdem argumentiert er: Wenn Landwirte für jeden ihrer Bulldog-Anhänger Kfz-Steuer und Versicherungskosten zahlen müssten, würde das die Betriebskosten steigern, Groß sieht das als Wettbewerbsnachteil, denn: "Wir müssen ja mit den anderen EU-Ländern konkurrieren." Er befürchtet, dass dann mehr Produkte aus dem Ausland importiert werden und warnt: "Wir lassen da nicht locker. Die Politik wird den Zorn der Landwirte schon noch spüren."

Wie hoch die Mehrkosten sind, ist unklar

Dass das Vorhaben der Ampel die Bauern in Not bringt, vermutet auch die Dachauer Kreisbäuerin Heidi Patzelt aus Stetten. Wie hoch die Rechnung für die Landwirtinnen und Landwirte ausfallen würde, könne man aber pauschal nicht sagen. "Das hängt von der Betriebsgröße ab", sagt Patzelt. Sie schätzt, dass die Bauern im Landkreis Dachau pro Jahr zwischen 1000 und 15 000 Euro zusätzlich zahlen müssten. Sie sagt: "Für manche Landwirte wäre das existenzbedrohend."

Heidi Patzelt kann verstehen, warum ihre Berufskollegen beim stillen Protest mitmachen: "Den Landwirten wird immer mehr aufgebürdet." Dazu gehöre etwa auch die Stilllegungsregel von vier Prozent. Diese EU-Auflage sieht vor, dass Landwirte vier Prozent ihrer Ackerfläche brachlegen müssen - für mehr Artenschutz. Viele Bauern sind verärgert über diese Regelung, die im vergangenen Jahr ausgesetzt wurde. Aber eine Streichung der bisherigen Subventionen? Laut Patzelt haben die Sparpläne der Bundesregierung für viele Landwirte "das Fass zum Überlaufen" gebracht.

Am Montag wird in München demonstriert

Am kommenden Montag, 8. Januar, werden Patzelt und Groß zu einer Demonstration mit Kundgebung auf den Münchner Odeonsplatz fahren. Dort werden aber nicht nur Bauern protestieren, inzwischen wollen sich dem Protest auch Spediteure und andere Gewerke anschließen. In einem Aufruf forderte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung unter anderem Entlastungen bei der Maut, beim Diesel-Kraftstoff und mehr Geld für Straßen, Brücken und Parkplätze. Im Landkreis Dachau hat Ulrich Dachs, Kreishandwerksmeister und Obermeister der Schreinerinnung Dachau, dazu aufgerufen, bei der Demo mitzumachen. Denn auch er sei von der Politik enttäuscht, sei aber politisch neutral: "Ich wettere nicht nur gegen die Ampel."

Auch an einem Kreuz auf der Theodor-Heuss-Straße baumeln Kinder-Gummistiefel. (Foto: Toni Heigl)
Dieses Protestschild steht unter dem Dachauer Ortsschild auf der Schleißheimer Straße. (Foto: Toni Heigl)

Einige Tage vor der Demo hat Dachs verschiedene Gewerke zu einer Versammlung ins Gasthaus Drei Rosen in Dachau eingeladen, unter anderem die Dachauer Maler und Lackierer-, Bäcker- und Metzger- Innung sowie den Hotel- und Gaststättenverband. Gemeinsam haben sie besprochen, welche Nöte sie derzeit haben und inwiefern sie sich an dem Protest in München beteiligen wollen. Schreinermeister Dachs bedauert unter anderem die schlechte Lage der Baubranche in Deutschland. Er fordert, dass die Politik Anreize setzt, damit wieder mehr gebaut wird. Unter anderem müssten dafür bürokratische Hürden abgebaut und die Zinspolitik geändert werden, sagt Dachs, denn: "An der Baubranche hängen viele Arbeitsplätze dran."

"Wir zeigen uns solidarisch mit den Bauern"

Auch Metzgermeister Werner Braun aus Sulzemoos wird zur Demonstration nach München fahren: "Wir zeigen uns solidarisch mit den Bauern. Sie sind unsere Rohstofflieferanten", sagt der Obermeister der Metzgerinnung Dachau-Freising. Als stellvertretender Landesinnungsmeister des Fleischerverbandes Bayern wird er bei der Kundgebung auch eine rund zehnminütige Rede halten.

Wenn die Subventionen für die Landwirte wegfallen, befürchtet Braun, dass die Mehrkosten wohl wieder den Verbraucher treffen und die Lebensmittelpreise weiter steigen werden. Denn wenn etwa die Weizenernte den Landwirt mehr kostet, werde auch die Semmel teurer. Braun befürchtet: "Viele Bauern werden wegen des Kostendrucks aufhören müssen."

Bei dem Dachauer SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi fanden die Bauern durchaus Gehör. Als sie Mitte Dezember vor seinem Abgeordnetenbüro demonstrierten, ließ Schrodi bereits durchblicken, dass er sich nicht unbedingt für den Wegfall beider Vergünstigungen einsetzen wird. Am Donnerstagnachmittag wurde dann bekannt, dass die Ampelkoalition die geplanten Kürzungen von Subventionen für Landwirte teilweise zurücknehmen will: Demnach soll es keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft geben, wie die Bundesregierung mitteilte. Außerdem wird die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel nicht in einem Schritt, sondern nach und nach innerhalb der kommenden drei Jahre umgesetzt.

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